Am Gmunder Volksfestplatz barrierefrei Strom tanken

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Die Hartnäckigkeit von Anton Grafwallner (vorne) zahlte sich aus. Am Gmunder Volksfestplatz konnten (v.l.) Florian Appel (Vertriebsleiter E-Werk Tegernsee), Bürgermeister Alfons Besel, Integrationsbeauftragter Georg Rabl, Thomas Wimmer (stellvertretender Vertriebsleiter E-Werk Tegernsee), Guido Weissmann (Bayern Innovativ), Bautechniker Josef Harraßer (Gemeinde Gmund) und Bauhofleiter Franz Mayr am Montag vier barrierefreie Ladestationen in Betrieb nehmen. © Stefan Schweihofer

Bei schönstem Sonnenschein und damit voller PV-Anlagenleistung vom benachbarten Viehhallendach wurden am Montag in Gmund die ersten vier barrierefreien Ladestationen des Landkreises, wenn nicht gar Bayerns, in Betrieb genommen.

Gmund – Initiiert hat die Ladesäulen am Gmunder Volksfestplatz der ehemalige Inklusionsbeauftragte der Gemeinde, Anton Grafwallner. Der Festenbacher gilt als rühriger Mit- und Weiterdenker und – da selbst im Rollstuhl sitzend – als absoluter Experte in Sachen Barrierefreiheit. Er zeichnete zum Beispiel auch für die behindertengerechten Straßenquerungen nach dem sogenannten „Gmunder Modell“ verantwortlich.

E-Ladestationen für Rollstuhlfahrer meist unerreichbar

Jetzt haben ihn die E-Ladestationen in seiner Heimatgemeinde umgetrieben, also die Tatsache, dass die bisherigen beiden Tankstellen nicht barrierefrei, sprich behindertengerecht waren. „Die Anschlüsse der Ladesäulen befanden sich auf einer Höhe von 1,60 Metern. Unerreichbar für einen Rollstuhlfahrer“, erklärte Grafwallner und erinnerte, dass auch Rollstühle, wie er ihn fährt, elektrisch betrieben werden. Obendrein waren die Säulen auch oberhalb eines Bordsteins oder in einer für Rollis unzugänglichen Grünfläche installiert.

Viele Politiker angeschrieben

Seinen Hinweisschreiben an die Gemeinde Gmund, den Landkreis Miesbach, dem E-Werk Tegernsee und in der Folge auch Politikern wie Ilse Aigner, Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, Bundesverkehrsminister Volker Wissing, der Bayern Innovativ GmbH sowie der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW GmbH) ging die Internetrecherche voraus. Dabei stellte Grafwallner fest, dass es – außer in Schweden – keine barrierefreien Ladestationen gibt.

Anschlüsse auf 1,05 Meter Höhe

Bis nach Berlin schlug Grafwallner sein neues Gmunder Modell vor – inklusive des Hinweises, dass nur derjenige staatliche Zuschüsse für E-Ladestationen erhalten sollte, der barrierefrei baue. „Dann würde es der Markt schon richten“, meinte Grafwallner pragmatisch. Das Konzept umfasst nicht nur die Höhe der Anschlüsse bei 1,05 Metern. Es beinhaltet auch die Positionierung der Ladesäulen mittig, die Breite und Länge der Stellflächen ohne Mittelstreifen – normale 2,50 Meter, damit die Ladestationen auch wirtschaftlich sind – sowie Wintertauglichkeit bei Schnee.

Integratives Gesamtkonzept am Volksfestplatz

Grafwallner zeigte sich mit dem integrativen Gesamtkonzept am Volksfestplatz, das die 100 kWp-PV-Anlage auf der Viehhalle, die Normallader, die Fahrradladestation und jetzt die neuen barrierefreien und sogar für Reisebusse tauglichen E-Tankstellen und eine barrierefreie WC-Anlage direkt in der Dorfmitte umfassen, zufrieden. „Das ist eine seltene und innovative Sache“, befand er und wies auf die Nennung bei Wheelmap.org, eine digitale Karte für rollstuhlgerechte Orte.

Verantwortliche loben Hartnäckigkeit

Für das Engagement und die Hartnäckigkeit Grafwallners und seines Nachfolgers im Amt des Integrationsbeauftragten, Georg Rabl, bedankte sich Bürgermeister Alfons Besel. Aber auch der Vertriebsleiter Florian Appel und sein Stellvertreter Thomas Wimmer vom E-Werk Tegernsee würdigten die Initiative: „Das waren sehr wertvolle Hinweise. Denn oft denkt man nicht an solche Aspekte, für die einem der Blick fehlt“, erklärte Wimmer. Appel lobte das bürokratische Engagement mit Blick auf das ganze Konstrukt: „Weil wir das nach den Vorschlägen von Anton Grafwallner so machen konnten, wurden wir über Bayern Innovativ vom Freistaat gefördert.“

Gesamtkosten bei bis zu 400.000 Euro

Diese Förderung des Freistaats für den gesamten „integrativen Mobilitätsstandort“ am Volksfestplatz, der laut Rabl so federführend in Bayern sei, beträgt rund 64.000 Euro bei Gesamtkosten von 350.000 bis 400.000 Euro. Und der Leiter des Bereichs Elektromobilität bei Bayern Innovativ, Guido Weißmann, der zur offiziellen Inbetriebnahme eigens von Nürnberg an den Tegernsee gekommen war, räumte ein: „Wir hatten die Barrierefreiheit bei E-Ladestation tatsächlich komplett übersehen.“

Grafwallner habe die Sache mit seiner Initiative ins Rollen und Bayern Innovativ in die Bredouille gebracht. Aber jetzt seien barrierefreie Ladesäulen bereits auf jeder zweiten Messe zu sehen. Und es würde politisch gerade diskutiert, ob sie künftig verpflichtend oder weiter nur freiwillig für die Kommunen seien.

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