„Reicht so nicht“: Beim neuen Rentenpaket bahnt sich nächster Ampel-Zoff an
Ist das neue Rentenpaket der Ampel noch nicht in trockenen Tüchern? Denn nun werden kritische Stimme auch aus der eigenen Koalition am Rentenpaket II lauter.
Berlin – Die Kritik am neuen Rentenpaket der Ampel kommt aus allen Lagern. Opposition, Ökonomen und eine Beamtengewerkschaft hatten sich bereits skeptisch zum neuen Rentenpaket II, welches Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Christian Lindner (FDP) im Laufe des März vorgestellt hatten, geäußert.
Während der Wirtschaftsweise Martin Werding vor allem eine Gruppe sieht, die das neue Rentenpaket „am meisten belastet“, läuft die Gewerkschaft der Polizei (GdP) gegen den Aspekt Sturm, dass der SPD-Minister sich vorstellen könnte, Beamte wie in Österreich in die Rentenkasse einzahlen zu lassen. Zu allem Überfluss zeichnen sich nun offenbar auch Widerstände gegen das Rentenkonzept aus der eigenen Ampel-Koalition ab.
Neues Rentenpaket der Ampel: FDP-Politiker fordert Nachbesserungen am Rentenpaket – „Reicht so nicht“
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, fordert Nachbesserungen am Rentenpaket der Ampel-Koalition. „So, wie es sich im Moment darstellt, erfüllt das Rentenpaket nach meiner Einschätzung noch nicht die Anforderungen des Koalitionsvertrags im Hinblick auf eine generationengerechte Absicherung“, monierte Vogel bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am Donnerstag (28. März). „Das reicht so noch nicht.“ Noch stehe man ganz am Anfang des Gesetzgebungsverfahrens – es gebe damit ausreichend Gelegenheit, „das Gesamtpaket in diesem Sinne zu verbessern“.
Steht damit der Ampel der nächste Streit im Haus? Den eigenen Aussagen zufolge sieht man zwei zentrale Ansätze beim neuen Rentenpaket: Den geplanten Aufbau eines Kapitalstocks auf dem Aktienmarkt könne man „in Richtung einer echten Aktienrente nach schwedischem Vorbild forcieren“. Und man könne „ergänzende rentenpolitische Maßnahmen finden, die zu einer stabileren Finanzsituation der Umlagerente im demografischen Wandel führen“.
Kritik über FDP-Vorstoß beim neuen Rentenpaket: SPD und DGB sind echauffiert
Nach den Aussagen vom sozialpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Rosemann, zu urteilen, lehnen die Sozialdemokraten Vogels Vorstoß zu Nachbesserungen im neuen Rentenpaket strikt ab. Es sei ein elementarer Bestandteil der Verabredungen innerhalb der Koalition, dass gerade keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung genutzt werden sollen, um individuelle Anwartschaften aus einem Kapitalstock aufzubauen. „Das ist unsere Linie – nicht etwa deshalb, weil wir eine Aktienaversion hätten, sondern weil der Platz dafür in der betrieblichen Altersvorsorge ist“, so Rosemann im Handelsblatt.
Massiv in der Kritik stehen Vogels Aussagen auch beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Nach der Ansicht von Vorstandsmitglied Anja Piel sei das Rentenpaket II generationengerecht. „Die starke gesetzliche Rente ist seit Jahrzehnten ein Gewinn für alle Beschäftigten“, erklärte sie dem Handelsblatt. „Die Verabredung für ein stabiles Rentenniveau entlastet junge Generationen, sorgt für höhere Renten, verringert Absicherungslücken und sorgt für weniger privaten Vorsorgebedarf.“
Nachbesserung beim neuen Rentenpaket der Ampel: Rente mit 63 und Renteneintrittsalter im Fokus
Vogels Vorstoß zu Nachbesserungen im neuen Rentenpaket sehen vor allem Nachholbedarf bei zwei Aspekten vor. „Wir könnten uns zum Beispiel die sogenannte Rente mit 63 noch einmal anschauen“, sagte Vogel, der auch stellvertretender FDP-Vorsitzender ist, in Bezug auf das neue Rentenpaket der Ampel. Noch moderner fände er „eine echte Flexibilisierung des Renteneintrittsalters, die wegführt von der starren Regelaltersgrenze, wie wir sie bisher kennen“.
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Die Bundesregierung will das Rentenniveau stabilisieren und den erwarteten Anstieg der Rentenbeiträge abbremsen. Das Rentenniveau sagt aus, wie viel Prozent des aktuellen Durchschnittslohns jemand als Rente erhält, der exakt 45 Jahre lang immer zum Durchschnittslohn gearbeitet hat.
Rentenbeiträge sollen nicht zu stark steigen: Echte Aktienrente als Bestandteil des neuen Rentenpakets
Weil das hohe zusätzliche Milliardensummen kostet, die Rentenbeiträge aber nicht zu stark steigen sollen, soll die Finanzierung auf ein zusätzliches Standbein gestellt werden: ein Kapitalstock auf dem Aktienmarkt. Insgesamt sollen bis Mitte der 2030er-Jahre mindestens 200 Milliarden Euro angelegt werden. Aus den Erträgen sollen dann jährlich zehn Milliarden Euro an die gesetzliche Rentenversicherung fließen.
Im Wahlkampf 2021 hatte die FDP eine deutlich darüber hinausgehende „Aktienrente“ gefordert, für die Vogel nun erneut warb. Demnach soll ein Teil des Rentenbeitrags der Versicherten - langfristig zwei Prozent des Einkommens - in eine kapitalgedeckte Vorsorge gesteckt werden, aus dem sich dann individuelle Rentenansprüche der Versicherten ergeben.
Rentenpaket II der Ampel: Klare Worte gegen den Vorwurf der Aktienrente als „Casino-Rente“
Auf die Frage, ob er wirklich glaube, das nun in Verhandlungen über das Rentenpaket II mit SPD und Grünen durchsetzen zu können, sagte er: „Es ist jedenfalls der einzige Vorschlag, der – zusammen mit genug Fachkräfteeinwanderung nach dem Vorbild Kanadas – die Rentenfinanzen nachweislich dauerhaft stabilisiert und dafür sorgt, dass das Rentenniveau langfristig auch wieder steigt.“ Die politische Linke müsse „ihre Aktien-Aversion“ ablegen. „Schweden und Norwegen haben ähnliche Systeme und stehen bestimmt nicht für Zockermentalität.“
Vor allem Sahra Wagenknecht, die bereits an der Rentenerhöhung 2024 kein gutes Haar ließ, hatte ihren Unmut über die Aktienrente geäußert. Die Bundestagsabgeordnete und Chefin des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) hatte diese als „Casino-Rente“ bezeichnet. Doch trotz der Kritik ist die FDP vielleicht sogar bereit, beim neuen Rentenpaket den nächsten Ampel-Streit heraufzubeschwören. „Wir stellen uns auf harte Diskussionen mit unseren Koalitionspartnern ein. Aber das sind wir den nachfolgenden Generationen schuldig“, erklärte der sozialpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Pascal Kober, dem Handelsblatt.