Hochwasserschutz: Großes Rückhaltebecken im Süden von Peiting
Entscheidung zum Hochwasserschutz: Im Süden von Peiting entsteht beidseits der Peitnach ein Rückhaltebecken, das 205.000 Kubikmeter aufnehmen kann.
Peiting – Zehn Jahre ist es her, dass sich der Gemeinderat erstmalig mit dem Thema Hochwasserschutz entlang der Peitnach befasste; jetzt ist zu dem Millionenprojekt eine politische Entscheidung gefasst worden. Mit der großen Mehrheit von 19:3 Stimmen waren die Räte dafür, im Süden der Ortschaft beidseits der Peitnach ein Rückhaltebecken zu errichten, das 205.000 Kubikmeter aufnehmen kann.
Die drei Gegenstimmen kamen von Josef Sellmaier und Andreas Barnsteiner (beide Bürgervereinigung) sowie von Alfred Jocher (Peitinger Unabhängige). Sie waren nach wie vor für ein Konzept, das mehrere dezentrale Aufstauflächen im Oberlauf der Peitnach vorsieht.
Bis es zur Verwirklichung des Rückhaltebeckens mit zusätzlichen Schutzmaßnahmen im Ortsbereich kommt, wird noch viel Wasser die Peitnach hinunterfließen. Der nächste Schritt ist, wie Christian Hack vom Marktbauamt am Mittwoch gegenüber dem Kreisboten schilderte, die Ausschreibung der Ingenieursleistung für die Entwurfsplanung. Der Markt Peiting werde das Verfahren mit Unterstützung des Kommunalen Zweckverbandes Oberland „zeitnah angehen, um da voranzukommen“. Mindestens drei Planungsbüros müssten beteiligt werden.
Peitinger Hochwasserschutz: So geht es weiter
Was bisher – ausgearbeitet vom Büro Steinbacher-Consult aus Neusäß – vorliegt, ist ein grobes Konzept. Mit der Entwurfsplanung beginnt das eigentliche Verfahren beim Landratsamt Weilheim-Schongau. Dazu gehören öffentliche Auslegung, Bekanntmachung und Anhörung. Dafür ist ein Zeitraum zwischen einem bis zu zwei Jahren anzusetzen. Das ist abhängig von Faktoren wie der Baugrunduntersuchung und dem Naturschutz.
Es schließen sich eventuell Einwände, Genehmigung, Auflagen, die Ausführungsplanung und einiges mehr bis zu den Grundstücksverhandlungen an, „so dass im optimalen Fall mit einer Verfahrensdauer von mindestens fünf Jahren gerechnet werden muss“, heißt es in der Beschlussvorlage. Im Juli wurden die Grundeigentümer, die möglicherweise betroffen sind, informiert. Die verschiedenen Varianten – es waren neun an der Zahl – wurden damals genauso vorgestellt wie jetzt den Gemeinderäten und den Besuchern in der öffentlichen Sitzung.
Bürgermeister Peter Ostenrieder blickte zurück, dass im Juni 2014 der Hochwasserschutz erstmals im Marktgemeinderat behandelt wurde. Damals sei ein Hochwasserrückhaltebecken vor Kurzenried – in Höhe des Weilers Lamprecht – favorisiert worden. Diese vom Büro Steinbacher-Consult vorgeschlagene Lösung sei jedoch aus Gründen wie Eigentumsverhältnissen und Kosten nicht weiterverfolgt worden.
2021 wurde das Thema erneut aufgegriffen. In einer Klausur im Mai 2022 wurden acht mögliche Varianten durch das beauftragte Büro vorgestellt. Dazu wurde u.a. eine Rückhaltemöglichkeit am südlichen Ortsrand vorgeschlagen. Um ein einziges, riesiges Rückhaltebecken zu vermeiden, sollte das Planungsbüro zusätzlich dezentrale Maßnahmen im Bereich der Vorgewässer prüfen, die der Peitnach im Oberlauf zufließen. Das Ergebnis des umfangreichen Planungsauftrages wurde im März 2023 den Marktgemeinderäten präsentiert – damals freilich noch hinter verschlossenen Türen.
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Dem Wasserwirtschatsamt Weilheim wurden zwei Rückhaltevarianten vorgestellt. Doch die Behörde erklärte im Sommer 2023, dass die Variante mit dem Rückhaltebecken südlich von Kurzenried kritisch bewertet wird. Diese befindet sich im Trinkwasserschutzgebiet; bei Hochwasser sei eine Gefahr für das Peitinger Trinkwasser gegeben. Dazu sagte Martin Mühlegger vom Landratsamt in Schongau, auch in der äußeren Schutzzone III dürfe kein Hochwasser eingeschwemmt werden. Trinkwasser sei „das höchste Gut“.
Rückhaltebecken bei Peiting: Acht Meter Dammhöhe, elf Hektar Fläche
Die Vorzugsvariante, die eine maximale Staufläche ermöglicht und mit einfacher Technik wie Stauklappe und Schwimmer gesteuert werden kann, ist seit vergangenem Jahr das Hochwasserrückhaltebecken „vor Ortslage“; damit sind die zur Peitnach hin abfallenden Wiesen im Südosten des Bachfeldes gemeint. Das ist in der Nähe des Baugebietes Langenrieder Straße.
Daniel Groß vom Büro Steinbacher Consult schilderte nun im Gemeinderat, dass eine Dammlänge von zirka 740 Metern vorgesehen ist. Die Höhe des Dammes würde in der Peitnach bei gut acht Metern über Sohle liegen. Sie reduziert sich im weiteren Verlauf auf dem nach Westen ansteigenden Gelände bis zu 1,60 Meter Höhe. Der maximale Einstau könnte 205.000 Kubikmeter betragen – und zwar auf einer Fläche von gut elf Hektar. Der gedrosselte Abfluss läge bei 10,6 Kubikmeter je Sekunde. Innerörtlich wären an drei Stellen zusätzlich Schutzmaßnahmen an Gebäuden zu treffen.
Die Kosten für das beschlossene Konzept beziffert Planer Groß auf 5,1 Millionen Euro. Das ist der Nettobetrag. Er wies darauf hin, dass der Freistaat Bayern die Kommunen mit mindestens 50 Prozent beim Bau von Rückhaltebecken beziehungsweise beim Gewässerausbau fördert. Falls auch ökologische Maßnahmen umgesetzt werden, sei eine Unterstützung bis zu 75 Prozent möglich.
Peiting und der Hochwasserschutz: „Uns fliegen die Kosten um die Ohren“
„Uns fliegen die Kosten um die Ohren“, kommentierte Andreas Barnsteiner von der BV. Bei den Wiesen an der Peitnach zwischen südlichem Ortsrand und B 472 handle es sich außerdem um „beste landwirtschaftliche Flächen“, gab er zu bedenken. Er plädiere für Maßnahmen, die „kleiner ausfallen“.
Josef Sellmaier (BV) richtete den Blick an den Oberlauf der Peitnach zum Deutensee und erwähnte zudem, dass im Fall eines Jahrhunderthochwassers die Fließgeschwindigkeit ab dem Durchlass beim Lamprecht unter der B 17 doch reduziert sei. Dazu antwortete Bernhard Müller vom Wasserwirtschafsamt Weilheim, dass die Wirkung des Deutensees auf Peiting „relativ gering“ sei.
Alfred Jocher (Unabhängige) befürwortete nach wie vor mehrere Lösungen im Oberlauf. Dazu erklärte Bürgermeister Peter Ostenrieder, dass acht dezentrale Maßnahmen nur eine Reduktion um 62 Zentimeter im großen Rückhaltebecken südlich der Ortschaft brächten. Ebenso wie Ostenrieder gab Herbert Salzmann (SPD) die „enormen Kosten“ beim Unterhalt mehrerer dezentraler Maßnahmen zu bedenken.
Der Hochwasserschutz käme „vor dem Bergblick“, bekundete Norbert Merk (CSU) und bezog sich auf kritische Stimmen, dass Anwohner beeinträchtigt würden. Zudem müsse man sich vor Augen halten, dass Peiting als „Oberlieger“ mit Schutzmaßnahmen auch was Positives für „Unterlieger“ bis zur Donau tue.
Thomas Elste (Grüne) sprach das Stichwort Gebäudeschutz im Dorf an. Rathauschef Ostenrieder meinte dazu, Priorität habe dabei, „innerorts baulich nicht alles „über den Haufen zu werfen“. Zum Gesamtpaket für Peiting gehöre freilich auch die Entsiegelung im Ortsbereich, damit bei extremer Beanspruchung die Kanäle entlastet würden.
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