Parlamentswahl im Iran: Kaum Hoffnung auf Veränderung

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Im Iran wird heute ein neues Parlament gewählt. Obwohl deutlich mehr Frauen antreten, ist eine Änderung in der Staatsführung kaum wahrscheinlich.

Teheran – Ohne Aussicht auf Veränderung wählt der Iran am Freitag (1. März) ein neues Parlament und den nur aus Geistlichen bestehenden sogenannten Expertenrat. Als erster gab der politische und religiöse Führer Ajatollah Ali Chamenei seine Stimme ab, wie das Staatsfernsehen berichtete. Es sind die ersten Wahlen im Iran seit den Massenprotesten nach dem Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini in Polizeigewahrsam im September 2022.

Wahlen im Iran finden im Schatten von Frauenprotesten statt

Die Sicherheitskräfte gingen bei den monatelangen Protesten unter dem Motto „Frauen, Leben, Freiheit“ massiv gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten vor. Mehrere hundert Menschen wurden getötet, Tausende verhaftet. Als wichtiges Indiz für die Stimmung im Land gilt nun die Beteiligung an der Wahl. Während im Exil lebende Oppositionelle zum Boykott aufriefen, forderte Chamenei am Freitag erneut persönlich zur Teilnahme an der Abstimmung auf. Auch die inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi rief zum Boykott auf. Das Lager der Reformpolitiker ist extrem geschwächt. Vor allem konservative Kräfte ringen um die Macht.

Rund 61 Millionen Wählerinnen und Wähler in der Islamischen Republik aufgerufen, außer dem Parlament (Madschles) auch den sogenannten Expertenrat zu wählen. Das ist ein einflussreiches Gremium islamischer Gelehrter. Dem auf acht Jahre gewählten Gremium gehören 88 schiitische Geistliche an, die im Todesfall die Nachfolge des Religionsführers bestimmen. Chamenei gilt als mächtigster Mann im Iran, der im April 85 Jahre alt wird. Nur 144 Kandidaten sind für den Rat zugelassen. Begründet wurde die geringe Zahl mit strengen theologischen Auflagen.

Iran wähl ein neues Parlament.
Ajatollah Ali Chamenei, der politische und religiöse Führer im Iran, gibt seine Stimme ab. © IMAGO/Rouzbeh Fouladi

Hälfte der Menschen im Iran gleichgültig gegenüber Wahl

Experten hatten eine niedrige Wahlbeteiligung vorausgesagt. Einer Umfrage des staatlichen Fernsehens zufolge stand mehr als die Hälfte der Bürger der Wahl gleichgültig gegenüber. Bei der Parlamentswahl im Jahr 2020 hatte die Wahlbeteiligung bei 42,57 Prozent gelegen. Dies war der niedrigste Wert seit der Islamischen Revolution 1979. Es wird erwartet, dass der Urnengang die Macht der regierenden Konservativen im Parlament festigt. Reformorientierte Kräfte können nur auf wenige Mandate hoffen, da ein Großteil ihrer Kandidaten nicht zur Wahl zugelassen wurde.

Rekord: Doppelt so viele Frauen stellen sich zur Wahl wie beim letzten Mal

Auf der Liste der rund 15.000 zugelassenen Kandidaten, die der iranische Wächterrat vor der Wahl am Freitag herausgegeben hat, stehen 1.713 Frauen. Das sind mehr als doppelt so viele Frauen wie bei der letzten Wahl im Jahr 2020. Kandidatinnen und Kandidaten gehen im Iran nicht mit Parteien ins Rennen, sondern organisieren sich über Listen. In Teheran etwa werden 30 Sitze für die Nationalversammlung gewählt, entsprechend stellen die Bündnisse jeweils 30 Kandidaten vor. In der Hauptstadt konkurrieren vor allem ein halbes Dutzend konservative Gruppen um die Vorherrschaft.

Eigentliche Macht im Iran bleibt bei Staatsführung und Revolutionswächter

Das Parlament ist Irans gesetzgebende Institution. Die eigentliche Macht konzentriert sich aber auf die Staatsführung, mit Religionsführer Chamenei an der Spitze. Auch der Präsident wird alle vier Jahre vom Volk als Regierungschef gewählt und ernennt die Minister. Daneben hat auch der Sicherheitsrat weitreichende Befugnisse. Die Revolutionswächter (IRGC), Irans Elitestreitmacht, haben in den vergangenen Jahrzehnten ihren Einfluss auf allen Ebenen ausgebaut und sind zu einem Wirtschaftsimperium aufgestiegen. (erpe/dpa/AFP)

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