Kommt jetzt die Unions-Rache fürs Rentenpaket? SPD droht: „Dann kracht es“

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Eine Kommission zur Rente soll „ohne Tabus“ Vorschläge machen, hieß es. Doch Söder schließt den ersten Punkt aus, und die Besetzung könnte zur SPD-Falle werden.

Berlin – Eine Rentenkommission solls richten: 13 Politiker und Experten sollen sich bald Gedanken machen, wie man die Rente in Deutschland reformieren kann. Es werde, „keine Denkverbote, keine Tabus geben“, versprach CSU-Chef Markus Söder kürzlich.

CSU-Chef Markus Söder, Bundeskanzler Friedrich Merz und SPD-Chefin Bärbel Bas nach der Sitzung des Koalitionsausschusses.
Markus Söder (l., CSU) kündigte eine Rentenkommission von SPD und Union „ohne Denkverbote, ohne Tabus“ an. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Das war noch vor der Zitterabstimmung im Bundestag, Söder war wohl beeindruckt vom massiven Protest der Jungen Union. Zwei Wochen später klingt der CSU-Chef nämlich schon wieder ganz anders. Er zieht bei der Rente rote Linien, die denen der SPD diametral entgegenstehen. Einer neuer Streit um die Rente scheint programmiert.

Was bringt die Rentenkommission der Merz-Regierung? „Es liegt alles auf dem Tisch“

Silke Übelmesser, Professorin für Finanzwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, hat Zweifel, dass die Rentenkommission überhaupt einen Erkenntnisgewinn bringen wird, wie sie zum Münchner Merkur von Ippen.Media sagte: „Es liegt alles auf dem Tisch, Vorschläge, Berichte und Analysen“, stellt sie fest. „Nichtwissen ist nicht das Problem.“ Es handle sich eher um ein „Entscheidungsproblem“ der Koalition. Entscheidungen, die weh tun, könne die Kommission der Regierung aber nicht abnehmen.

CSU, CDU und SPD sind jedenfalls schon dabei, ihr Revier abzustecken, bevor die Rentenkommission überhaupt gestartet hat. Ein Reformvorschlag könnte zum Beispiel sein, Beamte und Selbständige ebenfalls in die Rentenkasse einzahlen zu lassen. Söder sagte jetzt aber nach einer Sitzung des CSU-Vorstands, er sei skeptisch, den Kreis der Einzahler zu erweitern und zog noch andere rote Linien: „Ich weise da darauf hin, dass wir sehr zurückhaltend sind, Beamte damit einzubeziehen, Selbstständige, Sozialabgaben zu verlangen auf Dividenden.“

Es bestehe die Gefahr einer „Enteignung der Mittelschicht“.  Die Rentenkommission solle auch kein „Instrument des Klassenkampfes“, werden, so Bayerns Ministerpräsident. SPD-Chefin Bärbel Bas hatte dagegen schon früh in der Renten-Diskussion vorgeschlagen, auch Beamte einzahlen zu lassen.

Rentenkommission ohne Tabus? SPD und Union ziehen schon jetzt rote Linien bei Rente

Während für die Union Beamte in der Rentenversicherung also ein Tabu zu sein scheinen, ist für die SPD bisher längeres Arbeiten bis zu Rente nicht akzeptabel. Die Rente mit 70 ist mit den Sozialdemokraten nicht zu machen, so der Tenor. Dass bei der Rentenkommission aber eigentlich „alles auf den Tisch soll“? Offenbar geschenkt.

Finanzwissenschaftlerin Übelmesser hält den Sinn und Zweck der Rentenkommission ohnehin für fraglich: Auf sie wirke die Kommission „ein wenig wie eine Ausrede“, sagte sie gegenüber unserer Redaktion. „Damit hat man jetzt nochmal Ruhe und kann hoffen, dass diese Kommission doch noch eine bis jetzt von niemanden gesehene goldene Lösung findet.“

Letzteres erscheint der Fachfrau allerdings unwahrscheinlich – denn nach all den Sachverständigenberichten und Studien, die es schon gebe, werde die Kommission kaum etwas präsentieren, was man nicht ohnehin schon wisse. Nur durchringen müsse die Regierung sich eben zu harten Reformen – auch wenn sie damit vielleicht potenzielle Wähler verprellt.

Rentenkommission soll im Dezember loslegen - für Rentenreform laut Expertin aber überflüssig

Ob die Merz-Regierung schwierige Reformen umsetzt, wenn die Kommission sie schwarz auf weiß vorschlägt, bleibt abzuwarten: Am 17. Dezember soll die Kommission ihre Arbeit starten, im Juni 2026 sollen Reformvorschläge vorliegen. Expertin Übelmesser ist skeptisch: „Die politischen Hauptakteure könnten sich auch jetzt sofort schon an den Tisch setzen und die Fakten reden, ohne den Umweg über die Kommission.“

Zudem: Eine von der Regierung eingesetzt Kommission habe immer auch einen bestimmten politischen Auftrag und sei mit parteipolitisch ausgewählten Mitgliedern bestückt. Wie die Rentenkommission der Merz-Regierung aussehen wird, ist bisher nur in Grundzügen klar. Kanzler Friedrich Merz erklärte das Prozedere kürzlich bei einer Pressekonferenz nach den Koalitionsberatungen zur Rente:

  • Die Kommission besteht aus 13 Personen
  • Die beiden Vorsitzenden der Rentenkommission werden von Merz (CDU) und Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) bestimmt
  • CDU, CSU und SPD bestimmen jeweils einen stellvertretenden Vorsitzenden für die Kommission. Die Union will dabei offenbar mindestens einen Sitz an die Rentenrebellen der Jungen Union vergeben.
  • Dazu kommen acht Wissenschaftler. Vier bestimmt die Union, vier die SPD.

CDU und CSU können SPD in Rentenkommission überstimmen – „Für Rentenpaket rächen“

Bedeutet: In der 13-köpfigen Rentenkommission kann die Union sieben, die SPD sechs Sitze bestimmen. Für Beschlüsse der Kommission ist eine einfache Mehrheit ausreichend. Bei strittigen Fragen wäre es also möglich, dass die Unions-Mitglieder die von der SPD überstimmen.

In der SPD scheint dies schon zu Sorgen zu führen. Ein Abgeordneter wird von Bild mit den Worten zitiert: „In der Union gibt es einige, die sich für das Rentenpaket an uns rächen wollen. Wenn das passiert und die Kommission dafür missbraucht wird, kracht es. Es werden sich beide Seiten, die Union und wir, bewegen müssen.“

Dass es innerhalb der schwarz-roten Koalition noch mächtig Diskussionsbedarf gibt, ist ausgemacht: Das letzte Wort über das künftige Rentensystem haben ohnehin die Faktionen im Bundestag, die darüber am Ende abstimmen werden. Nach Willen von Merz soll die neue Rente bereits Ende 2026 im Bundestag beschlossen werden. (Quellen: eigene Recherche, dpa, AFP, Bild) (smu)