Der Wertstoffhof am Heussring in Kempten schließt – in Bahnhofsnähe plant der ZAK ein modernes Zentrum für Recycling und zirkuläres Wirtschaften.
Kempten – Der Wertstoffhof am Heussring muss wegen der Erweiterung des Feneberg-Marktes in naher Zukunft schließen. Statt nur für Ersatz zu sorgen, will der ZAK in Bahnhofsnähe ein Zentrum für zirkuläres Wirtschaften errichten.
Umzug im nächsten oder übernächsten Jahr
Im Stadtrat berichtete Geschäftsführer Andreas Breuer über die schwierige Suche nach einem neuen Standort im gleichen Einzugsgebiet. Er gehe davon aus, dass der Umzug nächstes oder übernächstes Jahr stattfinden müsse, viel Zeit stehe also nicht zur Verfügung. Der ZAK wolle perspektivisch denken und eine Einrichtung für die Wertstofferfassung schaffen, die den Anforderungen in den kommenden 30 Jahren entspreche.
Das Gelände zwischen dem Hauptbahnhof und dem Baumarkt Hornbach könnte einen funktionierenden und gut erreichbaren Standort darstellen, betonte Baureferent Tim Koemstedt. Allerdings stehe man am Anfang eines Prozesses. Im Moment brauche die Verwaltung den Auftrag vom Stadtrat, mit dem ZAK zusammen in die konkrete Planung einzusteigen. Das Gremium ging diesen Schritt mit einem einstimmigen Votum mit, aber vorher gab es eine Diskussion, in der zwei kritische Fragen formuliert wurden:
Verkehrsbelastung
Im jetzigen Entwurf geht man von einer Einbahnregelung aus, die Einfahrt soll von der Bahnhofsseite erfolgen, bei der jetzigen Ausfahrt von Zulassungsstelle bzw. Hornbach könne man das Gelände verlassen. Professor Robert Schmidt (CSU) schlug vor, die Richtung zu drehen, damit die Zufahrt zum Bahnhof nicht blockiert werde. „Wir werden im Laufe der Planung den Verkehr genau anschauen, damit es auch in den Hauptstoßzeiten zu keinen Behinderungen kommt“, sicherte Koemstedt zu. Helmut Berchtold (CSU) wies darauf hin, dass der Bahnhofsvorplatz gerade als südlicher Knotenpunkt für den neuen ÖPNV in Betrieb genommen werde, später sollen auch die Regionalbusse integriert werden. Eine Verkehrsschleife auf dem Gelände sorge dafür, dass ein eventueller Rückstau nicht die öffentlichen Straßen belaste, informierte Breuer. Außerdem plane man hier sogar mit 57 Stellplätzen, und 20 weitere seien möglich. Am Heussring gebe es nur acht.
Zulassungsstelle
Um die Pläne realisieren zu können, müsste die Zulassungsstelle abgerissen und an anderer Stelle auf dem gleichen Gelände neu gebaut oder anderswohin verlegt werden, stellte Koemstedt in seinem Vortrag fest. „Wir haben eine gut funktionierende Zulassungsstelle und keine Notwendigkeit, eine neue zu bauen“, betonte Alexander Hold. Es müsse klar sein, dass der geplante Neubau für die Stadt finanziell nur ein Null-Nummern-Spiel darstellen dürfe. Die größte Gefahr, dass das Projekt an diesem Standort scheitere, stelle der Bau der neuen Zulassungsstelle dar, konstatierte Berchtold. Dies könne man im städtischen Haushalt nicht darstellen. „Das haben wir nicht im Kreuz.“ Er hätte Bauchschmerzen mit der vorgeschlagenen Lösung, weil der ZAK die Kosten auf die Bürger umlegen würde, meinte Walter Freudling (AfD).
Über den Ersatzbau, der die Stadt Kempten, aber auch den Landkreis Oberallgäu betreffe, habe man bis jetzt noch nicht konkret gesprochen, nur dass dieser hier möglich wäre, erklärte Breuer. Das Grundstück gehöre der Stadt, hob Theo Dodel-Hefele (Grüne) hervor. Aus dem Verkaufspreis oder Erbpachtzins könnte man den Bau einer neuen Zulassungsstelle locker finanzieren. Für diesen Standort spreche vor allem die Verfügbarkeit, erläuterte Wirtschaftsreferent Dr. Richard Schießl. Man nutze die Fläche momentan unterwertig. Als die Zulassungsstelle gebaut wurde, ging man beispielsweise von einem hohen Bedarf an Parkplätzen aus. Immer mehr Leute nutzten aber die Möglichkeit der digitalen Zulassung. Viele greifen auf die Dienste gewerblicher Zulasser zurück, auch deshalb blieben die meisten Parkplätze leer, ergänzte Wolfgang Meier-Müller (Grüne). Ob man beim eventuellen Abreißen und Neuerrichten das Prinzip des zirkulären Bauens mitdenke, wollte Barbara Haggenmüller (Grüne) wissen. Sie bekam nur eine allgemeine Antwort. Sie fände es nicht schön, wenn man ein 15 Jahre altes Gebäude abreißen würde, sagte Tatjana Preuß (parteilos). Er wisse aus dem Stegreif nicht, wann das Gebäude entstand, aber der Baustil deute auf die 1980er Jahre hin, antwortete Koemstedt.
Andere Standorte?
Statt die Zulassungsstelle abzureißen, brachte Dr. Dominik Spitzer (FDP) Ideen für andere mögliche Standorte in die Diskussion. Konkret nannte er das Gebiet hinter dem Autohaus Hartmann und das Edelweißgelände. Während der jahrelangen Suche hätten alle Besitzer möglicher privater Flächen abgesagt, erklärte Breuer. Am Edelweißgelände hätte man zuerst das Problem mit der Erschließung, ergänzte Schießl.
Zirkuläres Wirtschaften
„Wir öffnen jetzt die Türe für eine ganz neue Dimension“, sagte Josef Mayr (CSU). Man verwende noch viel zu oft das Wort Wertstoffhof, der werde aber nur ein Teil der Einrichtung sein. Der ZAK sei ein starker Partner für die Stadt, den man nicht bremsen sollte. Er schlug vor, gleich auch über Erweiterungsmöglichkeiten nachzudenken. Auf den Wertstoffhöfen würden „unfassbare Mengen“ von Sachen abgeliefert, die die Leute nicht mehr bräuchten, ohne dass sie wiederverwertet würden, stellte Thomas Hartmann (Grüne) fest. „So kann es in Zukunft nicht weitergehen“, stimmte ihm Oberbürgermeister Thomas Kiechle zu. Das ZAK-Kaufhaus gehe in die Richtung, die aber, auch wegen EU-Richtlinien, verstärkt werden müsse. Ob das Kaufhaus auch hierhin verlagert werde, wollte Katharina Schrader (SPD) wissen.
Mehrere fragten, was Koemstedt genau unter dem Begriff „Wertstoffhof Plus“ verstehe. Er könne dazu, was genau auf dem Gelände passiere, erst Antworten geben, wenn feststehe, wie groß und ob man wirklich hier bauen könne, gab ZAK-Geschäftsführer Breuer zur Antwort. In der Sitzungsvorlage ist konkret von einer Werkstatt, von einem Kaufhaus, von Baustoffangeboten, von Co-Working-Spaces, Räumen mit multifunktionaler Nutzung und einem Café die Rede. Berchtold brachte die Idee für die Gründung eines Lehrstuhls für zirkuläres Wirtschaften an der Hochschule ins Gespräch. Prof. Schmidt wies darauf hin, dass man dort bereits jetzt zu Themen im Bereich „Transformation und nachhaltige Entwicklung“ promovieren könne.
Hier müsse man schnell zu einer funktionierenden Lösung kommen, weil das Thema für die Bürger eine hohe Alltagsbedeutung habe, schloss der OB die Diskussion.
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