Auftragsflaute: Deutsche Industrie 2024 auf Rezessionskurs – „Erholungen nicht materialisiert“

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Die deutsche Industrie befindet sich 2024 in einer Auftragsflaute, was zu einem großen Teil an der Autobranche liegt. Was China und die USA damit zu tun haben.

Berlin/München – Die deutsche Industrie kämpft weiterhin mit einer stagnierenden Entwicklung, wie aktuelle Daten zur Industrieproduktion für Juli 2024 zeigen: Mit einem Rückgang um 2,4 Prozent gegenüber dem Vormonat und 5,3 Prozent im Jahresvergleich wachsen die Befürchtungen einer bevorstehenden Rezession. Trotz eines leichten Anstiegs der Exporte im Juli bleibt der Ausblick der deutschen Wirtschaftsforscher pessimistisch, während führende Institute ihre Wachstumsprognosen nach unten korrigieren.

Deutsche Industrie: Wirtschaftsforscher nehmen positive Aussichten zurück

Statt eines erwarteten leichten Wachstums des Bruttoinlandsprodukts von 0,4 Prozent rechnen Wirtschaftsforscher nun für das laufende Jahr mit einer Stagnation bei null Prozent, da auch der private Konsum nicht wie erhofft anzieht. „Die zu Jahresbeginn erwartete Erholung der Industrie hat sich nicht materialisiert“, erklärt Geraldine Dany-Knedlik, Konjunkturchefin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Die anhaltende Schwäche der Industrie, insbesondere im Automobilsektor, sowie Unsicherheiten in der Finanzpolitik belasten die deutsche Wirtschaft stark. Mehrere Ökonomen haben daher ihre Erwartungen für das laufende Jahr deutlich gesenkt. Bereits zuvor hatten drei führende Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen reduziert: Das Münchener ifo Institut und das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) erwarten für 2024 ebenfalls null Wirtschaftswachstum, das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen (RWI) prognostiziert 0,1 Prozent.

Stagnation in Deutschland: Maschinenbau-Industrie in einer Auftragsflaute

Einziger Lichtblick sind die offiziellen Exportdaten, die im Juli kalender- und saisonbereinigt mit einem Wert von 130 Milliarden Euro den Vormonat um 1,7 Prozent übertrafen. Doch die wirtschaftliche Misere wird vor allem durch die schwächelnde Autoindustrie verdeutlicht:

Der frühere Exportweltmeister muss Rückgänge bei den Ausfuhren nach China und in die USA hinnehmen – beides wichtige Absatzmärkte für die Automobilbranche. „Vor allem die schwachen Exporte nach China belasten die deutsche Industrie erheblich“, sagt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank.

Produktion bei Volkswagen in Zwickau: Die deutsche Industrie steckt in Turbulenzen - Hauptfaktor ist ausgerechnet die Autobranche
Produktion bei Volkswagen in Zwickau: Die deutsche Industrie steckt in Turbulenzen - Hauptfaktor ist ausgerechnet die Autobranche. © Kirchner-Media/Imago

Allgemein hat die Maschinenbauindustrie 2024 deutlich weniger zu tun als erwartet: Laut dem Branchenverband VDMA wird die um Preisänderungen bereinigte Produktion voraussichtlich um rund 8 Prozent unter dem Vorjahreswert liegen. Damit wurde die bisherige Prognose von minus 4 Prozent nochmals deutlich nach unten korrigiert. Wegen der schwachen Auftragslage in diesem Jahr wird auch für 2025 ein Produktionsrückgang von 2 Prozent erwartet.

Deutsche Produkte in den USA und China weniger gefragt - „dramatische Situation“

Die Ursachen für die schwache Auslastung der Produktionsanlagen sieht VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers vor allem in der geringen Nachfrage aus den USA und China, die aus verschiedenen Gründen schwächeln. Hinzu kommt die wirtschaftliche Unsicherheit in Europa und Deutschland.

Was ist eine Rezession?

Eine Rezession ist eine Phase des wirtschaftlichen Abschwungs, in der die Wirtschaftsleistung eines Landes über einen längeren Zeitraum, oft zwei aufeinanderfolgende Quartale, schrumpft. Dies äußert sich durch ein sinkendes Bruttoinlandsprodukt (BIP), rückläufige Investitionen, geringeren Konsum sowie steigende Arbeitslosigkeit. Sie kann laut der Deutschen Bundesbank durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, wie eine schwache Nachfrage, hohe Inflation oder wirtschaftspolitische Unsicherheiten.

Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), schlägt angesichts der Entwicklung in der Bundesrepublik Alarm: „Die Lage des deutschen Exports bleibt dramatisch. (…) Die Exporte in Nicht-EU-Staaten sind erneut zurückgegangen. Wir fordern von der Regierung dringend den Abschluss neuer Freihandelsabkommen, um unser Wirtschaftsmodell zu stärken.“ (PF)

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