Rente, Abtreibung, Frauen – das AfD-Wahlprogramm in der Kurzfassung

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Die AfD bei der Bundestagswahl mitreden – mit Weidel als Kanzlerkandidatin. Wofür steht sie? Hier das Wahlprogramm in der Kurzfassung. Ein Überblick.

Berlin – Die AfD rüstet für die Bundestagswahl 2025: Als eine der ersten Parteien hat die Alternative für Deutschland einen Entwurf für das Wahlprogramm vorgelegt. Sie tritt für eine Zukunft außerhalb der Europäischen Union (EU) ein, will Abtreibungen nur in Ausnahmefällen erlauben und sieht die Rolle der Frauen eher als Hausfrau und Mutter. Paradoxerweise soll diese Politik eine Frau vertreten: Alice Weidel. Die Co-Chefin der Partei tritt als erste Kanzlerkandidatin in der Geschichte der AfD an.

AfD verabschiedet Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025 – ein Überblick in der Kurzfassung

Für Alice Weidel ist es der bisherige Höhepunkt ihrer politischen Karriere. Die Frontfrau ist damit die unangefochtene Nummer eins in einer notorisch unruhigen Partei, die ihren Vorsitzenden oft das Leben schwer gemacht hat. Die AfD-Politikerin polarisiert: Eisige Schärfe in Wortwahl und Auftreten prägen Weidels Bild in der Öffentlichkeit.

Dennoch halten einige Expertinnen sie auch für eine „Opportunistin“. Wofür stehen Weidel und die AfD also? Was steht schwarz auf weiß in dem Wahlprogramm, die in Teilen als rechtsextrem eingestuft wird und gegen die eine fraktionsübergreifende Abgeordneten-Gruppe ein Verbot anstrengen will? Hier eine Kurzfassung als Überblick.

Wahlprogramm der AfD: Das veröffentlichte PDF in der Zusammenfassung

Die 45-jährige Weidel soll am Samstag (7. Dezember) jedenfalls von der Parteispitze zur Kanzlerkandidatin nominiert werden. Geplant ist dann noch eine Bestätigung auf einem Parteitag am 11. und 12. im Januar in Riesa. Dort soll dann auch der Entwurf zum Wahlprogramm abgesegnet werden. „Wir sind zweitstärkste Kraft derzeit bundesweit und daraus leitet sich auch der Regierungsanspruch ab“, sagte Weidel laut der Nachrichtenagentur dpa. Den Leitantrag hat die Partei als pdf zum Download auf ihrer Homepage veröffentlicht. Er umfasst insgesamt 85 Seiten und stellt in den Kernthemen Wirtschaft, Rente, Euro-Ausstieg, Bildung, Gesundheit oder Sicherheit viele Forderungen auf.

Wofür steht die AfD? Alice Weidel vertritt als Kanzlerkandidatin das Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025. © Klaus-Dietmar Gabbert/Anna Ross/dpa/Montage

Das Wahlprogramm der AfD für die Bundestagswahl 2025 skizziert ein Gesellschaftsbild, das auf nationaler Souveränität, wirtschaftlicher Stärke und der Bewahrung traditioneller Werte basiert. Die AfD positioniert sich als Alternative zu den etablierten Parteien und kritisiert deren Politik in den Bereichen Wirtschaft, Migration, Sozialsystem, Sicherheit und Kultur. Hier die wichtigsten Punkte kurz in einer Zusammenfassung einfach erklärt.

Ziele einfach erklärt: Das steht im Wahlprogramm der AfD – die Kurzfassung der zentralen Punkte

  • Wirtschaft und Infrastruktur: Die AfD strebt die Wiederherstellung Deutschlands als attraktiver Wirtschaftsstandort an und setzt auf die Stärkung des freien Unternehmertums. Sie sieht die deutsche Automobilindustrie als strategisch wichtig an und will den Verbrennungsmotor erhalten.
  • Rente, Soziales und Gesundheit: Die AfD plant eine Reform des Rentensystems, um Altersarmut zu bekämpfen. Sie will mehr Beitragszahler integrieren, das Renteneintrittsalter flexibilisieren und nicht beitragsgedeckte Leistungen aus dem Bundeshaushalt finanzieren.
  • Asyl- & Migrationspolitik: Die AfD will die Zuwanderung streng begrenzen und das „Asylparadies Deutschland“ schließen.
  • Familie und Demografie: Die AfD will die traditionelle Familie stärken und die Geburtenrate erhöhen.
  • Finanzen und Steuern: Die AfD plant eine Konsolidierung des Bundeshaushalts und eine Vereinfachung des Steuerrechts.
  • Innere Sicherheit: Die AfD will Kriminalität und Extremismus bekämpfen und die Polizei stärken.
  • Bildung, Wissenschaft & Technologieoffenheit: Die AfD setzt auf ein leistungsorientiertes Bildungssystem und will Technologieoffenheit in Forschung und Entwicklung fördern.
  • Landwirtschaft, Umwelt & Klima: Die AfD will die deutsche Landwirtschaft stärken und lehnt die „ideologisch getriebene“ Klimapolitik ab.
  • Kultur & Medienpolitik: Die AfD will die deutsche Leitkultur stärken, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reformieren und die GEZ-Gebühr abschaffen.
  • Demokratie & Rechtsstaat: Die AfD fordert mehr direkte Demokratie durch Volksabstimmungen, eine Reform des Parlamentsrechts und eine Entpolitisierung der Justiz.

    Anmerkung: Das Wahlprogramm der AfD ist detaillierter und enthält zahlreiche weitere Punkte zu den oben genannten Themenbereichen. Die Zusammenfassung bietet einen kurzen Überblick über die zentralen Positionen der AfD. Für ein tiefergehendes Verständnis ist es empfehlenswert, das vollständige Wahlprogramm zu lesen.

Umfrage zur Bundestagswahl 2025: Kann Kanzlerkandidatin Weidel mit Wahlprogramm punkten?

Für die politischen Mitbewerber hat Kanzlerkandidatin Alice Weidel jedenfalls eine Kampfansage parat. „Wir wollen mitreden, was in diesem Land passiert, und die Kanzlerkandidatur repräsentiert eben diesen Regierungsanspruch, den wir haben“, unterstrich Weidel kürzlich ihren Machtanspruch bei der Präsentation des Wahlprogramms für die Neuwahl im kommenden Jahr. Doch ob die AfD wirklich mitreden kann, bleibt abzuwarten.

Die AfD liegt in den bundesweiten Umfragen zur Bundestagswahl 2025 aktuell zwischen 18 und 19 Prozent. Die Union würde – Stand jetzt – mit 32 bis 33 Prozent stärkste Kraft werden. Die AfD belegt derzeit den zweiten Platz, jedoch holen SPD und Grüne auf. FDP, Linke und BSW kämpfen mit der Fünf-Prozent-Hürde.

Diskussion zum AfD-Verbot: Beobachter halten Wahlprogramm für paradox – die Kritik

Da im Bundestag die anderen Parteien keine Koalition mit den Rechtspopulisten will, ist erst recht keine Mehrheiten für eine AfD-Kanzlerin oder einen AfD-Kanzler in Sicht sind. Im Gegenteil, einige Landesverbände werden vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und es gibt einen neuen Anlauf für ein AfD-Verbot. Vor diesem Hintergrund hat die Kandidatur Weidels vor allem symbolischen Charakter.

Kritiker halten das Wahlprogramm der AfD auch eher für eine Mogelpackung. Bereits vor der Europawahl kritisierte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratscher, die Inhalte der Weidel-Partei als paradox. Wie die Tagesschau berichtet, legte er dar, wie die AfD eine neoliberale, antieuropäische und protektionistische Politik vertritt, die den Staat schwächen und der deutschen Wirtschaft schaden würde. Leidtragende einer solchen Wirtschaftspolitik wären vor allem Menschen mit geringem Einkommen, die weniger gut ausgebildet sind und in eher strukturschwachen Gegenden leben. Das Paradoxe: Zur Anhängerschaft der AfD gehörten überproportional viele Menschen, auf die das zutreffen würde. 

Bürgergeld, Frauen, Abtreibung oder Rente – dies sind einige Streitpunkte im AfD-Wahlprogramm

So könnten etwa Bürgergeld-Empänger zu gemeinnütziger Arbeit verdonnert werden. Das zeigt auch ein Blick in das aktuelle Wahlprogramm. Deswegen noch einmal ein gesonderter Blick auf einige besondere Diskussionspunkte wie Bürgergeld, Rente, Frauen oder Abtreibung.

  • Bürgergeld: Die AfD kritisiert das derzeitige Bürgergeld-System als ineffektiv und zu attraktiv für Einwanderung. Sie plant, es durch eine „Aktivierende Grundsicherung“ zu ersetzen, mit Fokus auf schneller Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Zu den Maßnahmen gehören unter anderem gemeinnützige Arbeit für Langzeitarbeitslose, die Beschränkung des Bürgergeldbezugs für Ausländer und die stärkere Kontrolle des Aufenthaltsstatus.
    Frauen: Die AfD betont die Rolle der Frau als Mutter und Hausfrau innerhalb der traditionellen Familie. Sie lehnt die Gender-Ideologie und das „Selbstbestimmungsgesetz“ ab, da sie die biologischen Geschlechter als unveränderlich betrachtet. Die AfD tritt gegen die Unterdrückung muslimischer Frauen ein und fordert Gleichberechtigung. Gleichzeitig lehnt sie Quotenregelungen ab und will die Gleichstellungsbeauftragten abschaffen.
    Rente: Die AfD will die gesetzliche Rentenversicherung reformieren, um Altersarmut zu bekämpfen und ein höheres Rentenniveau zu erreichen. Dazu plant sie, Verbeamtungen einzuschränken, Politiker in die Rentenversicherung einzubeziehen und ein flexibles Renteneintrittsalter zu ermöglichen. Die AfD will außerdem die Finanzierung aller nicht beitragsgedeckten Leistungen aus dem Bundeshaushalt übernehmen.
    Abtreibung: Die AfD will Abtreibungen einschränken. Sie lehnt die Förderung von Organisationen und Maßnahmen ab, die Abtreibungen forcieren oder verharmlosen. Sie lehnt Bestrebungen ab, Abtreibung zu einem Menschenrecht zu erklären.

Widersprüche mit Wahlprogramm: Weidel lebt mit Freundin in der Schweiz – und hetzt gegen Zuwanderer

Kanzlerkandidatin Alice Weidel vertritt diese Positionen aus dem Wahlprogramm unverdrossen – trotz einiger persönlicher Widersprüche, wie Kritiker immer wieder bemerken. Privat lebt Weidel mit ihrer Freundin eine lesbische Beziehung in der Schweiz. Im Wahlkampf in Deutschland polemisiert sie gegen nicht traditionelle Familienmodelle.

„Wie viel Selbstverleugnung muss Alice Weidel wohl jeden Tag aufbringen, um Vorsitzende dieser AfD zu sein?“, fragte der Grünen-Abgeordnete Sven Lehmann im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Als Grund für ihren Eintritt in die neu gegründete AfD 2013 habe die promovierte Volkswirtin Weidel ihre Gegnerschaft zur Euro-Rettungspolitik der damaligen Bundesregierung genannt. Als Mitarbeiterin eines Vermögensverwalters und einer Investmentbank habe sie jedoch Karriere gemacht und habe jahrelang in China gelebt. Inzwischen ist Weidels zentrales Thema aber der angebliche Zerfall der inneren Sicherheit als Folge der Zuwanderung. In ihren Reden im Bundestag polemisiert Weidel regelmäßig gegen Zugewanderte. Mit kalter Verachtung spricht sie von „Messermännern“ und „Kopftuchmädchen“.

Wofür steht Alice Weidel also, wie radikal ist sie mit ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025 tatsächlich? „Sie befördert zumindest den Rechtsradikalismus in Deutschland“, sagte der Kasseler Politikprofessor und AfD-Kenner Wolfgang Schroeder der Nachrichtenagentur AFP. Weidel habe in der AfD aufsteigen können, weil sie politisch so flexibel sei: „Sie pendelt zwischen einem konservativen Rechts- und einem Rechtsradikalkurs.“

Expertin hält AfD-Parteichefin Weidel für eine Opportunistin

Der Aufstieg sei schon verwunderlich, befindet auch Politikwissenschaftlerin Anna-Sophie Heinze von der Universität Trier. „Sie hat als westdeutsche Frau, auch als homosexuelle Frau, einige Probleme, das mit der Ideologie ihrer Partei in Verbindung zu bringen.“ Im Kern sei Weidel „eine Opportunistin“, urteilt Heinze. „Sie versucht, von dem Thema Homosexualität wegzulenken. Wenn sie darauf angesprochen wird, versucht sie, es sehr stark in Richtung Anti-Gender und pro christlich-konservative Werte zu drehen.“

Termin zur Bundestagswahl: Am 23. Februar steht AfD-Wahlprogramm zur Abstimmung

Doch ob sie damit durchkommt, bleibt abzuwarten. Am Ende entscheiden die Wählerinnen und Wähler, ob sie der AfD und Weidel und dem Wahlprogramm vertrauen. Am 23. Februar 2025 findet die vorgezogene Bundestagswahl statt. Dann werden die endgültigen Urteile zu den Wahlprogrammen von AfD, CDU, SPD, Grüne, BSW, Linke und FDP gefällt. (jkf)

Auch interessant

Kommentare