Microsoft-Aktie unter Druck - Globales Tech-Chaos schreckt Börsen auf – was Anleger jetzt wissen müssen

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FOCUS online/Wochit „Bluescreen des Todes“ legt weltweit Büros, Flughäfen, Banken, Supermärkte lahm

Krankenhäuser verschieben Operationen, Airlines lassen ihre Flieger lieber am Boden: Eine IT-Panne hat am Freitag weltweit Chaos verursacht. An der Börse quittierten die Anleger das mit einem Abverkauf mancher Aktien. Für Anleger sei das eine Gelegenheit, Investments in Microsoft kritisch zu beäugen, sagt ein Börsenexperte gegenüber FOCUS online.

An diesem Freitag ging es für so manche Airline gefühlt zurück in die Steinzeit: Wie die Finanznachrichtenagentur Bloomberg berichtet, griffen manche Fluglinien aufgrund einer weltweiten IT-Panne auf manuelle Check-Ins zurück und stellen sogar handgeschriebene Boarding-Pässe aus, damit die Passagiere es in die Maschinen schaffen.

Schuld ist der Ausfall diverser IT-Systeme in der Nacht zum Freitag. Zunächst meldete der Software-Gigant Microsoft Probleme mit seinen Cloud-Systemen Azure – in den vergangenen Jahren einer der Wachstumstreiber des Konzerns. Allein im ersten Quartal dieses Jahres sprang der Umsatz dort um 23 Prozent zum Vorjahresquartal.

Microsoft Corp. Registered Shares DL-,00000625
397,45 EUR
-6,40 (-1,58%)
Tradegate
  • 1 Tag
  • 6 Monate
 

Am frühen Freitag dann verkündete der Konzern, die Probleme seien behoben. Einzelne Nutzer in den zentralen USA könnten noch beeinträchtigt sein.

Allerdings folgten kurz darauf Probleme beim Cybersicherheits-Unternehmen Crowdstrike. Offenbar liegt der Fehler bei einem am Freitag ausgerollten Update des Crowdstrike-Programms Falcon – und erneut litten darunter vor allem Computer mit Microsoft-Betriebssystemen.

Sicherheitsprogramm verursacht unabsichtlich Schleife aus Neustarts

„Wir sind auf ein Problem aufmerksam geworden, welches virtuelle Maschinen mit Windows-Betriebssystemen betrifft“, verkündete Microsoft am Freitagmorgen. Dabei stoße das Falcon-Programm auf einen sogenannten „Bug Check“, wodurch der Computer in eine Schleife aus Neustarts geraten kann, erklärte der Konzern.

Was nach einem kleinen technischen Problem klingt, löste weltweit Chaos aus. Nicht nur Airlines sind betroffen. In Großbritannien und Australien war große Sender wie Sky nicht in der Lage, ihr Programm zu senden. Während einige Börsen wie die Euronext von dem Ausfall eigenen Aussagen zufolge nicht betroffen sind, funktioniert bei der Londoner LSE das System zur Ausspielung von Unternehmensnachrichten nicht.

Crowdstrike-Aktie verliert ein Fünftel ihres Werts

Die Börsianer quittierten die Panne mit einem massiven Abverkauf von Crowdstrike-Aktien. Zuletzt fielen die Papiere des US-Unternehmens auf der Handelsplattform Tradegate um fast 20 Prozent. Microsofts Aktien wiederum verloren zuletzt 2,75 Prozent und rangierten so nahe dem Tagestief. Der deutsche Leitindex Dax notierte indes mit minus 0,74 Prozent gegen Freitagmittag nur moderat im Verlustbereich.

Crowdstrike Holdings Inc Registered Shs Cl.A DL-,0005
268,30 EUR
-46,45 (-14,76%)
Tradegate
  • 1 Tag
  • 6 Monate
 

Allerdings sind Schwankungen in der Größenordnung wie bei Microsoft durchaus üblich, auch bei größeren Tech-Aktien. Regelmäßig fallen oder steigen auch derart liquide Titel um hohe einstellige Prozentbeträge – beispielsweise bei der Verkündung von Quartalszahlen.

Dennoch sollten Anleger den weiteren Kursverlauf beobachten und vor allem langfristige Investments in Microsoft, aber auch Tech-Titel generell, unter die Lupe nehmen.

„Öl ins Feuer der Tech-Kritiker“

„Dieser Ausfall kommt zu einer ohnehin nervösen Marktstimmung hinzu. Die Börsen hinterfragen mittlerweile, ob der Anstieg der Tech-Aktien nicht doch schon zu weit ging“, erklärt Börsenexperte Chris-Oliver Schickentanz, Chefanlagestratege der Capitell AG, gegenüber FOCUS online.

„Das Chaos ist Öl ins Feuer der Kritiker, die sagen, man hat sich zu viel vorgenommen. Außerdem unterstreicht dieser Vorfall die Risiken in diesem Geschäftsmodell“, so Schickentanz weiter.

Ein wenig erinnere die Situation an die Corona-Pandemie, sagt der Profi. „Damals dachten viele, vielleicht war es doch keine so gute Idee, die Lieferkette nur auf China auszurichten. Der ein oder andere IT-Verantwortliche ist nun aufgeschreckt, und überlegt sich nun, ob es nicht eine genau so schlechte Idee ist, alle Cloud-Prozesse nur über Microsoft laufen zu lassen.“

Folgen für Microsoft dürften mittel- bis langfristig spürbar werden

Dementsprechend dürfte das IT-Chaos mittel- bis längerfristig ein Umdenken bei einigen Investoren auslösen. „Ein gewisses Erschrecken ist schon da, wie weitreichend ein einzelner Ausfall sein kann, dass Flugzeuge umkehren müssen, und gleich ganze Flughäfen dichtmachen.“

Das langfristige Risiko für Microsoft sei nun, dass Unternehmen ihre Cloud-Strukturen wieder diversifizieren. „Der Trend der vergangenen fünf Jahre war eigentlich, die Zahl der Dienstleister zu reduzieren, um Komplexität zu verringern. Ein Stück könnte dieser Trend nun gestoppt sein.“

Das heißt zwar nicht, dass Microsoft mit seinem wichtigen Cloud-Geschäft nicht weiterhin Wachstum generieren kann. Dennoch glaubt Schickentanz, dass dieses Wachstum nun ein Stück weit ausgebremst werden kann. Insofern ist das globale IT-Chaos Anlass für Anleger, ihre Position in Microsoft kritisch zu beäugen.

man