Rentenpaket II: Ampel geht mit Aktienrente ins Risiko – auf Kosten der Beitragszahler

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Die Ampel-Regierung hat ihr lang erwartetes Rentenpaket II verkündet. Zentraler Baustein ist das Generationenkapital - eine Art Aktienrente. Daran gibt es viel Kritik. Ist die berechtigt?

Berlin – Die Ampel will die gesetzliche Rente mit einer Reform der Finanzierungswege auf solidere Beine stellen. Dazu stellten am Dienstag (5. März) Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) das Rentenpaket II vor, dessen zentraler Baustein das Generationenkapital ist. Dadurch soll die Rentenkasse in den 2030er Jahren mit einer Rendite aus dem Kapitalmarkt aufgestockt werden, um so Beitragszahler zu entlasten. Das ist zumindest die Idee – ob der Plan aufgeht, steht auf einem anderen Papier.

Rentenpaket II: So soll die Aktienrente funktionieren

Die „Aktienrente“ der Bundesregierung ist eigentlich keine wirkliche Aktienrente, auch wenn sie oft so genannt wird. Die FDP hatte sich eigentlich gewünscht, dass die Beiträge, die Arbeitnehmer in die Rentenkasse jeden Monat einzahlen, direkt auf dem Kapitalmarkt angelegt werden, zumindest in Teilen. Vorbild sollte Schweden sein: Dort werden 2,5 Prozent der Beiträge in Aktien angelegt. Die Schweden dürfen dabei entscheiden, ob sie ihre Beiträge privat anlegen oder in den staatlich geführten Fonds kippen.

Dieses Modell wurde für Deutschland aber abgelehnt. Stattdessen macht jetzt der Staat neue Schulden und legt 12 Milliarden Euro am Kapitalmarkt an, idealerweise wird dieser Kapitalstock jährlich aufgefüllt. Am Ende sollen 200 Milliarden Euro für die Rentenkasse zur Verfügung stehen. Die Ampel rechnet mit Renditen von acht Prozent, basierend auf vergangene Entwicklungen am Aktienmarkt. Ab Mitte der 2030er Jahre soll dieses Geld, inklusive Rendite von hoffentlich rund acht Prozent, der Rentenversicherung zugutekommen. Das heißt, ab dann hat die Rentenkasse eine zusätzliche Einnahmequelle: neben den Beiträgen der Arbeitnehmer und dem Zuschuss der Bundesregierung dann noch das Geld aus dem Kapitalmarkt.

Christian Lindner (FDP) und Hubertus Heil (SPD) haben das Rentenpaket II vorgestellt.
Christian Lindner (FDP) und Hubertus Heil (SPD) haben das Rentenpaket II vorgestellt. © Michael Kappeler/dpa

Doch es gibt einen ganz großen Haken an der Geschichte, der von Kritikern sofort erkannt wurde: Was, wenn sich der Aktienmarkt nicht so entwickelt, wie die Bundesregierung hofft? Im schlimmsten Fall macht der Staat mit seiner Investition am Ende einen Verlust – dann hätte die Rentenversicherung weniger Geld, als jetzt investiert wurde.

Ampel-Rente ist ein Risiko - Beitragszahler müssten Verluste ausbaden

Es ist also durchaus ein Risiko. Dieses Risiko würde kleiner ausfallen, wenn Deutschland schon früher mit einer Aktienrente gestartet hätte. Denn im Grunde macht die Regierung nichts anderes als das, was viel Sparer und Sparerinnen tun: Geld langfristig und breit gestreut anlegen. Allerdings warnen Finanzexperten immer wieder: Anlegen ist erst dann richtig sinnvoll, wenn man es über einen längeren Zeitraum tut. Dann ist es auch nicht schlimm, wenn es mal schlechter an der Börse läuft – wer 15 oder 20 Jahre anlegt, wird früher oder später auch in einen Boom kommen, wo es gut läuft und die Renditen hoch sind.

Das tut die Bundesregierung jetzt aber nicht. Sie legt das Geld für maximal zehn Jahre an. Experten erwarten frühestens nach 15 Jahren eine positive Rendite – wenn sich die Dinge an der Börse so entwickeln, wie man es aus der Vergangenheit gewohnt ist. Wenn das am Ende nicht klappt, dann werden die Arbeitnehmer in den 2030er Jahren für den Verlust aufkommen müssen, indem die Beiträge erhöht werden.

Rentenversicherung äußert Kritik an dem Ampel-Plan

Entsprechend negativ reagiert am Morgen nach der Vorstellung des Rentenpakets auch die Vorsitzende der Rentenversicherung, Gundula Roßbach, auf die Pläne. „Ob mit dem Generationenkapital der Beitragssatz stabilisiert werden kann, hängt davon ab, ob die Erwartungen im Hinblick auf die Kapitalerträge erfüllt werden“, sagte Roßbach.

In einer Stellungnahme gab die Rentenversicherung zu bedenken, dass der Beitrag aus dem Kapitalstock auch von der Finanzmarkt-Entwicklung und den Refinanzierungskosten der Bundesanleihen abhänge. Ein nennenswerter Kapitalaufbau und damit auch eine spürbare Entlastung sei bei dem relativ kurzen Zeithorizont „kaum zu erwarten“, so die Rentenversicherung. „Selbst dann nicht, wenn die mit Börsengeschäften üblicherweise verbundenen Risiken ausgeblendet werden.“ Diese Risiken dürften nicht von den Beitragszahlern getragen werden.

Die Rentenversicherung warnte: „Sollten die nach dem Entwurf geplanten Zahlungen an die Rentenversicherung aus den Kapitalerträgen ab 2036 nicht geleistet werden können, müssen die Beitragszahlenden dies zusätzlich ausgleichen.“ Weder direkt noch indirekt dürften für das Generationenkapital Beitragsmittel verwendet werden.

Ökonomen: Ampel braucht deutlich mehr Geld

Das ganze System könnte aber auch aufgehen. Dann hätte die Rentenkasse tatsächlich eine zusätzliche Einnahmequelle, um die Renten der geburtenstarken Jahrgänge zu finanzieren und ihnen eine gerechte Rente auszuzahlen. Das Rentenniveau soll nämlich auch bis ins Jahr 2039 bei 48 Prozent des Durchschnittslohns sein.

Doch auch in diesem Best-Case-Szenario sagen Experten: Das Geld reicht nie und nimmer. Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) sagte, er stehe dem Vorhaben „absolut kritisch“ gegenüber. Das „Generationenkapital“ könne nur bei sehr hohen Summen für die Rentenfinanzen einen Unterschied machen: „Will man Einnahmen der Rentenversicherung im Umfang von einem Beitragssatzpunkt ersetzen - 2023 waren das nach aktuellen Angaben der Rentenversicherung 18 Milliarden Euro - bräuchte man je nach Rendite einen Kapitalstock von 400 bis 500 Milliarden Euro“, rechnet er vor. Also mindestens das Doppelte dessen, was die Ampel jetzt plant.

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