Stellenabbau bei SAP: Unternehmen verliert offenbar Vertrauen der Mitarbeiter
SAP muss das Vertrauen seiner Mitarbeiter einbüßen. Im Rahmen des Umstrukturierungsprogramms verbreitet sich ein Klima des Unmuts innerhalb des Unternehmens.
Walldorf – Der Software-Riese SAP steckt seit Monaten in einem umfangreichen Restrukturierungsprogramm. Dazu gehört im Rahmen dessen auch, bis zu 10.000 Stellen zu streichen. Wie nun aus einer aktuellen SAP-Mitarbeiterbefragung, die der Wirtschaftswoche (WiWo) vorliegt, hervorgeht, schwindet zunehmend das Vertrauen in die Chefetage des Unternehmens.
„Wir sind uns darüber im Klaren, dass unser globales Restrukturierungsprogramm sowie andere Veränderungen wie die Rückkehr ins Büro einen wesentlichen Einfluss auf diese Ergebnisse haben“, zitierte die WiWo SAP-Arbeitsdirektorin Gina Vargiu-Breuer aus einer vertraulichen E-Mail.
SAP-Umstrukturierungsprogramm: Positive Effekte trotz schwindenden Mitarbeitervertrauens
Der Befragung zufolge gaben nur 56 Prozent der Mitarbeiter an, dem Walldorfer Konzernvorstand noch zu vertrauen. Im Vergleich zum Jahr 2023 ergibt sich daraus ein Rückgang von zwölf Prozent. Lediglich 72 Prozent der SAP-Beschäftigten würden demnach den Konzern auch als „großartigen Arbeitgeber“ weiterempfehlen. Hier zeichnet sich im Vorjahresvergleich ein Minus von zehn Prozentpunkten ab. So sank auch das Vertrauen in die SAP-Strategie um drei Prozentpunkte auf 69 Prozent.
Das Programm zeigt allerdings seine erhoffte Wirkung. Der Konzern teilte zu Beginn der Woche positive Quartalsergebnisse mit. Der operative Gewinn nahm währungsbereinigt um 35 Prozent zu und erreichte damit einen Wert von 1,94 Milliarden Euro. Dies sei vor allem dem Cloud-Geschäft zu verdanken, das im Q2 2024 um ein Viertel stieg. Die SAP-Aktie stieg infolgedessen um sieben Prozent und erreichte ein neues Allzeithoch.

SAP baut Stellen ab – 10.000 Stellen betroffen
Das Walldorfer-Unternehmen bestätigte in dem Bericht zudem, dass von dem Restrukturierungsprogramm nicht wie zuvor angekündigt 8.000 Jobs weltweit, sondern bis zu 10.000 Stellen betroffen sein werden. Dies soll in Deutschland über ein Freiwilligen- und Vorruhestandsprogramm geschehen.
Überraschenderweise hatten sich bis Ende Juni 5.300 SAP-Mitarbeiter für jenes Programm registriert. Ursprünglich ging man von etwa der Hälfte aus. Die erhöhte Annahmequote der Abfindungsangebote führte dementsprechend auch zu steigenden Kosten. Statt 2,2 Milliarden Euro schätzt man diese voraussichtlich auf drei Milliarden Euro.
Alte Methoden kehren zurück: SAP schafft unzufriedenes Betriebsklima
Die wieder eingeführte Präsenzpflicht für Beschäftigte erzeugte ein Klima des Unmuts. Wie es im WiWo-Bericht hieß, gelten seit Anfang Mai drei Bürotage verpflichtend für jeden Mitarbeiter. Der europäische SAP-Betriebsrat zeigte sich empört über die Regelung: „SAP, wie wir es kannten, ist vorbei“, schrieb er in einer internen Mail. „Wir fühlen uns von einem Unternehmen verraten, das uns bis vor kurzem dazu ermutigt hat, von zu Hause zu arbeiten“, hieß es darin weiter.
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Der Konzern verlor darüber hinaus durch Kontrollsysteme massiv an Vertrauen. So wurde zu Jahresbeginn ein Bewertungssystem eingeführt. Dies schlug bei Ankündigungen hohe Wellen und setzte eine öffentliche Debatte in Gang. „Es soll Leistungsträger geben, ‚Performer‘ genannt, die bei Bonuszahlungen besonders berücksichtigt werden. Die Mehrheit der Mitarbeiter dürfte in die Kategorie ,Achiever‘ fallen, die die Erwartungen erfüllen. Und dann gibt es noch sogenannte ,Improver‘, die sich verbessern müssen“, beschrieb das Handelsblatt das System.
Bereits im Jahr 2017 stoppte SAP jährliche Benotungen der Beschäftigten aufgrund des dadurch entstehenden, schlechten Betriebsklimas. „Die bisherigen Ratings haben mehr Unzufriedenheit geschürt als sie Positives gebracht haben“, sagte der damalige Personalchef von SAP Deutschland, Wolfgang Fassnacht.
Keine Auszeit für Väter: FDP blockiert Gesetzesentwurf
Eine ursprünglich geplante Väterzeit von eineinhalb bezahlten Monaten ist ebenso aufgefallen. Mehrere Millionen Euro sollten demnach in die Partnerzeit fließen. „Ich bedauere den Rückzug sehr, gerade auch wegen der Planbarkeit für die zukünftigen Väter. SAP hätte sich das leisten können“, hieß es damals vom Betriebsratsvorsitzenden, Eberhard Schick.
Grund dafür war ein nicht umgesetzter Gesetzesentwurf der Ampelkoalition, der aus dem Koalitionsvertrag hervorgeht. „Die Bundesregierung hat die im Koalitionsvertrag vereinbarte Regelung zur sogenannten Väterzeit nicht wie geplant umgesetzt. Wir nehmen dies zum Anlass, unsere eigenen Pläne in diesem Bereich ebenfalls zu überprüfen“, erklärte SAP in einer Stellungnahme. Das Vorhaben sollte Anfang 2024 in Kraft treten, jedoch wurde es von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wegen Unstimmigkeiten bei der Finanzierung blockiert.