Kursk-Offensive im Ukraine-Krieg geht weiter: Zahlreiche Vorstöße setzen Putin unter Druck
Die Ukraine kann Russland mit der Offensive in Kursk weitere Gebiete entringen. Gleichzeitig greift Moskau weiter an – eine riskante Situation.
Kiew – Die ukrainischen Streitkräfte konnten bei ihrer Offensive in der russischen Oblast Kursk offenbar weitere Vorstöße erzielen. Gleichzeitig setzten Russlands Streitkräfte alles daran, die fast zwei Wochen andauernde Gegeninvasion der Ukrainer aufzuhalten - teils mit Erfolg. Und während die Armee der Ukraine im Westen Russlands weiter vorrückt, setzten auch Wladimir Putins Truppen ihre eigene Offensive im Ukraine-Krieg fort.
Laut dem Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Oleksandr Syrskyi, sind die ukrainischen Streitkräfte 28-35 Kilometer in die russische Oblast Kursk vorgedrungen und haben 93 Siedlungen unter ihre Kontrolle gebracht. Wie der Kiyv Independent berichtet, machte Syrskyi diese Angaben am Dienstag (20. August). Dem Blatt zufolge beschrieb er die Lage an der Front im Großen und Ganzen aber als schwierig. Immerhin seien die ukrainischen Streitkräfte auf einer Länge von 1.040 Kilometern im Einsatz.
Ukraine überraschte Russland mit Kursk-Offensive – Moskaus Truppen werden im Ukraine-Krieg verlegt
Hauptsächlich konzentrieren sich die Bemühungen der Ukraine Syrskyi zufolge weiterhin darauf, den Vormarsch russischer Truppen im eignen Land aufzuhalten. Gleichzeitig habe die Operation in Kursk, die darauf abzielt, eine Sicherheitszone zu schaffen, den Beschuss ziviler Gebiete im Gebiet Sumy zu stoppen und den Feind zurückzudrängen, Erfolg. Man habe die russische Armee damit gezwungen, Verteidigungsmanöver durchzuführen und dafür Kräfte von den angreifenden Truppen abzuziehen, so Syrskyi weiter.

Wie genau die Ukraine Russland in Kursk unter Druck setzt, zeigt eine Analyse des Thinktanks Institute for the Study of War (ISW). Dort heißt es, ukrainische Streitkräfte hätten ihre Angriffe am Dienstag im gesamten Gebiet fortgesetzt und weitere Vorstöße erzielt. Dabei scheine es, als sei das Ziel weiterhin, russische Pontonbrücken über den Fluss Seim in der Region Glushkovo anzugreifen. Aktuelle Geolokalisierungsaufnahmen zeigen demnach, dass ukrainische Drohnen russische Ausrüstung angreifen, die Pontons zu einem Bereitstellungsraum in der Nähe des Flusses Seim, etwa 3 km nördlich von Glushkovo, bringt. Zudem sei mindestens eine der Pontonbrücken zerstört worden, die auf Aufnahmen vom Samstag (17. August) noch zu sehen gewesen sei.
Kiew macht in Kursk-Offensive weiter Fortschritte – Doch Moskau kämpft weiter um das Gebiet
Die Denkfabrik beobachtet auch die Äußerungen russischer Militärblogger zur Kurs-Offensive. Ihnen zufolge haben die Truppen der Ukraine die Stadt Wischwnewka eingenommen, die rund 14 Kilometer von der Grenze entfernt liegt. Auch das russische Verteidigungsministerium habe dies bestätigt. Zudem hätten einige Blogger behauptet, dass die Ukraine ihre mechanisierten Angriffe am Stadtrand von Korenevo weiter fortgeführt hätten. Russland habe hier Artillerie- und Luftangriffe durchgeführt, um die ukrainischen Vorstöße einzudämmen, so das ISW weiter. Den Bloggern zufolge seien ukrainische Streitkräfte auch nördlich von Russkoje Porechnoje, am westlichen Stadtrand von Russkaja Konopelka und entlang der Straße Snagost-Liubimivka vorgerückt.
Gleichzeitig weisen die Äußerungen der Blogger laut dem ISW allerdings darauf hin, dass die russischen Streitkräfte einige verlorene Stellungen zurückerobert haben. Zudem zeige sich anhand der Meldungen, dass die ukrainischen Streitkräfte größtenteils „weit innerhalb der von den Maximalisten behaupteten Grenze des ukrainischen Vormarsches im Gebiet Kursk operieren“. Auf von Oberbefehlshaber Syrskyi am Dienstag im ukrainischen Fernsehen gezeigten Karten liege die angebliche ukrainische Frontlinie der Truppen (FLOT) weiter vorn, als die vom ISW bisher ermittelte. Die von Syrskyi vorgestellte FLOT werde jedoch teilweise durch von der NASA aufgezeichnete Wärmeanomalien bestätigt.
Die Ukraine hat keine Kontrolle über Kursk – Wird die Gegenoffensive im Ukraine-Krieg zurückgedrängt?
Das ISW geht weiterhin davon aus, dass die ukrainischen Streitkräfte nicht das gesamte Gebiet hinter der FLOT kontrollieren. Syrskyis Karte zeige, dass noch immer russische Einheiten, hinter der FLOT operieren würden, so das ISW weiter. Dies decke sich mit der Einschätzung, dass „große Teile des Vorgebirges wahrscheinlich umkämpfte Gebiete sind“.
Meine news
Was versteht man unter der Kontrolle eines Gebiets im militärischen Sinn?
Die Kontrolle eines Gebiets im militärischen Sinn bezieht sich auf die Fähigkeit einer militärischen Macht, ein bestimmtes geografisches Gebiet so zu dominieren, dass sie dessen Nutzung bestimmen und die Bewegungen, Handlungen und Operationen innerhalb dieses Gebiets überwachen, regulieren oder einschränken kann. Dies bedeutet, dass die kontrollierende Macht in der Lage ist, ihre Ziele in dem Gebiet durchzusetzen und gleichzeitig den Einfluss des Gegners zu minimieren oder zu verhindern.
Sie umfasst vor allem folgende Aspekte: physische Präsenz, Überwachung und Aufklärung, Sicherung von Nachschublinien sowie die Verhinderung feindlicher Aktivitäten.
Insgesamt bedeutet die Kontrolle eines Gebiets somit, dass die militärische Macht die Oberhand in diesem Gebiet hat, was es dem Gegner erschwert oder unmöglich macht, dort erfolgreich zu operieren.
Ungeachtet der ukrainischen Bemühungen in Kursk konnten die russischen Streitkräfte ihre Operation in der Ostukraine offenbar fortsetzen. Wie Reuters berichtet, vermeldete die Armee Russlands am Dienstag das strategisch wichtige Logistikzentrum Niu-York in der Ostukraine unter ihre Kontrolle gebracht zu haben. Auch habe Moskau die Bildung neuer militärischer Verbände in Kursk und zwei anderen Grenzregionen angekündigt, um den Angriff der Ukraine abzuwehren. Der Nachrichtenagentur zufolge haben unabhängige Militäranalysten erneut vorgebracht, dass Kiew mit dem Abzug einiger seiner schlagkräftigsten Kampfeinheiten von der Verteidigung der Frontlinien in der Ostukraine ein großes Risiko eingehe. (tpn)