„Mutiert zu Trump 2.0“: Merz‘ „Wortbruch“ im Migrationsstreit bringt Parteien auf die Palme

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Der Migrationsstreit in Deutschlands Politik eskaliert. Der Höhepunkt könnte im Bundestag bevorstehen. Vorab gibt es erneut mächtig Wut gegen Merz‘ Asyl-Pläne.

Berlin – Kommt es ab Mittwoch zum großen Knall vor der Bundestagswahl? Dann soll im Bundestag die Migrationsdebatte um den von Friedrich Merz vorgeschlagenen Knallhart-Asylplan für Deutschland so richtig starten. Zwei Anträge sollen eingebracht werden. Der Höhepunkt wird am Freitag erwartet, wenn ein Gesetzesentwurf zum sogenannten „Zustrombegrenzungsgesetz“ folgen soll. Seit Tagen gibt es mächtig Zoff um die Pläne des CDU-Kanzlerkandidaten.

Merz will Migrationspläne in den Bundestag bringen – mit AfD-Hilfe? Partei signalisiert Bereitschaft

Besonders brisant ist nämlich, dass Merz bereits in der vergangenen Woche ankündigte, dass er seine Entwürfe auch notfalls mit Zustimmung der AfD einbringen wolle. Aus den anderen Parteien folgte der große Aufschrei. Sie sahen die Brandmauer der AfD bereits bröckeln. Merz versuchte die Kehrtwende, kündigte an, die Brandmauer im Gegenteil aufrechterhalten zu wollen und den ehemaligen Ampel-Parteien seinen Asyl-Plan vorab zur Ansicht zukommen zu lassen. Ebenfalls ergänzte man noch einen speziell AfD-kritischen Passus in den Entwurf.

Um Friedrich Merz und seine Migrations-Pläne gibt es vor der Debatte im Bundestag mächtig Wirbel.
Um Friedrich Merz und seine Migrations-Pläne gibt es vor der Debatte im Bundestag mächtig Wirbel. © Michael Kappeler / dpa

Das Problem ist damit allerdings längst nicht aus der Welt, wie sich nun zeigt. Denn die AfD signalisierte trotz der direkten Kritik bereits die Bereitschaft, den Plänen doch zuzustimmen. SPD und Grüne hingegen sehen sich nach Ansicht der Entwürfe weiterhin bei einer Ablehnung der Pläne. Sie werfen der Union gar vor, mit ihren Plänen das im Grundgesetz garantierte Recht auf Asyl und europäisches Recht auszuhebeln.

Merz‘ Migrationspläne: Mehrheit dank der AfD? Kritik-Welle rollt

Bliebe es also dabei, wäre die Mehrheit eben nur mit Zustimmung der AfD erreichbar. Ein Unterfangen, das Merz offenbar weiterhin bereit ist, in Kauf zu nehmen. Zwar warb Merz auf einer Pressekonferenz nun erneut in Richtung Grüne und SPD, zumindest dem Gesetzesentwurf am Freitag zuzustimmen, da dieser ja „eigentlich relativ harmlose Maßnahmen“ enthalte. Die Welle der Kritik rollt allerdings erneut massiv los.

SPD und Grüne warfen Merz nun sogar offensiv „Wortbruch“ vor. „Wir werden Zeugen eines Vorgangs, der sich tief in das Gedächtnis der Bundesrepublik Deutschland eingraben wird“, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich am Dienstag in Berlin. „Jeder Versuch, mit der AfD hier im Bundestag abzustimmen, wird unser Land auf eine Rutschbahn bringen“, warnte er weiter und wies darauf hin, dass die Bedingung, keine Gesetze im Bundestag einzubringen, bei denen AfD-Stimmen benötigt werden, sogar Teil der Vereinbarung für die Neuwahlen im Februar gewesen sei. Gleichzeitig stellte Mützenich Merz‘ Kanzler-Tauglichkeit infrage.

Merz mit „Wortbruch“ im Migrationsstreit? SPD und Grüne vor Bundestags-Debatte stocksauer

Ähnlich deutlich fielen die Rückmeldungen der Grünen aus. Fraktionschefin Katharina Dröge sprach ebenfalls von einem „eklatanten Bruch mit dem, was wir als demokratische Fraktionen im Bundestag über Jahre hinweg verabredet“ haben, durch Merz. Die Union setze offensichtlich darauf, dass sie für ihre Vorlagen zur Migrationspolitik „eine Mehrheit bekommen kann, wenn die Nazis zustimmen“. Damit breche Merz „auch sein Wort, dass er im Deutschen Bundestag gegeben hat“.

„Friedrich Merz ist in eine Falle getappt, die Alice Weidel ihm schon ganz lange gestellt hat“, sagte Dröge weiter mit Blick auf die Vorsitzende und Kanzlerkandidatin der in Teilen rechtsextremen AfD. Gleiches gelte für die FDP, die den Vorlagen der Union ebenfalls zustimmen will. Auch Dröge rief die Abgeordneten der demokratischen Parteien auf, sich dem zu verweigern: Alle von ihnen seien „dem Gewissen verpflichtet“, sagte sie.

„Ich kann nur appellieren: Stimmen sie nicht mit den Nazis“. Zum Inhalt der Unionsanträge sagte sie noch, sie seien „im Kern der Anfang vom Ende der Europäischen Union“. Bereits zuvor hatte sich Winfried Kretschmann, Grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg, zu Wort gemeldet und behauptet, Merz begebe sich mit seiner Agenda „auf Glatteis“.

Heftige Kritik an Merz‘ Migrationsplänen: „Mutiert zu Trump 2.0“

Noch radikaler fielen die Äußerungen der Linken aus. „Merz mutiert immer mehr zu Trump 2.0“, sagte der Chef der Linken-Gruppe im Bundestag, Sören Pellmann. Die „schreckliche Tat“ von Aschaffenburg, die von einem offensichtlich psychisch Kranken verübt worden sei, führe zu maßlosen Forderungen nach faktischer Abschaffung des deutschen Asylrechts, sagte er. „Fünf Minuten vor der Wahl beschäftigt man sich mit dem möglichst populistischsten Thema in der Hoffnung, die AfD rechts zu überholen.“ 

Merz hingegen zeigte sich zunächst unbeeindruckt. Im Gegenteil machte er sogar eher Druck auf die anderen Parteien, als den Schulterschluss zu suchen. „Die Zeit für Gespräche, für Arbeitskreise und für Diskussionsgruppen ist jetzt vorbei. Das ist jetzt die Zeit für Entscheidungen“, sagte der CDU-Chef. Laut ihm stünde „die ganz große Mehrheit der Bevölkerung“ bei dem Thema hinter der Union. Auch in seiner Partei sehe er „große Zustimmung“. Allerdings kam auch bereits heftige Kritik an Merz aus den eigenen Reihen durch. Das letzte Wort im Migrations-Streit ist also noch längst nicht gesprochen. Der Höhepunkt könnte nun im Bundestag folgen. (han/dpa/AFP)

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