Oberding im Ollimpiafieber
Die Gemeinde und viele Fans feiern Ruder-Champion und Olympiasieger Oliver Zeidler.
Oberding - Auch ein Ruder-Champion lernt noch dazu: „Als Weltmeister empfängt dich daheim die Familie, als Olympiasieger die ganze Gemeinde.“ Oliver Zeidler ist dann doch etwas baff, als er am Montagnachmittag auf den Heigl-Hof direkt neben der Schwaiger Sportanlage einfährt – standesgemäß auf der Rückbank eines offenen Bentleys sitzend. Rund 300 Gäste bejubeln den Mann, der vor wenigen Tagen im Ruder-Einer olympisches Gold gewonnen hat und neben all den vielen Erfolgen als Welt-, Europa- und Deutscher Meister noch einen weiteren Titel hat. „Erster Olympiasieger der Gemeinde Oberding“, wie Bernhard Mücke bei der Begrüßung sagt. Der Bürgermeister gesteht, dass er den Finallauf nicht live habe verfolgen können. „Aber ich habe ihn mir schon mehrfach in der Mediathek angesehen. Wenn man schlechte Laune hat, sollte man sich dieses Finale anschauen, dann hat man dann auf alle Fälle gute Laune.“
Autogramme für jeden
Die Gemeinde hat – unter tatkräftiger Mithilfe des ehrenamtlichen Chef-Organisierer-Teams namens Moos-Motor – allerlei auffahren lassen. Im Innenhof hängen Plakate mit dem Olympiahelden, auf einem Bildschirm laufen Goldrennen und die Interviews danach in Dauerschleife. Es gibt vom Weißbräu gespendetes Freibier, Häppchen und liebevoll gestaltete Kuchen. Optisch und vermutlich auch kulinarisch zwei Highlights: eine Olympia-Torte von Annette Adelsberger und eine Riesenbreze, geformt aus fünf Ringen von der Bäckerei Geisenhofer aus Freising.

Letztere schneidet der Olympiasieger gemeinsam mit seinem Vater Heino an. Und er gönnt sich dann auch ein Stück davon. Ein bisserl Kohldampf habe er jetzt schon, meint der 2,03-Meter-Mann im Gespräch mit der Heimatzeitung, nachdem er zuvor über eine Stunde in der Sonne geduldig jeden Autogramm- und Fotowunsch erfüllt hat. Jetzt ist auch die Zeit, mit dem Gerücht aufzuräumen, er habe es mit 25 Freunden im Olympiadorf ziemlich krachen lassen. Stimmt nicht. „Es waren 35“, meint der 28-Jährige grinsend.

Nach seinem Sieg habe er in den acht folgenden Tagen Zeit fürs Sightseeing in Paris gehabt und sich mit seiner Freundin Volleyball- und Leichtathletik-Wettkämpfe angeschaut. Und wie oft wurde gefeiert? „Fast jeden Tag“, gesteht Zeidler. „Der Schlaf ist ein bisschen zu kurz gekommen, aber ansonsten geht es mir gut.“
Das spüren auch die Gäste – und seine Schwester Marie-Sophie. Kann ihr Bruder solche Massenaufläufe eigentlich genießen? „Manchmal ist er sehr schnell genervt von so etwas, manchmal genießt er es“, sagt sie und fügt hinzu: „Heute genießt er es definitiv.“
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Und wer alles da ist: Zum Beispiel Heinrich Hopfner, Zeidlers einstiger Sportlehrer im Anna-Frank-Gymnasium. „Er war ein liebenswertes Schlitzohr. Natürlich habe ich ihn in der Mittelstufe ein paar Mal rasieren müssen, aber er ist in der Oberstufe ein ganz Zuverlässiger gewesen, der mir im Schwimmkurs mein bester Hilfslehrer war.“ Hopfner erinnert daran, dass Zeidler früher Schwimmer war. „Wie ein Albatros. Bloß habe ich dann zu ihm gesagt: ,Olli, wenn du einen Tauchzug vormachst, bitte nach 15 Metern schon mal wieder auftauchen, damit die anderen das auch beobachten können.´“
Eine Nachbarin erinnert sich an jenen „unscheinbaren Jungen beim Hunde spazieren. Ganz ruhig, ganz leise, ganz schmächtig. Und liebenswert“. Die Nachbarn haben dann auch ein Geschenk parat: ein selbst gezeichnetes großes Bild mit Eiffelturm und sehr vielen Unterschriften.

Immer wieder bekommt Zeidler zu hören, wo seine Fans den Finallauf gesehen haben. Seine Ruderkollegen vom DRC Ingolstadt zum Beispiel im dortigen Bootshaus, wie Präsident Berthold von Großmann verrät. Inzwischen ist Zeidler zwar für Frankfurt am Start, „aber noch immer bei uns Mitglied“, betont Großmann. Seinen Olympiasieger, den ersten des Vereins, lässt er sich nicht nehmen.
Und die Oberdinger sowieso nicht. Kinder, lassen sich ihre FC-Schwaig-Trikots signieren, klatschen dann ganz lässig den doppelt so großen Hünen ab, der auch bereitwillig seine Goldmedaille anfassen lässt und mit ein bisserl stolz in der Stimme sagt: „Ganz schön schwer, oder?“
Auch Ulrike Scharf macht den Materialtest. Die Staatsministerin ist die erste der Politprominzenz, die auf dem Heigl-Hof erscheint. Später werden noch Landrat Martin Bayerstorfer und Innenminister Joachim Herrmann kommen. „Meine Schwiegertochter und mein Sohn wohnen in Oberschleißheim“, erzählt Scharf. Die Schwiegertochter sei viel gerudert und noch heute häufig an der Regattastrecke, „wenn sie laufen oder spazieren gehen.“ Sie selbst habe sich Zeidlers Finallauf natürlich angeschaut, „sogar zweimal, und dann später nochmal. Wir sind echt richtig stolz auf ihn“.
Der Satz könnte auch von Hans-Johann Färber sein, Zeidlers Opa und selbst Olympiasieger. War‘s damals leichter? „Schwer zu sagen. Die Konkurrenz war ein bisschen anders als heute. Da gab es zum Beispiel den überstarken Ostblock, gedopt natürlich.“ Dafür sei inzwischen die ganze Spitze enger zusammengerückt.

Färber denkt an Tokio 2021 zurück, als sein Enkel im Halbfinale ausschied und nah dran war, aufzuhören. Er habe ihn daran erinnert, „dass ich meine ersten Olympischen Spiele auch voll versemmelt habe. Wir galten damals in Mexiko als die ganz großen Favoriten, aber dann kam eine Lungenentzündung, eine Angina, und alles war vorbei“. Färbers Botschaft also an seinen Enkel: „Bei der ersten Olympiade musst du lernen. In Paris war dann alles wunderbar. Da war er stabiler, erfahrener. Vielleicht hat er sich das zu Herzen genommen.“
Schnellstmöglich zurück ins Boot
Heino Zeidler verrät uns noch, wie die erste Woche als Olympiasieger-Trainer war. „Man wacht jeden Tag mit einem Lächeln auf.“ Jetzt sei erst mal Pause. „Was wir dann machen, haben wir noch gar nicht besprochen.“ Sicher sei nur, dass sein Sohn in Lausanne studieren werde, wo es übrigens auch gute Rudermöglichkeiten gebe. Und natürlich müsse er kommende Woche wieder trainieren, „damit sein Kreislauf, sein Herz keinen Schaden nimmt“.
Der Olympiasieger will nach einer Woche Sportpause auch schnellstmöglich wieder ins Boot steigen. „Vielleicht schaffe ich es ja morgen schon“, sagt er. „Ich vermisse es schon, denn es macht mir ja auch weiterhin Spaß. Meine Beine sind noch relativ fit. Aber den Oberkörper muss ich auch mal wieder trainieren.“ Hört sich nicht nach einem Schlusspunkt an. „Ich würde gern weitermachen“, sagt der 28-Jährige. „Und wenn man sich dafür entscheidet, macht man das nicht für eine WM, dann geht‘s immer bis zur nächsten Olympiade.“ Jetzt gelte es, in den nächsten Wochen die entsprechenden Gespräche mit Sponsoren zu führen. „Der Plan ist klar, und nach Olympia-Gold sollte sich das auch etwas einfacher gestalten als zuvor.“
Der Schlaf ist ein bisschen zu kurz gekommen, aber ansonsten geht es mir gut.