Elektroauto gebraucht kaufen? Experte erklärt, welche Entwicklungen auf uns warten
Hohe Neuwagenpreise und Wertverlust schrecken Käufer ab. Doch wann lohnt es sich, ein Elektroauto gebraucht zu kaufen? Ein Experte der HUK Autowelt klärt auf.
Düsseldorf/München - Wenn es um den Autokauf geht, ist für Privatpersonen der Gebrauchtwagenmarkt die reizvollere und übliche Alternative: Rund zwei Drittel aller Pkw-Anschaffungen in Deutschland erfolgen auf diese Weise.
Dazu kommt: Neuwagen sind über die vergangenen Jahre immer teurer geworden und damit schwerer finanzierbar, insbesondere in Zeiten der Wirtschaftskrise. Bei der Suche nach einem neuen Fahrzeug drehen sich die Gedanken 2024 auch um alternative Antriebsarten, insbesondere Elektroautos.
Elektroauto gebraucht kaufen: Wertverlust und Restwert als Problemfaktor
Bedenken ruft in dieser Hinsicht jedoch der Wiederverkaufswert hervor: Berichten zufolge ist der Wertverlust gerade bei Elektroautos massiv, das hält mittlerweile - abgesehen von der weggefallenen Kaufprämie - viele potenzielle Käufer von einem Stromer ab. Wann ist ein gebrauchtes E-Auto zu kaufen eine kostengünstige Alternative, um in die E-Mobilität einzusteigen?
Tobias Ziesmer, Geschäftsführer der HUK Autowelt, erklärt im Interview den aktuellen Stand und wann seiner Meinung nach E-Autos in breiter Masse den Gebrauchtwagenmarkt bereichern.

Elektroauto als Gebrauchtwagen: Womit ein Wachstumsschub zusammenhängt
Herr Ziesmer, wie sehen Sie die mittel- bis langfristige Entwicklung von E-Autos auf dem Gebrauchtwagenmarkt?
Tobias Ziesmer: Eine genaue Prognose ist aufgrund der aktuellen Situation schwer anzustellen. Es bestehen Abhängigkeiten in Bezug auf Förderungen, dem Ausbau der Ladeinfrastruktur und möglichen politischen Änderungen auf EU-Ebene. Langfristig glaube ich persönlich, dass sich die Produkte weiterentwickeln werden. Einen deutlichen Wachstumsschub erwarte ich daher erst, wenn im mittleren und im Kleinwagen-Segment die Angebote weiter zunehmen und preislich attraktiver werden.
Gibt es hierbei Unterschiede zwischen Deutschland und dem Ausland?
Ziesmer: Auf jeden Fall! In Deutschland gibt es als klassisches Autoland mehr Skeptiker als beispielsweise in den nordischen Ländern. In Summe (Einheiten) ist der deutsche Markt aber der Absatzstärkste. Zwei wesentliche Faktoren spielen eine große Rolle: attraktive Modelle und Konditionen sowie die Ladesäuleninfrastruktur.
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Gebrauchte Elektroautos und der Restwert: „Angespannte Situation in den nächsten Jahren“
Erwarten Sie, dass Elektroautos im Hinblick auf den Restwert attraktiver werden?
Ziesmer: Auf längere Sicht würde ich das nicht ausschließen. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen und der gebremsten Nachfrage muss man jedoch die Entwicklung genau beobachten. Wir werden auf Sicht ein ausbalanciertes Marktniveau erreichen. Ich rechne jedoch in den nächsten zwei bis drei Jahren noch mit einer angespannten Situation im Bereich der Restwerte. Es wird danach dann eine Phase geben, die der von Verbrennern ähnelt.
Welchen Einfluss haben mögliche Unfallschäden auf Elektroautos, wenn es um den Wiederverkauf geht?
Ziesmer: Das kann man pauschal nicht beantworten. Dies hängt vom Umfang des Vorschadens, der Reparaturqualität und dem Angebotspreis ab. Der Austausch von Anbauteilen oder kleine Reparaturen an Stoßfängern und Kotflügeln sind ganz anders zu bewerten als massive Karosserieschäden. Erstgenannte sind aus meiner Perspektive unkritisch, wenn die Reparaturqualität auf einem sehr guten Niveau ist. Wichtig hierbei ist immer eine vernünftige und transparente Dokumentation des Vorschadens und des Ist-Zustandes.
Droht hier bei modernen (Elektro-)Fahrzeugen womöglich ein wirtschaftlicher Totalschaden, aufgrund der sensiblen, höherpreisigen Technologien?
Ziesmer: Im Prinzip gilt hier eine ähnliche Aussage und Empfehlung. Die Reparatur von vollelektrischen oder elektrifizierten Fahrzeugen ist insbesondere im Karosseriebereich umfangreicher und bedarf einer hohen Qualifikation. Hier zeigt sich am Markt, dass mehr und mehr Karosseriebetriebe sich mit entsprechendem Fachpersonal hierauf spezialisiert haben. Wenn ein Reparaturschaden von zertifizierten Fachbetrieben instand gesetzt wurde, ist davon auszugehen, dass die gesamte Hochvolt-Anlage in Ordnung ist. Folglich kann man hier ähnlich wie bei einem konventionell angetriebenen Fahrzeug durchaus zuschlagen.
Nach Berechnungen der HUK-Coburg steigt beim Autokauf nur eine kleine Minderheit der deutschen Bevölkerung auf reine Elektroautos um: Im dritten Quartal 2024 haben sich demnach 3,9 Prozent der privaten Autobesitzer bei der Anschaffung eines Wagens - neu oder gebraucht - für ein E-Auto entschieden. Der Anteil von BEV-Modellen am privaten Fahrzeugbestand sei von Juli bis September nur um 0,1 Prozent gestiegen und liegt bei insgesamt 2,9 Prozent. (PF)