Kritik an US-Raketen in Deutschland – Grüne fordern Erklärung von Scholz
US-Langstreckenraketen sollen in Deutschland stationiert werden. Die Grünen kritisieren Scholz für die „spärliche“ Thematisierung der „tatsächliche Bedrohungslage“.
Berlin – Es ist das erste Mal seit Ende des Kalten Krieges, dass die USA wieder Langstreckenwaffen in Deutschland stationieren will. Die Stationierung von Marschflugkörpern und Überschallwaffen verkündeten die Bundesregierung und die USA bei dem Nato-Gipfel in Washington am Donnerstag (11. Juli). Beim Nato-Gipfel geht es unter anderem um die Sicherheit der Bündnis-Staaten.
Während einige den deutsch-amerikanischen Beschluss bereits als Durchbruch bewerten, äußerten sich die Grünen zurückhaltender und mit Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, verlangte von Scholz eine Erklärung zum Hintergrund der geplanten Stationierung der weitreichenden US-Waffen in Deutschland.
US-Langstreckenraketen ab 2026 in Deutschland: Grüne kritisieren Kanzler Scholz
Nanni sagte über die deutsch-amerikanische Vereinbarung: „Diese weitreichende Entscheidung steht im Kontrast zur aktuellen Haushaltseinigung und zur vergleichsweise zurückhaltenden Kommunikation über den Ernst der Lage durch Olaf Scholz selbst.“ Auch die finanziellen Konsequenzen der Entscheidung mit Washington müssten geklärt werden, forderte die Sprecherin der Grünen-Fraktion.
Abschreckung Russlands: USA stationieren Marschflugkörper in Deutschland
Für eine stärkere militärische Abschreckung zum Schutz der Nato-Partner in Europa wollen die USA in Deutschland von 2026 an zeitweise Marschflugkörper vom Typ Tomahawk und andere weitreichende Waffen stationieren. Die Raketen haben eine Reichweite von mehr als 2.000 Kilometern.
Damit könnten die Marschflugkörper vom Typ Tomahawk oder SM-6 weit in gegnerisches Gebiet eindringen und wichtige Ziele zu zerstören. Bei der Vereinbarung zwischen den USA und Deutschland geht es um die Abschreckung gegen Russland.
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Grüne und Linke kritisieren Scholz Vorgehen: „Kann Ängste verstärken und lässt Raum für Desinformation“
Die Grünen-Politikerin erklärte, es irritiere, dass Scholz sich zu der Ankündigung am Rande des Nato-Gipfels noch nicht geäußert habe. „Es kann sogar Ängste verstärken und lässt Raum für Desinformation und Verhetzung“, sagte Nanni der Rheinischen Post. Sie beklagte auch, dass Scholz bisher nur „spärlich die tatsächliche Bedrohungslage der Nato thematisiert“ habe.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende, Katharina Dröge, äußerte sich angesichts der zunehmenden Aufrüstung ähnlich. Scholz müsse, so Dröge, „Fragen öffentlich erklären und beantworten“. Sie fügte hinzu: „Dafür trägt er aus meiner Sicht die Verantwortung.“ In einer Sendung von RTL/ntv erklärte Dröge, es sei nachvollziehbar, dass sich viele Menschen deswegen Sorgen machten.
Kritik äußerten auch die Linken. „Ich finde diese Entscheidung höchst problematisch, weil die Aufrüstungsspirale unter der Überschrift Abschreckung weitergedreht wird“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, gegenüber der Rheinischen Post.
SPD äußert sich positiv zu Vereinbarung über US-Raketen: „notwendiger Schritt zur Abschreckung Russlands“
Die SPD scheint die Vereinbarung positiv zu bewerten. Der außenpolitische Sprecher der SPD, Nils Schmid, nannte die Stationierung gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters „einen notwendigen Schritt zur Abschreckung Russlands“. Russland reagierte auf die deutsch-amerikanische Vereinbarung bereits mit einer Drohung.
„Wir werden, ohne Nerven oder Emotionen zu zeigen, eine vor allem militärische Antwort darauf ausarbeiten“, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge in St. Petersburg. Details nannte er nicht.
Pistorius sieht in Vereinbarung mit USA über Stationierung von Raketen „Auftrag“ für Deutschland
Verteidigungsminister Boris Pistorius leitet aus der Vereinbarung einen „Auftrag“ für Deutschland ab. Da die Langstreckenwaffen „nur auf Rotationsbasis nach Deutschland kommen“ sei damit „ganz klar die Erwartung der USA verbunden, dass wir selber investieren in die Entwicklung und Beschaffung von derartigen Abstandswaffen“, sagte Pistorius am Donnerstag im Deutschlandfunk. (dpa/pav)