Trotz Kritik nach Europawahl: Die SPD klammert sich an Wahlverlierer Scholz
Für die Sozialdemokraten war die Europawahl ein Fiasko. Trotzdem steht die Partei hinter Olaf Scholz - auch wenn es Kritik am Kanzler gibt.
Berlin - Die SPD hat bei der Europawahl ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren; nur 13,9 Prozent der Wählerinnen und Wähler stimmten für die Sozialdemokraten. Trotzdem ist man in der Partei von Bundeskanzler Olaf Scholz überzeugt. Verteidigungsminister Boris Pistorius und SPD-Chefin Saskia Esken stellten sich jüngst unmissverständlich hinter Scholz. Gleichzeitig ist in den eigenen Reihen auch Kritik laut geworden - so auch vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich
Gegenüber der Rheinischen Post unterstrich Mützenich am Freitag (14. Juni), dass die SPD-Fraktion vom Kanzler voll überzeugt sei.„Wir haben am Dienstag in der Fraktionssitzung eine sehr intensive Diskussion mit fast 40 Wortmeldungen geführt. Alle Beiträge der Abgeordneten haben gezeigt, dass sie die Arbeit des Kanzlers nicht nur schätzen, sondern inhaltlich auch unterstützen“, so der Fraktionsvorsitzende. Gleichzeitig sei man in der Partei aber besorgt, „was das Bild der Koalition in der Öffentlichkeit angeht“.
Die SPD steht auch nach der Europawahl hinter Scholz - Doch der Kanzler muss „sichtbarer werden“
Es sei daher der Wunsch aufgekommen, dass „der Kanzler sichtbarer werden muss mit seinen Überzeugungen, auch in der Regierung“, so Mützenich. Um dies zu erreichen, werde man zunächst versuchen, die Kommunikation der gesamten Bundesregierung zu verbessern.

Zudem werde Scholz jetzt deutlicher Flagge zeigen. „Der Bundeskanzler wird in Zukunft die Chance ergreifen, deutlicher seine Haltung innerhalb der Koalition als sozialdemokratischer Regierungschef zu erläutern.“ Dabei habe die SPD auch die nächsten Wahlen im Hinterkopf. „Wir nähern uns dem Ende der Wahlperiode. Jetzt ist es an der Zeit, bisherige Erfolge und weitere Vorhaben stärker herauszustellen“, so Mützenich.
Für Esken ist „Olaf Scholz der richtige“ Kandidat - auch in Hinblick auf die Bundestagswahl 2025
Seine eigene Rolle sieht Mützenich als Fraktionschef darin, „einem SPD-Kanzler immer den nötigen Spielraum für seine Politik“ zu verschaffen. Dies gelte, solange es ihm „qua Amt möglich“ sei und nicht gegen seine „Überzeugungen“ verstoße.
Die SPD-Parteivorsitzenden sehen in Scholz ebenfalls den Kanzlerkandidaten der Sozialdemokraten für die Bundestagswahl 2025 - trotz des Debakels bei der Europawahl. „Für uns ist klar, dass Olaf Scholz der richtige Kanzlerkandidat auch für die nächste Bundestagswahl ist“, so Esken am Donnerstag (13. Juni) gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Ihr zufolge habe die SPD die Bundestagswahl 2021 auch deshalb gewonnen, weil die Menschen Zutrauen in die Führungsfähigkeiten von Scholz hätten. „Dieses Zutrauen hat sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren im Umgang mit der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg bewahrheitet“, urteilte Esken.
Scholz führt „in diesen Zeiten ruhig und besonnen“ - trotzdem versagte die SPD bei der Europawahl
Auch Pistorius, der in Umfragen regelmäßig besser abschneidet als der Kanzler, teilt diese Ansicht. Scholz sei der bessere Kanzler, weil „er unser Schiff in diesen Zeiten ruhig und besonnen“ führe, so der Verteidigungsminister im ZDF-„heute journal“. Er sei „ein kluger Politiker“, der „weiß, wie man das macht“, so Pistorius über den Bundeskanzler. Daher habe er „keinen Zweifel daran, dass er auch unser nächster Kanzlerkandidat sein wird“.
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Dahingegen äußerte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), deutliche Kritik an Scholz‘ Führungsstil. „Wir haben kein einziges Milieu, keine Gruppe, keine Generation begeistert oder positiv erreicht“, so Roth kurz nach den Europa- und Kommunalwahlen am Sonntag (09. Juni) in einem Post auf Instagram. Die Botschaften der Sozialdemokraten hätten „niemanden überzeugt“ - weder Gegner noch Befürworter einer stärkeren militärischen Unterstützung der Ukraine. Inzwischen wurde der Post gelöscht. (tpn)