Geheimes Kreml-Dokument durchgesickert: Putins Taktik gegen den Westen scheitert

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Die Invasion der Ukraine sollte Putins Ansehen und internationalen Einfluss stärken. Aber der Kreml befürchtet offenbar eine wachsende Isolation.

Moskau - Ein geheimer Regierungsbericht aus Russland soll offenbaren, dass Regierungsmitglieder des Kremls um den Einfluss Russlands auf Verbündete bangen. Statt enger mit der ehemaligen Sowjetnationen zusammenzurücken und wirtschaftliche Beziehungen zum globalen Süden aufzubauen, habe der Druck aus dem Westen zu einer zunehmenden wirtschaftlichen Isolation geführt.

Das geleakte Papier liegt nach eigenen Angaben der Financial Times vor und bezieht sich auf ein Kreml-Treffen im vergangenen April, das unter der Leitung von Premierminister Michail Mischustin stattgefunden habe. Teilgenommen hätten unter anderem politische Hardliner wie der Regierungsberater Sergej Karaganow, der bereits mehrmals zum Einsatz von Atomwaffen gegen Europa aufgefordert hatte, und der Philosoph und Publizist Alexander Dugin, ein bekannter Befürworter radikaler Gewalt im Krieg gegen die Ukraine.

Westliche Sanktionen isolieren Russland zunehmend von Handelspartnern

Als übergeordnetes Ziel des Berichts sei hervorgegangen, dass sich Moskau in den Mittelpunkt eines eurasischen Handelsblocks drängt und somit die wirtschaftliche Macht der USA, der EU und von China angreift. Der Handelsblock würde Russland mit dem globalen Süden verbinden. Gestärkt werden sollte die Verbindung durch Geschäfte mit Rohstoffen, neuen Finanz-, Verkehrswegen und nicht zuletzt durch eine gemeinsame Weltsicht. Eine „Weltsicht, [...] in der wir Regeln für die neue Welt aufstellen [und] unsere eigene Sanktionspolitik haben“, wird aus der Analyse zitiert.

Der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit Premierminister Michail Mischustin im Moskauer Kreml im Februar 2025.
Der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit Premierminister Michail Mischustin im Moskauer Kreml im Februar 2025. © IMAGO/Gavriil Grigorov/ITAR-TASS

Doch das langfristige Projekt einer „Makroregion“ scheint nach Ansicht der Kreml-Mitglieder vor allem durch den Druck westlicher Sanktionen und wirtschaftlicher Annäherungsversuche nicht aufzugehen. Stattdessen beobachte man, wie sich ein immer größerer Keil zwischen Moskau und einige seiner engsten Handelspartner ausbreitet. Das bestätigt auch eine politische Analyse der Bundesregierung: „Tatsächlich hat Russland durch den Angriff auf die Ukraine deutlich an Einfluss in Kasachstan sowie in ganz Zentralasien verloren.“

Kasachstan als bedeutender Verbündeter Russlands schwindet seit dem Ukraine-Krieg zunehmend

Westliche Länder hätten dem Kreml-Bericht zufolge erfolgreich eine „Zuckerbrot und Peitsche“-Strategie ausgepackt: Einerseits seien die zentralasiatischen Länder zur Einhaltung der Sanktionen gedrängt worden, andererseits sei ihnen der Zugang zu globalen Märkten eröffnet worden, die Russland ausschließen und mehr selbstständige Handlungsoptionen ermöglichen. Viele Verbündete hätten dem Bericht zufolge „ihre Weltsicht geändert“, indem sie die „kollektive Geschichte überdenken“. Nun würden sie sich mehr und mehr an den Westen annähern: Englisch habe als Zeitsprache in den Schulen Vorrang vor Russisch, Eliten würden zu einer Ausbildung in westliche Länder geschickt.

Ein Beispiel für einen schwindenden Verbündeten ist Kasachstan, die größte Volkswirtschaft der Region. Hatte Russland vor dem Angriffskrieg in der Ukraine wirtschaftlich und politisch noch einen großen Einfluss auf das Land, scheint der Ukraine-Krieg derzeit für eine wachsende Distanz zu sorgen. Das geht auch aus der Analyse des Bundestags hervor: „Angesichts der engen Verbundenheit der beiden Staaten [kann die Einhaltung der Sanktionen] plausibel als implizite Zurückweisung Russlands gedeutet werden und nicht als bloße Neutralität“, heißt es darin. Zudem erkennt Kasachstan die „Annexion“ der Gebiete Donezk und Luhansk in der Ukraine nicht an.

Putins Regierung habe das Problem erkannt und in dem Bericht das Fazit gezogen, dass Moskau „auf lange Sicht spielen“ muss, um die zentralasiatischen Länder in seiner Umlaufbahn zu halten. Ein Zusammenhalt könne nur durch eine Besinnung auf die gemeinsame Geschichte gestärkt werden. Gleichzeitig müsse die Unabhängigkeit der Länder respektiert werden. Zentralasien werde „eine Entscheidung über ihre Haltung gegenüber Russland treffen müssen“, wird aus dem Bericht zitiert. (nz)

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