Nach dem Hochwasser wird aufgeräumt – und aufgearbeitet
Das große Aufräumen hat begonnen. Wo das Hochwasser in Häuser gelaufen ist, wird geputzt und Sperrmüll entsorgt. Das Geschehene sorgt natürlich für Diskussionen.
Olching – In einem Viertel in Olching, das es besonders schwer getroffen hat, gibt es zudem die Frage aufzuarbeiten, ob die Überflutung zu verhindern gewesen wäre. Die Feuerwehr wehrt sich gegen diese Vorwürfe.
Mehr als 130 Liter Regen pro Quadratmeter in 48 Stunden: Das war einfach zu viel. Obwohl Feuerwehr, THW und viele andere Helfer rund um die Uhr im Einsatz waren, konnten sie nicht verhindern, dass die Flut größere Schäden anrichtete. Besonders betroffen waren einige Bereiche im Südwesten von Olching.

Kniehoch auf der Straße
In der Sommerstraße hat inzwischen das große Aufräumen begonnen. Hier war das Wasser kurzzeitig kniehoch auf der Straße gestanden, die Brühe lief in Keller und Erdgeschosse. Gabriele T. und ihr Sohn Daniel können es immer noch nicht fassen, dass sie am aller schlimmsten vorbeigeschrammt sind: „Ein oder zwei Zentimeter weiter und das Wasser wäre im Erdgeschoss gewesen.“ Der Keller ist mittlerweile weitgehend leergepumpt. Aber jedes Mal wenn sie einen Schrank in die Höhe wuchten, quillt wieder Wasser hervor, das sich dahinter gestaut hat. Beide sind froh, dass Nachbarn mit anpacken.
Einig sind sich die Anwohner nicht nur in ihrem Zusammenhalt, sondern auch darin: „Was man menschenmöglich und baulich an Vorsorge treffen kann, haben wir getan“, sagt Daniel T. Sauer werden die Anwohner, wenn die Rede auf die Feuerwehren kommt. „Die ganze Straße hat versucht mit Schneeschaufeln das Wasser fernzuhalten. Und die streiten sich für welche Wiese und welchen umgestürzten Baum sie zuständig sind oder nicht“, so Gabriele T. Im Notfall packe man erst an und frage dann. „So wie wir das in der ganzen Straße getan haben“ sagt die Hausbesitzerin.
Ohne die Hilfe der Landwirte hätten wir es nicht geschafft.
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Auch Olchings Feuerwehr-Chef Josef Gigl zieht ein Resümee – es fällt anders aus als das der Anwohner. „Es war schlimmer als 2013.“ Dass die Fluten im Südwesten der Stadt so stark ansteigen würden, damit habe niemand gerechnet. Rund 90 Zentimeter hoch sei das Wasser am 800 Meter langen mobilen Damm gestanden. Dabei kamen so genannte Big Packs zum Einsatz – große, mit Wasser gefüllte Kunststoffsäcke. Doch auch diese gewaltige Barriere konnte dem Druck der Wassermassen nicht standhalten. Am Sonntagmorgen gegen 4.45 Uhr sei zuerst ein Knistern zu hören gewesen – wenig später brach der Damm. Feuerwehr, Landwirte und Bauhof reagierten sofort. Mit Paletten, Sandsäcken und mit Wasser gefüllten Kisten wurde das Loch geflickt. „Da mussten wir improvisieren“, sagt Gigl. Er betont: Ohne die Hilfe der Landwirte wäre es nicht zu schaffen gewesen.
Wo der Starzelbach überging
Was dem Feuerwehr-Kommandanten wichtig ist: Das Wasser, das den Südwesten der Stadt in Atem hielt, sei nicht auf Olchinger Flur aus dem Starzelbach ausgetreten. Das Gewässer sei weiter südwestlich, auf Eichenauer und Emmeringer Flur übergegangen. Von dort habe sich das Wasser dann über die Felder in Richtung Wohnbebauung bewegt. Gigl ist das so wichtig, weil es immer wieder Kritik gegeben habe. Der Vorwurf: Die Olchinger Feuerwehr habe die Starzel nicht am Überlaufen gehindert. Das will der Feuerwehr-Chef so nicht stehen lassen.
An die Anwohner denken
Hochwasser am Starzelbaches zwischen Eichenau und Olching hat schon früher für Probleme und Diskussionen gesorgt. Kreisbrandrat Christoph Gasteiger plädiert dafür, dass die betroffenen Kommunen gemeinsam eine Lösung für dieses Gebiet finden und auch verwirklichen. „Die Schäden sollten minimiert, beziehungsweise völlig vermieden werden.“ Man müsse da zu aller erst an die Anwohner denken. „Ganz abgesehen vom finanziellen Aspekt ist das ja eine mentale Belastung“, so Gasteiger. „Stellen Sie sich vor, Sie müssen bei jedem größeren Gewitterregen Angst haben, dass wieder das Wasser im Haus steht.“
Wie geht es weiter?
Als das Wasser in der Nacht auf Sonntag kam, half den Anwohnern am Ende nur noch das Zusammenhalten. „Ohne die Nachbarn wäre alles abgesoffen“, sagt Anita S. Vor einem halben Jahr hat sie eine Wärmepumpe einbauen lassen. „Mal sehen, was da zu retten ist“, meint sie schulterzuckend. Bis Handwerker kommen, kann es dauern. Das musste Konrad H. bereits erfahren. Er hat erst im vergangenen Jahr in eine neue Heizung investiert. Zudem hat es Stromkasten und die Zähleranlage erwischt. Die Konsequenz: „Vier Wochen keinen Strom.“ Er ist vorerst mit Ehefrau Christa bei der Tochter untergekommen – im Zimmer des Enkelkindes.
Sperrmüll entsorgen
Am Dienstag ist die ganze Nachbarschaft auf der Straße um den Sperrmüll in Container zu bringen, die die Stadt aufgestellt hat. Einer nach dem anderen füllt sich mit Tischen, Bänken, Regalen, Matratzen und ähnlichem Sperrmüll. So schnell, dass Jesscia K. immer wieder am Telefon hängt, „um vorsorglich schon für den nächsten Container anzufragen.“
Auch Notstromaggregate und mobile Toiletten hat die Stadt Olching für die Anwohner bereit gestellt. Defekte Waschmaschinen und ähnliches werden demnächst abgeholt. Aus Sicht von Olchings Bürgermeister Andreas Magg hat das mobile Hochwasserschutz-System trotz aller Kritik eine wichtige Rolle gespielt. Auch die neue große Sandsack-Abfüllmaschine, Notstromgeneratoren und Hochleistungspumpen hätten Schlimmeres verhindert. „Diese Ausrüstung wurde von der Stadt Olching seit dem letzten großen Hochwasser im Jahr 2013 unabhängig von den interkommunalen Bestrebungen, beschafft“, so der Rathaus-Chef. Er hat auch einen Sieben-Punkte-Plan für die Zukunft erarbeitet.
Zisternen, Geld und neue Pumpen: Der Sofort-Plan gegen Hochwasser
Sieben Maßnahmen sollen Olching künftig besser vor Hochwasser schützen. Diese Punkte hat Bürgermeister Andreas Magg vorgelegt.
1) So sollen Zisternen vor Ort entstehen, um Hochleistungspumpen besser einsetzen zu können.
2) Ein Ingenieurbüro soll im Vorgriff auf das interkommunale Hochwasserschutzkonzept Sofortmaßnahmen erarbeiten. Vor allem sollen Schutzmaßnahmen am Oberlauf des Starzelbaches gebaut und von Olching mitfinanziert werden.
3) Der Bachlauf soll engmaschiger kontrolliert werden, Bewuchs zurückgeschnitten und Ufer befestigt werden.
4) Geplant ist zudem eine Analyse und eventuelle Anpassung des Geländes für den mobilen Damm.
5) Pumpen, die im aktuellen Einsatz den Geist aufgegeben haben, sollen schnell ersetzt werden.
6) Der Bürgermeister will zudem eine interkommunale Forderung nach Soforthilfen für Betroffene initiieren und unterstützen. Auch sollen die Kommunen mehr Geld für Feuerwehr und Katastrophenschutz bekommen.
7) Die Stadt möchte zudem, dass das Wasserwirtschaftsamt einen Pegel des Grundwassers einrichtet, der stündlich aktualisiert im Internet abrufbar ist.
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