Vater lässt Sohn ohne Führerschein fahren: 1800 Euro Geldstrafe
Häufiger ließ er seinen Sohn mit dem Pkw durch die Gegend fahren, obwohl er wusste, dass dieser keinen Führerschein besitzt. Deshalb musste sich der 46-Jährige nun wegen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 20 Fällen vor dem Amtsgericht verantworten.
Geretsried/Wolfratshausen – Der Angeklagte wimmert. „Ich habe einen Riesenscheiß gemacht“, stammelt der 46-jährige Geretsrieder, nachdem seine Verteidigerin ihm mit einer einleitenden Erklärung für Richter und Staatsanwalt das Feld bereitet hat. „Warum habe ich mich darauf eingelassen?“, sinniert der Mann weiter. Und kommt zum Schluss: „Der Typ hat mich abhängig gemacht.“
Vater bezeichnet seinen Sohn als „Typ“
Der „Typ“ ist der Sohn des Angeklagten. Der Vater hatte den Heranwachsenden im Zeitraum Januar/Februar 2024 häufiger widerspruchslos mit seinem Pkw durch die Gegend fahren lassen, obwohl er wusste, dass dieser keinen Führerschein besitzt. Deshalb musste sich der 46-Jährige nun wegen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 20 Fällen vor dem Amtsgericht verantworten. Weil der Sprössling bei einer Fahrt ein Blaulicht hinter die Windschutzscheibe geklemmt hatte, kam noch Beihilfe zur Amtsanmaßung hinzu.
Acht Monate später, Mitte Oktober 2024 wollten zwei Polizisten den Sohn in Gewahrsam nehmen, nachdem dieser dabei beobachtet worden war, wie er China-Böller aus dem Seitenfenster des von seinem Vater gelenkten Autos geworfen hatte. Bei der Festnahme soll der Vater seinem Sohn zur Hilfe gekommen sein und einem Polizeibeamten gedroht haben: „Fass mich an, und ich hau‘ Dir auf die Fresse.“ Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Nötigung lautete deshalb der weitere Anklagevorwurf.
Anwältin liefert strafmildernde Umstände
„Wir wollen nichts beschönigen, er räumt alles ein“, erklärte die Verteidigerin und stellte die verlesenen Vorwürfe damit nicht infrage. Die Rechtsanwältin lieferte gleich eine ganze Reihe von strafmildernden Umständen für ihren Mandanten mit. Alleinerziehend, arbeitslos, zwei Herz-OPs. „Jede Aufregung kann lebensbedrohlich werden“, so die Verteidigerin. Das wichtigste Argument: Der Alleinerziehende habe sein „Problemkind nicht in den Griff gekriegt“. Er habe sich als erwachsener Mann letztlich mit seinem Sohn verkuppelt. Den Faden griff der Beschuldigte gerne auf. Er sei „erleichtert, dass niemand zu Schaden gekommen sei“, zitierte der 46-Jährige aus einer vorgeschriebenen Erklärung. Er nehme die volle Schuld auf sich. „Als Vater wollte ich Freiheiten geben und habe dabei gesetzliche Grenzen überschritten“, erklärte der gelernte Konditor und Bäckermeister.
Mann „geschlagen mit seiner Lebenssituation“
Der Mann sei „geschlagen mit seiner Lebenssituation“, führte die Verteidigerin aus und wies auf ein weiteres, ungleich schwerwiegenderes Verfahren – unter anderem wegen versuchter schwerer Brandstiftung – hin, das am Landgericht in München auf ihren bisher strafrechtlich nie in Erscheinung getretenen Mandanten warte. „Ich will verhindern, dass er in den Knast kommt“, betonte die Rechtsanwältin und drängte darauf, das aktuelle Verfahren am Amtsgericht einzustellen, zumal sich der Angeklagte bereits in psychiatrische Behandlung begeben habe und in Kürze eine stationäre Therapie antreten werde. Außerdem leben Vater und Sohn seit geraumer Zeit nicht mehr unter einem Dach, was den Vater allerdings ebenfalls psychisch belaste.
Schuldig in allen Anklagepunkten
Richter Helmut Berger sprach den Geretsrieder in allen Anklagepunkten schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro, insgesamt 1800 Euro. Strafmildernd wertete das Gericht, dass ihm durch das Geständnis des Beschuldigten eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart geblieben war, sowie das „problematische Vater-Sohn-Verhältnis“. Draufgekommen war man dem 46-Jährigen aufgrund einer Auswertung des Handys seines Sohnes. Dieser hatte seine nächtlichen Fahrten regelmäßig gefilmt.
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