FPÖ-Putin-Connection: PR-Konzepte, Zurufe aus Russland und Treffen mit Geheimdienstlern
Mitten im Österreich-Wahlkampf werden immer mehr Details über das enge Verhältnis der Kickl-FPÖ zu Moskau bekannt. Im April muss der Parteichef vor dem Parlament aussagen.
Wien – Mitten im Wahljahr läuft im österreichischen Parlament ein Untersuchungsausschuss zum Amtsgebaren der FPÖ-Minister während der von Sebastian Kurz geführten türkis-blauen Bundesregierung. Bisher hat kaum ein relevanter Zeuge etwas Substantielles ausgesagt. Doch es gelangten immer wieder Ministeriumsinterna in die Öffentlichkeit. Der rote Faden darin ist ein enges Verhältnis zu Kreml-Chef Wladimir Putins Russland.
So berichtete die Tageszeitung Standard am Donnerstag (21. März) über eine PR-Kampagne zur „Verbesserung des Images von Russland in Österreich“, die im FPÖ-geführten Verkehrsministerium kursiert sei. Der damalige Verkehrsminister Norbert Hofer, heute Vizepräsident des Nationalrats, bestreitet davon gewusst zu haben.
Schrödingers Freundschaftsvertrag: Die FPÖ und Putins Partei „Einiges Russland“
Hofer gehört seit Jahrzehnten zum Spitzenpersonal der rechtsautoritären Partei. 2016 reiste er gemeinsam mit dem damaligen Parteichef Heinz-Christian Strache nach Moskau zu Gesprächen mit der Partei des russischen Präsidenten, als in Europa wegen der Annexion der Krim bereits viele auf Distanz zum Kreml gegangen waren. Damals unterschrieb die FPÖ-Spitze einen „Freundschaftsvertrag“ mit der Putin-Partei „Einiges Russland“.
Der heutige Parteivorsitzende Herbert Kickl behauptet seit längerem, die FPÖ habe das Bündnis gekündigt, weigerte sich aber den Vertrag und die Kündigung offenzulegen. Zuletzt forderte Kickl immer wieder einen „Waffenstillstand“ im Ukraine-Krieg, sowie ein Ende österreichischer Unterstützung. Zudem kündigte er an, sollte er Kanzler werden, sein Veto gegen die EU-Russland-Sanktionen einzulegen.
Strache-FPÖ und Putin-Partei sollen „aktive“ Entwicklung von Kontakten vereinbart haben
Vereinbart wurde laut dem Nachrichtenmagazin Profil damals eine „aktive“ Entwicklung der Kontakte zwischen den beiden Parteiapparaten auf regionaler Ebene. Später wurde diese scheinbar auf die Staatsapparate auf nationaler Ebene ausgeweitet. Darauf deuteten zumindest zuletzt mehrere Veröffentlichungen hin. Das am Donnerstag öffentlich gewordene PR-Konzept aus dem Jahr 2018 ist wohl das Geringste.
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So wies Strache 2019 etwa seine rechte Hand im Ministerium an, ein Treffen zwischen russischen und österreichischen Jungbeamten anzuberaumen – offenbar auf Zuruf aus Russland. Dann ist da noch die Sache mit den Geheimdiensten: Die linksliberale Wochenzeitung Falter berichtete Mitte März über ein laut Experten und Insidern „inhaltlich überzeugendes“ Dossier, das nahelege, Kickl habe bereits als Innenminister Kontakte zum russischen Geheimdienstapparat gepflegt.

Vorschläge aus dem PR-Konzept wurden umgesetzt – Strache wollte Beamtentreffen organisieren
Laut dem Standard soll ein inzwischen von den USA sanktionierter Apparatschik eines staatlichen Rüstungskonzerns aus Russland über eine PR-Agentur in der Provinz besagtes PR-Konzept an das Hofer-Ministerium herangetragen hat. Vorgeschlagen wurde darin demnach etwa ein „Russlandfest“ in Wien, bei dem die russlanddeutsche Schlagersängerin Helene Fischer auftreten sollte. Laut der PR-Agentur soll das Konzept nie umgesetzt worden sein. Es scheint sich eher um Gedankenspiele zu handeln.
Einige Vorschläge wurden laut des Standards allerdings umgesetzt: So sponsorte der russische Staatskonzern Gazprom etwa den Fußballclub Austria Wien und die Salzburger Festspiele. Zudem sei eine „Forschungskooperation“ auf Ebene der Verwaltungsakademie der österreichischen Bundesregierung erwogen worden.
Die Akademie lag damals im Zuständigkeitsbereich Straches. „Russland“ habe um einen Gedankenaustausch mit jungen Beamten aus Österreich gebeten, schrieb der damalige Vizekanzler laut der Austria Presse-Agentur (APA) an seinen engsten Mitarbeiter. „Über die Verwaltungsakademie“ müsse doch „etwas möglich sein“, schrieb er weiter. Straches Mitarbeiter antwortete: „Wird vorbereitet. Wir werden uns treffen.“ Auf Merkur.de-Nachfrage ging das inzwischen von den Grünen geführte Ministerium „nach derzeit verfügbaren Informationen“ nicht davon aus, dass dieses Treffen wirklich zustande kam.
Russlands Botschafter wollte Kickl hochrangigen russischen Geheimdienstlern vorstellen
Sehr konkret wurden die im Falter anonym erhobenen Vorwürfe: Demnach wollte Russlands Botschafter in Wien den damaligen Innenminister Herbert Kickl mit Vitaly Muragin, offizieller Vertreter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB in Österreich, und zwei weiteren Diplomaten bekannt machen. Die zwei Diplomaten sollen ein Auslandsnachrichtendienstler im General-Rang und ein Mann, der vor seinem Botschaftsdienst für den Militärgeheimdienst gearbeitet habe, gewesen sein.
Kickl ließ das Treffen über seinen Sprecher abstreiten. Im Herbst 2018 ließ er allerdings verlauten, einen „möglichst unkomplizierten Datenaustausch“ zwischen Behörden der beiden Länder schaffen zu wollen. Zudem wollte Kickl einen sicheren Kommunikationskanal „jenseits der Diplomatenpost“ zwischen Russland und Österreich schaffen. Kickls Sprecher bezeichnete dies als Teil einer „Sicherheitsstrategie“. Russlands Botschafter in Wien äußerte sich Ende 2023 recht wohlwollend über die FPÖ.
Herbert Kickl muss nach Ostern im Untersuchungsausschuss aussagen – unter Wahrheitspflicht
Ebenfalls 2018 wurde Österreichs Geheimdienst zeitweise auf dem sogenannten „Berner Club“, einer informellen Runde europäischer Sicherheitsdienste, geworfen. Der Grund: Kickl ließ inzwischen völlig ausgeräumten und bereits damals fadenscheinigen Vorwürfen, die Zentrale des Geheimdienstes BVT durchsuchen.
Und zwar von einer Polizeieinheit, geführt von einem FPÖ-Politiker. Für den 11. April ist Herbert Kickl als Zeuge im Untersuchungsausschuss geladen, dort steht unter Wahrheitspflicht. Im Herbst wird ein neuer Nationalrat gewählt. Im APA-Wahltrend ist die FPÖ mit etwa 28 Prozent unverändert stärkste Kraft in den Umfragen. (kb)