Paukenschlag wegen Putin: Österreich denkt über Nato-Beitritt nach – hitzige Debatte

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Die österreichische Außenministerin schließt einen Nato-Beitritt des deutschen Nachbarlandes nicht mehr aus. Als Grund nennt sie Wladimir Putins Aggression in Europa.

Wien – Das Prinzip ist tief verankert im politischen Bewusstsein der Alpenrepublik. Am 26. Oktober 1955 hatte der Nationalrat in Wien die „immerwährende Neutralität“ Österreichs als Verfassungsgesetz beschlossen.

Wegen Russlands Wladimir Putin: Österreich diskutiert über militärische Neutralität

Die vier Besatzungsmächte, die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion, hatten ihre Truppen gerade zwischen der Donaumetropole im Osten des Landes, Graz im Süden, Salzburg und Innsbruck in Tirol abgezogen. Nachdem ihre Armeen zum Ende des Zweiten Weltkrieges eingerückt waren, um den Nationalsozialismus auch hier zu beenden.

Österreich werde sich nie wieder einem Militärbündnis anschließen, versicherten die politischen Vertreter dann 1955. Den internationalen Partnern. Und ihren eigenen Landsleuten. Doch: Vor dem Hintergrund von Ukraine-Krieg und Drohungen aus Moskau unter Kreml-Chef Wladimir Putin gegen Europa steht diese sicherheitspolitische und militärische Neutralität jetzt zur Debatte. Befeuert durch Aussagen der Außenministerin.

Soll die österreichische Fahne auch über Nato-Fahrzeugen wehen? In Deutschlands Nachbarland ist die Debatte darüber neu aufgekommen - wegen Moskau-Autokrat Wladimir Putin. © Montage IPPEN.MEDIA / IMAGO / ZUMA Press / bodenseebilder.de

Nato-Beitritt Österreichs? Außenministerin verweist auf Russlands Aggression unter Putin

Beate Meinl-Reisinger (Neos) erklärte in einem am 27. Juli erschienenen Interview mit der Welt am Sonntag: „Klar ist: Neutralität allein schützt uns nicht. Was Österreich vor dem Hintergrund einer zunehmend unsicheren sicherheitspolitischen Lage in der Welt und eines zunehmend aggressiven Russland schützt, sind Investitionen in unsere eigene Verteidigungsfähigkeit, aber auch in Partnerschaften.“ Sie sei „grundsätzlich sehr offen dafür, eine öffentliche Debatte über die sicherheits- und verteidigungspolitische Zukunft Österreichs zu führen“, meinte die Ressortleiterin weiter: „Für einen Beitritt zur Nato gibt es derzeit zwar keine Mehrheiten im Parlament und in der Bevölkerung, aber eine solche Debatte kann trotzdem sehr fruchtbar sein.“

Es sei nicht so, „dass ich mit fliegenden Fahnen in die Nato wollte. Aber wir können uns auch nicht zurücklehnen und sagen: Wenn wir niemandem etwas tun, tut uns auch niemand etwas. Das wäre naiv. Die Welt hat sich verändert“, sagte Meinl-Reisinger: „Aber ich möchte ausdrücklich sagen: Wir haben mit der EU bereits einen Partner, der uns im Ernstfall schützt.“ Der EU-Bündnisfall ist im sogenannten Vertrag von Lissabon unter Artikel 42, Absatz 7 geregelt. In der recht allgemein verfassten Klausel steht: „Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung, im Einklang mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen.“

Verfassungsgesetz 1955: Wesentliche Punkte Österreichs Neutralität betreffend

  • Österreich hat die immerwährende Neutralität freiwillig erklärt und wird sie aufrechterhalten.
  • Österreich wird keinen militärischen Bündnissen beitreten.
  • Österreich wird nicht zulassen, dass fremde Staaten militärische Stützpunkte auf seinem Gebiet errichten.

Quelle: Website Parlament Österreich, Stand: 29. Juli 2025, 17 Uhr

Wladimir Putins Regime droht Europa: Debatte in Österreich über Neutralität

Artikel 5 aus dem Nordatlantikvertrag der Verteidigungsallianz Nato geht indes über die Regeln der Europäischen Union (EU) weit hinaus und besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Mitgliedstaaten als ein Angriff gegen alle Bündnispartner betrachtet wird und gemeinsam militärisch darauf reagiert wird. Beobachter befürchten insbesondere einen möglichen russischen Überfall auf das Baltikum, aber auch der deutsche Nachbar Polen rückt als mögliches Angriffsziel Putins immer wieder in den Fokus. Bereits im Mai 2022 hatte es vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine eine breite Debatte über einen möglichen Nato-Beitritt in Österreich gegeben.

Der damalige Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) betonte jedoch die österreichische Neutralität und lehnte Beitrittsverhandlungen, wie im Falle von Schweden und Finnland später umgesetzt, ab. Wegen der weltpolitischen Lage rüstet Österreich seine Armee aktuell auf, unter anderem mit Flugabwehr vom Bodensee. Während Putins Außenminister Sergei Lawrow den Europäern unverhohlen droht, lehnt ein ehemaliger österreichischer Bundespräsident eine Abkehr von der Neutralität indes entschieden ab. Heinz Fischer (SPÖ) erklärte im Mai der Nachrichtenagentur APA: „Ich würde das für einen riesigen Fehler halten.“ Der Status als neutrales Land sei „vielleicht mehr Schutz als 5000 amerikanische Soldaten auf österreichischem Boden“. (pm)

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