Wird Ihr ETF zur Gefahr? Worüber Sie jetzt nachdenken sollten
Weltweite Aktien-ETFs haben 2024 stark an Wert gewonnen. Das dürfte den Aktien-Anteil an Ihrem Vermögen deutlich erhöht haben. Ist Ihr Risiko deshalb jetzt zu groß? Wir zeigen Ihnen, ob und wie Sie reagieren sollten.
Das Börsenjahr 2024 gehörte zu den besten überhaupt. Und das haben Sie ziemlich sicher in Ihrem Depot gespürt: Angetrieben vom KI-Boom sind weltweite Aktien-ETFs wie z. B. auf den MSCI World oder FTSE All-World deutlich gestiegen. Der MSCI World hat 2024 mit rund 30 Prozent im Plus beendet.
Ihre Anteile haben 2024 also stark an Wert gewonnen. Vielleicht sogar zu stark? Das mag seltsam klingen, immerhin ist mehr erstmal nur besser. Neben den Kursgewinnen spielt der starke Anstieg aber auch bei einem anderen wichtigen Punkt eine große Rolle: Ihrer Aktienquote, also dem Anteil von Aktien an Ihrem gesamten Vermögen. Und dazu gehören auch Aktien-ETFs.
Ist Ihre Aktienquote zu hoch geworden?
Wie Sie Ihr gesamtes Vermögen auf riskantere, aber renditestarke Anlagen wie Aktien-ETFs einerseits und sichere Geldanlagen wie Tagesgeld und Festgeld andererseits aufteilen, sollte immer zu Ihrer Lebenssituation und aktuellen Risikobereitschaft passen.
Beides kann sich aber ändern, z. B. weil Sie in einen sicheren Job gewechselt sind. Oder aber bei Ihnen ändert sich nichts, sondern Ihre Aktien-Anlage gewinnt eben einfach so viel stärker an Wert, dass anteilig plötzlich mehr von Ihrem Geld an der Börse investiert ist, als Ihnen lieb ist oder Sie sich eigentlich vorgenommen hatten.
Ein einfaches Beispiel:
- Sie hatten vor einem Jahr ca. 30.000 Euro in einem Aktien-ETF und ca. 10.000 Euro auf einem Tagesgeldkonto
- Das entspricht einem Verhältnis von 3:1, also einer Aktienquote von ca. 75 Prozent
- Jetzt ist Ihr ETF dank des starken Börsenjahres um grob ein Drittel auf ca. 40.000 Euro gestiegen
- Beim Tagesgeld haben Sie 2024 zwar auch ein paar Zinsen kassiert, weit über 10.000 Euro liegen Sie damit aber nicht
- So ist Ihre Aktienquote auf rund 80 Prozent gestiegen (4:1)
- Hatten Sie dann auch noch einen ordentlichen ETF-Sparplan, verschiebt sich Ihr Vermögen noch stärker in Richtung Aktien. Dann sind Sie vielleicht sogar schon bei 90 Prozent.
Wann Sie über Rebalancing nachdenken sollten
Hat sich die Aktienquote bei Ihnen ungefähr in einem Ausmaß wie im Beispiel verschoben (also um mindestens 5 Prozentpunkte), sollten Sie darüber nachdenken, das mit einem sogenannten Rebalancing zu korrigieren. Das bedeutet, dass Sie die ursprüngliche Risikoverteilung in Ihrem Vermögen wiederherstellen.
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Wichtig: Dieses Ziel sollte der einzige Grund für Ihr Rebalancing sein. Nur um einfach Gewinne Ihrer Investments mitzunehmen, sollten Sie es nicht tun. Denn für den langfristigen Zinseszinseffekt sollten Sie die Gewinne Ihres ETFs eher laufen lassen. Und keiner weiß mit Sicherheit, ob wieder günstigere Kurse kommen, um die abverkauften Gewinne zu reinvestieren.
Das Rebalancing können Sie z. B. im Rahmen Ihres Jahreschecks angehen, den Sie vielleicht jetzt zu Beginn des Jahres bei Ihren Finanzen machen.
Wann Sie nicht rebalancen brauchen
Hat sich der Aktienanteil an Ihrem Vermögen nur sehr geringfügig um ein oder zwei Prozentpunkte verändert, brauchen Sie nichts zu tun. Das könnte schon die nächste Kursschwankung wieder ausgleichen. Sie können es also einfach halten und müssen Ihre Wunschquote nicht exakt erfüllen.
So gehen Sie beim Rebalancing vor
Nicht jeder muss also rebalancen. Es kann völlig okay sein, wenn Ihre Aktienquote gestiegen ist. So prüfen Sie, ob sie bei Ihnen aus dem Ruder gelaufen ist:
Schritt 1: Geldbedarf prüfen
Wichtig ist, dass Ihre Aktienquote zu Ihrem Geldbedarf und Ihren Zielen in den nächsten Jahren passt und Sie sich das höhere Risiko leisten können. Planen Sie einen größeren Umzug, ein neues Auto oder sogar ein Eigenheim, ist das aber eher bis gar nicht der Fall. Dann sollten Sie stärker auf sichere Optionen wie Tagesgeld, Festgeld oder Geldmarkt-ETFs setzen. Die besten sicheren Angebote finden Sie in unseren verlinkten Vergleichen.
Haben Sie solche Pläne nicht und noch Jahrzehnte bis zur Rente, spricht aus Sicht Ihres Geldbedarfs aber nichts gegen eine gestiegene Aktienquote. Im Gegenteil: Sie könnten über die Kursentwicklung hinaus vielleicht sogar noch stärker investieren.
Schritt 2: Risikobereitschaft einschätzen
Bei der Entscheidung für oder gegen Rebalancing sollten Sie aber noch einen subjektiveren Punkt prüfen: Ihre Risikobereitschaft. Wie viel Verlust im Depot halten Sie aus? Stellen Sie sich z. B. vor, Donald Trump führt nach seinem Amtsantritt tatsächlich hohe Strafzölle ein, ein weltweiter Handelskrieg bricht aus, die Weltwirtschaft geht in die Knie und plötzlich stehen da 50 Prozent Minus in Ihrem Depot. Das muss natürlich nicht passieren, kann es aber – auch aus ganz anderen Gründen.
Was würden Sie tun, wenn da plötzlich 10.000, 20.000 oder sogar 100.000 Euro Verlust in roten Zahlen in Ihrem Depot stehen? Stellen Sie sich das ganz bewusst vor. Lautet die Antwort „nichts“, ist alles gut. Dann haben Sie eine Aktienquote, die Sie emotional aushalten können.
Sind Sie aber sicher, nicht mehr ruhig schlafen zu können, sogar ins fallende Messer zu greifen und Anteile zu verkaufen, sollten Sie Ihre Aktienquote runterfahren. Natürlich nicht ganz, aber immer so, dass Sie sich wohlfühlen.
Schritt 3: Sind Sie unterinvestiert?
Rebalancing funktioniert natürlich auch in die andere Richtung – also wenn Ihre Aktienquote zu gering ist, Ihre Lebensumstände mehr zulassen (Schritt 1) oder Sie sich mittlerweile mehr zutrauen (Schritt 2), weil etwa Ihr Notgroschen nicht noch größer werden muss. Haben Sie z. B. erstmal nur testweise mit einem kleinen ETF-Sparplan angefangen und noch jede Menge Geld auf dem Konto, dann investieren Sie es doch auf einen Schlag und stocken am besten auch den Sparplan auf.
Lassen Sie sich dabei nicht davon abhalten, dass die Kurse gerade in der Nähe von Allzeithochs stehen. Der jüngste Boom kann auch erst der Anfang einer noch viel größeren Rallye sein. Und langfristig kennen die Kurse bei Welt-ETFs sowieso nur eine Richtung: nach oben. Deshalb ist der richtige Zeitpunkt zum Investieren immer jetzt. Mehr dazu lesen Sie in unserem Geldanlage-Ratgeber.
Sie sind noch gar nicht an der Börse? Dann wird’s Zeit. Am besten Sie eröffnen direkt ein Depot. Für das beste Preis-Leistungs-Verhältnis empfehlen wir Ihnen die ING. Die günstigsten Konditionen gibt es bei Traders Place und den besten Leistungsumfang bietet die Comdirect. Alle Details gibt es in unserem Finanztip Depot-Vergleich.
Schritt 4: Das Rebalancing
Grundsätzlich haben Sie zwei Optionen: Entweder Sie kaufen oder verkaufen ETF-Anteile. Oder Sie erhöhen, verringern bzw. pausieren Ihren ETF-Sparplan und erhöhen bzw. verringern entsprechend den Dauerauftrag aufs Tagesgeldkonto, bis Sie wieder bei Ihrer Wunschquote sind.
Als dritte Option geht natürlich auch die Kombination: Sie verkaufen, bis Sie Ihre 1.000 Euro Sparerfreibetrag voll haben, für den Rest passen Sie den Sparplan an.
Wichtig: Dauert Ihnen das Rebalancing per Sparplan zu lang, weil Ihnen das Risiko viel zu groß geworden ist (Schritt 2), sollten Sie es mit einem größeren Einzelverkauf erledigen – auch wenn dann Steuer anfällt, was zulasten des Zinseszinseffekts geht. Dass Ihr Risiko für Sie passt, ist immer wichtiger.
Schritt 5: Rebalancing auch innerhalb des Depots
Sie haben mehrere Aktien-ETFs, weil Ihnen z. B. der MSCI World allein zu US-lastig erscheint? Und diese ETFs haben sich 2024 stark unterschiedlich entwickelt? Dann sollten Sie auch über Rebalancing innerhalb des Depots nachdenken.
Wollten Sie z. B. mal zu 70 Prozent in Industrie- und zu 30 Prozent in Schwellenländer investieren, dürfte sich dieses Verhältnis verschoben haben. Denn Industrieländer liefen 2024 besser. Hat sich Ihr Plan nicht geändert, sollten Sie also auch hier z. B. Ihren Sparplan auf den Schwellenland-ETF erhöhen, bis Ihr Wunsch-Verhältnis wiederhergestellt ist.
Sie suchen noch einen ETF? Wir empfehlen 26 weltweit ausgerichtete Aktien-ETFs, darunter folgende: iShares (ISIN: IE00B4L5Y983), Invesco (IE00B60SX394), Xtrackers (IE00BJ0KDQ92) und Vanguard (IE00BK5BQV03). Am einfachsten finden Sie den passenden ETF mit unserem ETF-Vergleich.
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Dieser Artikel liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit Finanztip, Deutschlands führendem Geldratgeber, vor – das Original zu diesem Beitrag „Wird Dein ETF zur Gefahr? Worüber Du jetzt nachdenken solltest“ stammt aus dem wöchentlichen Finanztip Newsletter vom 10. Januar 2025.
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