Kann man diesen italienischen Supervulkan stoppen? US-Forschern gelingt spektakulärer Durchbruch

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Das Vulkanfeld Solfatara in der Kleinstadt Pozzuoli im Westen der italienischen Millionenmetropole Neapel. Das Gebiet gehört zum Supervulkan Campi Flegrei, wo Experten nach einer Serie von Erdbeben Schlimmeres befürchten. © Christoph Sator/dpa

Ein Supervulkan in Italien schläft einen tückischen Schlaf. Amerikanischer Forscher wollen herausgefunden haben, wie man ihn am Erwachen hindern kann.

Neapel / Stanford – Ein Supervulkan in Italien: Bei diesen Begriffen liegt der Gedanke an Pompeji nahe. Der Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. führte zum Untergang der Stadt im römischen Reich. Pompeji wurde zum Synonym für einen katastrophalen Vulkanausbruch und in zahlreichen Geschichten und Filmen zum Mythos.

Und weiterhin droht am Mittelmeer seismische Gefahr: Der Vesuv ist ebenso wie der Ätna ein aktiver Vulkan, und sie sind nicht die einzigen. Auch der Supervulkan Campi Flegrei bei Neapel birgt eine ständige Gefahr, obwohl er im Gegensatz zu den beiden anderen als schlafend gilt. Dabei soll es bleiben – und amerikanische Forscher wollen nun herausgefunden haben, wie man genau das erreichen kann. Auch der Yellowstone-Supervulkan wurde vor Kurzem entschlüsselt.

Können die Forscher durch ihre Arbeit ein zweites Pompeji verhindern?

Überraschenderweise steht dabei nicht Magma, sondern Wasser im Fokus: Ein zweites Pompeji soll dabei durch einen besonderen Fokus auf den Grundwasserdruck verhindert werden. Durch die bewusste Steuerung des Wasserflusses könnte das seismische Risiko in der Region verringert werden, haben die Wissenschaftler errechnet.

Zwar schläft der Campi Flegrei, zu Deutsch Phlegräische Felder, doch inaktiv ist die Region um ihn ganz und gar nicht. Seit 2022 erlebt Süditalien zunehmend heftige Erdbebenschwärme, die Hunderttausende Menschen in Gefahr bringen. Die Behörden halten ihre Evakuierungspläne und Strategien zur Katastrophenhilfe auf dem Laufenden, doch durch die Forscher aus Kalifornien könnte sich die Bedrohungslage möglicherweise entspannen. Sie wollen durch die Steuerung des Oberflächenwasserabflusses oder die Absenkung des Grundwasserspiegels den Flüssigkeitsdruck im geothermischen Reservoir senken.

In den Achtzigern und kürzlich hatte der Campi Flegrei Unruhephasen

Anhand von Untergrundaufnahmen und Laborexperimenten haben Wissenschaftler der Stanford University gezeigt, dass der Druck von eingeschlossenem Wasser und Dampf unter Campi Flegrei Erdbeben auslösen kann, wenn das Deckgestein, die Oberflächenschicht, versiegelt wird. Die in Science Advances veröffentlichte Studie ergab, dass dieser Druckaufbau sowohl in den frühen 1980er Jahren als auch in den letzten 15 Jahren für seismische Aktivitäten und Bodenverformungen verantwortlich war.

Die Ergebnisse sind bahnbrechend, denn bisher nahm man an, die Erdbeben in der Region würden durch Magma oder Gas verursacht, das aus tieferen Schmelzzonen an die Oberfläche steigt. Stattdessen zeigt die Studie, wie sich die allmähliche Wasserzufuhr in das Reservoir im Laufe der Zeit auf Landverformungen und Höhenänderungen auswirkt.

„Um das Problem zu lösen, können wir Oberflächenabfluss und Wasserfluss steuern oder sogar den Druck durch die Entnahme von Flüssigkeiten aus Brunnen reduzieren“, sagte Studienautorin Tiziana Vanorio, außerordentliche Professorin für Erd- und Planetenwissenschaften an der Stanford Doerr School of Sustainability. Die Forscher schauten sich besonders die Daten aus den Unruhephasen zwischen 1982 und 1984 und 2011 bis 2024 an. Das typische Rumpeln der Unruhe soll laut der Experten auf dampfgetriebene Explosionen hindeuten.

„Atmendes“ Land am Campi Flegrei bei Neapel: Große Erdbebengefahr

„Wir haben ein Phänomen untersucht, das Jahrzehnte auseinanderliegt, aber es gibt tiefgreifende Ähnlichkeiten in der Bildgebung, die nicht nur auf ein zyklisches Muster des Phänomens, sondern auch auf eine gemeinsame Ursache hinweisen“, sagte Co-Autorin Grazia De Landro, Forscherin an der Universität Neapel Federico II, Italien, und Gastwissenschaftlerin in Stanford. „Daher entstand die Idee, zusammenzuarbeiten, insbesondere im Bereich der Gesteinsphysik. Nur mithilfe der Gesteinsphysik lassen sich quantitative Aussagen über die Abbildung des Untergrunds treffen.“

In den Achtzigern etwa stieg das Land um mehr als 1,80 Meter und der Hafen von Pozzuoli wurde so flach, dass Schiffe nicht mehr anlegen konnten. Ein Erdbeben der Stärke 4 und Tausende von Mikrobeben führten daraufhin zur Evakuierung von 40.000 Menschen. Die riesige Senke der Phlegräischen Felder hebt und senkt sich ständig. Die Bewohner nennen es „atmendes“ Land. „Wir wissen, dass die jährlichen Niederschlagsschwankungen in den letzten 24 Jahren zugenommen haben. Daher muss der Grundwasserspiegel im Untergrund überwacht oder die direkte Ableitung des abfließenden Wassers sichergestellt werden“, fügte Vanorio hinzu.

Vulkan bei Neapel funktioniert wie eine Espressomaschine

Die Forscher bauten sich ihren eigenen Mini-Vulkan, um ihre Theorien zu überprüfen. Um die Eigenschaften des Deckgesteins zu testen, führten die Studienautoren Experimente mit einem hydrothermalen Gefäß durch, das wie ein vielen Italienern bekanntes Gerät funktioniert: eine Mokkakanne oder Espressomaschine. Sie füllten die untere Kammer mit Sole und die obere mit Vulkanasche und zerkleinertem Gestein, wie es für die Phlegräischen Felder typisch ist. Anschließend erhitzten sie das Gefäß auf die Temperatur des geothermischen Reservoirs. Innerhalb eines Tages bildeten sich Mineralfasern, und Risse in der Gesteinsschicht schlossen sich durch Zementierung rasch.

Trümmerhagel, die tödlich hätten enden können, gingen beim Erdbeben auf Straßen und Autos nieder.
Trümmerhagel, die tödlich hätten enden können, gingen bei einem Erdbeben um den Campi Flegrei auf Straßen und Autos nieder. © Antonio Balasco/LiveMedia/Imago

Dadurch entsteht ein geschlossenes System, in dem sich Flüssigkeitsdruck aufbauen kann, bis das umgebende Gestein bricht. Brüche durch Erdbeben führen zu einem plötzlichen Abfall des Flüssigkeitsdrucks, da flüssiges Wasser blitzartig verdampft und entweicht. „Dadurch entstehen explosive Explosionen und dröhnende Geräusche, die für die Region typisch sind“, sagte Vanorio. Die Forscherin nennt dies den „perfekten Sturm der Geologie – alle Zutaten für den Sturm sind vorhanden: der Brenner des Systems – das geschmolzene Magma, der Brennstoff im geothermischen Reservoir und der Deckel“.

Und wie kann man den Vulkan nun stoppen? Wie kann man ein zweites Pompeji verhindern? Man könne laut Vanorio zwar nicht auf den Brenner einwirken, „aber wir haben die Macht, den Brennstoff zu kontrollieren. Durch die Wiederherstellung von Wasserkanälen, die Überwachung des Grundwassers und die Steuerung des Reservoirdrucks können wir die Geowissenschaften zu einem proaktiveren Ansatz bewegen – ähnlich der präventiven Gesundheitsfürsorge –, um Risiken frühzeitig zu erkennen und Unruhen zu verhindern, bevor sie entstehen.“ (cgsc)

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