„Spielverderber“ Orbán geht bei Nato-Gipfel auf Konfrontationskurs – Treffen mit Trump geplant

  1. Startseite
  2. Politik

KommentareDrucken

Ungarns Präsident sorgt auf dem Nato-Gipfel für Unruhe. Orbán inszeniert sich als Friedenskämpfer – und hofft dabei wohl auf eine Rückkehr von Trump.

Washington, D.C. – Viktor Orbán ist auf Konfrontationskurs. Am 1. Juli hat Ungarn turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft bis Ende des Jahres übernommen. Staatschef Orbán fackelte nicht lange und reiste noch in der ersten Woche nach Moskau und Peking – wenn auch ohne EU-Mandat.

Wenige Tage bevor die Nato-Staaten auf dem Gipfel in Washington Einheit demonstrieren wollten, wagte Orbán seinen Alleingang und sprach mit Russlands Präsident Wladimir Putin über den Ukraine-Krieg. Auf dem Treffen des Verteidigungsbündnisses knüpft Orbán an seinen Kurs an. Statt mit dem amtierenden US-Präsidenten trifft er sich lieber mit Donald Trump und sorgt auch sonst für Aufsehen.

Orbán wird auf Nato-Gipfel zum „Spielverderber“ – Vermittler zwischen Putin und Trump?

„Wenn es beim sorgfältig kuratierten Nato-Gipfel dieser Woche einen Spielverderber gab, dann ist es Viktor Orbán“, schreibt der britische Guardian mit Blick auf den ungarischen Präsidenten. Wie das Portal aus Quellen aus dem Orbán-Umfeld erfahren haben will, plant der 61-Jährige, noch am Donnerstag (11. Juli) nach Florida zu fliegen und sich dort mit Trump in dessen Anwesen Mar-a-Lago zu treffen.

Ungarns Präsident Viktor Orbán (r.) reist nach dem Nato-Gipfel zu einem Treffen mit Donald Trump nach Florida. © Montage: Rebecca Blackwell/Mark Schiefelbein/dpa

Es liegt nahe, dass es bei dem Treffen um Orbáns jüngste Reisen nach Kiew und Moskau gehen soll. „Der Besuch dürfte die Befürchtungen verstärken, dass der ungarische Präsident als Vermittler zwischen Putin und Trump fungiert“, schrieb das Portal Bloomberg über das geplante Treffen. Trump lag in den jüngsten Umfragen zur US-Wahl im Herbst deutlich vor Amtsinhaber Biden und kann sich realistische Chancen auf eine Rückkehr ins Weiße Haus ausrechnen.

Kein Interesse an Gespräch mit Biden – Orbán trifft sich nach Nato-Gipfel mit Trump

Der Besuch ist ein weiteres klares Bekenntnis von Orbán zu Trump. Bereits im März dieses Jahres war der ungarische Präsident nach Florida gereist und hatte Trump als einen „Mann von Ehre“ bezeichnet. Zwischen Biden und Orbán gab es derweil kein einziges offizielles Treffen in den vergangenen vier Jahren. Auch beim Nato-Gipfel in Washington – bei dem Biden als Gastgeber agierte – soll es nicht zu bilateralen Gesprächen zwischen den beiden Staatschefs gekommen sein.

Die Ablehnung eines Gesprächs könnte dabei auf Gegenseitigkeit beruhen. „Biden ist möglicherweise nicht daran interessiert, Orbán zu würdigen und ihn nach seinem Auftritt in Moskau und Peking zu belohnen“, sagte Daniel Hegedüs vom Thinktank „The German Marshall Fund“ dem Guardian.

Orbán will im Ukraine-Krieg vermitteln – Ungarn hofft auf Trump-Rückkehr

Orbáns Stabschef Gergely Gulyás sagte bereits am Montag mit Blick auf ein mögliches Treffen mit Trump: „Es lohnt sich, Menschen zu treffen, die sich für Frieden interessieren.“ Orbán versucht offenbar, sich während der halbjährigen Ratspräsidentschaft Ungarns als Kämpfer für den Frieden zu inszenieren. Der ungarische Präsident hatte sich neben Putin auch für Gespräche mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen, um auf ein Ende des Kriegs hinzuarbeiten. Selenskyj hatte direkte Gespräche in den vergangenen Monaten stets ausgeschlossen.

Bei den Bemühungen hofft Ungarn wohl auf die Unterstützung der USA unter einer erneuten Trump-Administration. „Ich denke, es muss ein sehr starker externer Impuls stattfinden, um sie zumindest zu Verhandlungen zu bewege“, sagte Ungarns Außenminister Péter Szijjártó der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch (10. Juli). „Wer hat in der kommenden Zeit die Chance dazu? Das ist nur Präsident Trump, wenn er gewählt wird.“

Ungarn torpediert Nato-Gipfel – Orban stellt sich bei Beschlüssen quer

Trump hatte seit der russischen Invasion in der Ostukraine wiederholt behauptet, dass er den Ukraine-Krieg in 24 Stunden beenden könnte, sollte er wieder zum US-Präsident gewählt werden. Der designierte Präsidentschaftskandidat der Republikaner habe Orbán jedoch nicht darum gebeten, Friedensgespräche durch seine Reisen nach Moskau und Kiew vorzubereiten. Das sagte eine mit dem Treffen am Donnerstag vertraute Quelle dem Portal Bloomberg.

Orbáns Positionen stachen bei dem Nato-Gipfel auch inhaltlich heraus. Ungarn hatte sich als Teil einer kleinen Gruppe von Nato-Mitgliedern gegen eine jährliche Finanzierungszusage für die Ukraine ausgesprochen – ein Vorschlag des scheidenden Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg. Ebenso hatte sich Orbán dagegen ausgesprochen, den Beitritt der Ukraine zur Nato im Kommuniqué des Gipfels als „unwiderruflich“ zu bezeichnen.

Orbán auf Friedensmission – Ungarns Staatschef will weitere Gespräche führen

Trotz breiter Kritik an Orbáns Reise nach Moskau hatte der ungarische Präsident in einem Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel angekündigt, seine Bemühungen nicht aufgeben zu wollen. „Ich werde meine Gespräche zur Klärung der Friedensmöglichkeiten nächste Woche fortsetzen“, schrieb Orbán. Ein erster Schritt könnte die Reise nach Florida und das Treffen mit Donald Trump sein. (fd)

Auch interessant

Kommentare