Lehrer, Polizisten, Staatsdiener – was droht AfD-Beamten? Bayern prescht vor
Der Verfassungsschutz sendet mit seiner Einstufung der AfD Schockwellen durch die Republik. Den Mitgliedern der Partei könnten Konsequenzen drohen.
München – Nancy Faeser ging mit einem großen Versprechen in den hessischen Landtagswahlkampf: Sollte sie Ministerpräsidentin werden, würde sie verhindern, dass Björn Höcke – AfD-Rechtsaußen und beurlaubter Oberstudienrat – wieder als Lehrer arbeiten darf. Es kam anders, Faeser verlor die Wahl und blieb als Ministerin in Berlin. Kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit holt sie die Frage nach AfD-Mitgliedern im Staatsdienst aber wieder ein.
Die scheidende SPD-Innenministerin verkündete am Freitag, dass der Verfassungsschutz die AfD nunmehr als „gesichert rechtsextremistisch“ einstuft. Das hat Folgen für die Bundespartei und womöglich für jenen Teil der AfD-Mitglieder, die als Polizisten, Lehrer oder in der Verwaltung arbeiten. Müssen sie künftig sogar um ihren Job fürchten?
Einstufung der AfD als rechtsextremistisch könnte Probleme für Mitglieder bedeuten
Hessen und Bayern haben jedenfalls angedeutet, dass die Hochstufung der AfD ihre verbeamteten Mitglieder in Schwierigkeiten bringen könnte. „Mitarbeiter der Polizei, in der Verwaltung und besonders in unseren Schulen müssen die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dem Münchener Merkur von Ippen.Media. Das Landesamt für Verfassungsschutz werde das 1100 Seiten starke Gutachten der Bundesbehörde nun „genau analysieren“. Dann werde „auch genau zu prüfen sein, ob die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch mit einer Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst vereinbar ist“. Er kündigte an, das Thema in der Staatsregierung und bei der Innenministerkonferenz Mitte Juni besprechen zu wollen. Ähnlich äußerte sich Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU).
Mitarbeiter der Polizei, in der Verwaltung und besonders in unseren Schulen müssen die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten.
Der Konflikt ist offensichtlich, denn für Beamte gelten andere Regeln als für andere Arbeitnehmer. Sie sind qua Grundgesetz zur Verfassungstreue verpflichtet. Die Mitgliedschaft in einer rechtsextremen Partei kann zumindest Zweifel daran wecken. So sieht es auch der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter. Dem „Handelsblatt“ sagte er, „im Einzelfall“ müsse „eine Entlassung aus dem Dienst erfolgen“.
AfD-Mitglied und Beamter? Einzelfälle sollen geprüft werden
Die Betonung liegt hier auf „Einzelfall“. NRW-Innenminister Herbert Reul warnte am Wochenende vor Schnellschüssen. „Man muss, wenn man jemanden aus dem öffentlichen Dienst entfernen will, nachweisen, dass genau diese Person ihre Treuepflicht gegenüber dem Staat verletzt hat.“ Er plädierte für Vorsicht und fügte hinzu: „Und da ist eine Mitgliedschaft in einer Organisation ein Grund – aber ob das ausreicht? Glaube ich nicht, das wird man sehen.“
In Thüringen, wo der AfD-Landesverband seit 2021 als gesichert rechtsextremistisch gilt, hat man schon Erfahrung mit dem Thema. Damals seien alle Beamten schriftlich belehrt worden, dass ein Engagement in der Partei disziplinarrechtliche Folgen haben könne, sagte Innenminister Georg Maier (SPD). Einzelfallprüfungen gibt es auch für angehende Beamte. Anfang des Jahres etwa erteilte das bayerische Kultusministerium der linken Aktivistin Lisa Pöttinger ein Berufsverbot als Lehrerin.
AfD-Einstufung des Verfassungsschutzes sendet Schockwellen aus
Die Neueinstufung der AfD ist in der Sache wenig überraschend, hat aber trotzdem Schockwellen ausgelöst. Die Debatte über ein mögliches Parteiverbot ist neu entbrannt; auch die Frage, ob der AfD die Parteienfinanzierung gestrichen werden könnte, steht im Raum. Manche fordern, der Partei, die die zweitstärkste Fraktion im Bundestag stellt, nun Ausschussvorsitze vorzuenthalten.

Der Verfassungsschutz spricht in seinem Gutachten von einer „die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei“. Sie teile Bürger in Menschen erster und zweiter Klasse ein und arbeite gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Die AfD hatte mit scharfer Kritik an der Behörde reagiert und angekündigt, sich juristisch wehren zu wollen.
Daneben schimpfte auch BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht über das Gutachten und beklagte einen „autoritären Umbau“ der Gesellschaft. Ungarns rechtsnationaler Regierungschef Viktor Orbán sicherte der AfD seine Unterstützung zu, US-Außenminister Marco Rubio schrieb gar von einer „verkannten Tyrannei“ in Deutschland. (mmä/dpa/afp)