Krebskrank und Scheidungsgerüchte - Assad-Frau war „schönes Gesicht der Diktatur“ – jetzt will Syrerin ihr Image retten

„Eine Rose der Wüste“, so bezeichnete die britische Zeitschrift „Vogue“ im Jahr 2011 Asma al-Assad in einem kontroversen Porträt. Die Frau des inzwischen gestürzten syrischen Diktators war das freundliche Gesicht seines grausamen Regimes. Sie war eine Frau, die im Luxus schwelgte, während um sie herum das syrische Volk unter Armut litt. Und sie war selbst Teil der brutalen Unterdrückungsmaschinerie von Baschar al-Assad.

Bereits vor der Flucht ihres Mannes vor den syrischen Rebellen nach Moskau soll sie sich in der russischen Hauptstadt befunden haben. Angeblich, um sich wegen einer Leukämie-Erkrankung behandeln zu lassen. In den vergangenen Tagen gab es nun weitere Gerüchte um die 1975 in London geborene ehemalige First Lady Syriens.

Türkische und arabische Medien berichteten, dass sie sich von ihrem Mann scheiden lassen und zurück nach Großbritannien wolle. Die Ausreise soll sie bereits beantragt haben. Angeblich will sie sich in ihrem Geburtsland wegen ihrer vermuteten Leukämie-Erkrankung behandeln lassen. Bereits im Jahr 2018 war bei ihr Brustkrebs diagnostiziert worden. 2019 verkündete sie, dass sie sich davon komplett erholt und krebsfrei sei.

Was davon wahr ist und was nicht, lässt sich unabhängig nicht bestätigen. Der Kreml dementierte die Berichte um die Scheidung. Ob Asma al-Assad auf dem Weg nach London ist, oder es in der kommenden Zeit vorhat, lässt sich ebenso nicht mit Sicherheit sagen.

Asma al-Assad: das beste Instrument der Öffentlichkeitsarbeit

Fest steht jedoch, dass die Frau des ehemaligen Diktators keine Unbeteiligte in dessen grausamen System war. Im Gegenteil: Durch ihre Rolle unterstützte sie es aktiv.

In den 1990er-Jahren soll die damals unter ihrem Spitznamen bekannte Emma Akhras den zehn Jahre älteren Bashar kennengelernt haben. Sie heirateten im Jahr 2000, kurz nachdem er Präsident Syriens geworden war. Gemeinsam haben sie drei Kinder, die Söhne Hafiz und Karim sowie die Tochter Zein. Die Tochter eines Kardiologen und einer Diplomatin studierte Informatik und arbeitete danach als Finanzanalystin für J.P. Morgan und die Deutsche Bank.

Nach ihrem Umzug nach Syrien war sie an der Seite des ihres Mannes allerdings nicht nur die First Lady und Anhang ihres Mannes. Asma al-Assad, die „Rose der Wüste“, war vielmehr ein aktives Mitglied der Diktatur. „Asma al-Assad kann zweifellos als das beste Instrument der Öffentlichkeitsarbeit des Regimes bezeichnet werden“, sagt Houssein al-Malla, Wissenschaftler am GIGA-Institut für globale und regionale Studien mit Sitz in Hamburg, dem „Tagesspiegel“.

Vom Reformer-Image zur Stimme des Regimes

Zu Anfang habe sie noch ihr Image als Reformerin gepflegt, betont al-Malla. Später sei sie jedoch zu „einer lautstarken Verteidigerin des gewaltsamen Griffs des Regimes nach der Macht“ geworden. „Asma stand nicht nur an Bashars Seite – sie wurde zu einer Stimme des Regimes selbst und verkörperte die kalkulierte Loyalität, die die Assad-Maschine am Laufen hielt.“

„Asma al-Assad war das schöne Gesicht des Regimes nach Innen und nach Außen“, sagt Naseef Naeem, Staatsrechtler und Fellow der Candid Foundation, einer Denkfabrik mit Schwerpunkt im Nahen Osten. „Durch ihr Aufwachsen in Großbritannien hat sie dem Regime ein international positives Standing verliehen.“

Das allerdings betreffe vor allem die Zeit vor dem syrischen Bürgerkrieg. „Danach hielt sie die Kriegsmaschinerie durch Motivationsarbeit in verschiedenen Bereichen, mit am Laufen, dazu gehörten etwa Treffen mit Familien getöteter Soldaten“, sagt Naeem dem Tagesspiegel.

Finanzielle Profiteurin des Kriegs

Als Instrument der Machtausübung diente ihr der 2007 gegründete syrische Entwicklungsfonds, ein Geflecht aus mehreren zum Teil vordergründig wohltätigen Organisationen. Die Nichtregierungsorganisation nutzte sie vor allem für die Zwecke des Regimes, beschreibt Robert Chatterjee, stellvertretender Chefredakteur des Nahost-Fachmagazins „Zenith“.

„Sie hat in den vergangenen Jahren versucht, ihre Rolle in diesem Regime zu vertiefen und zu erweitern“, sagt er dem Tagesspiegel. „Insbesondere geschah dies über die Entwicklungshilfe-Agentur, die unter anderem internationale Hilfsgelder und auch Treibstoff und Hilfslieferungen nach Syrien kontrolliert hat.“ Sie gehöre deshalb zu den Kriegsprofiteuren der Warlords und Geschäftsleuten, zu denen sie auch sehr gute Kontakte gepflegt habe.

Das liege auch an den veruntreuten öffentlichen Geldern, die die Assads angeblich über Firmengeflechte hielten und die bis zu einer über einer Milliarde Euro wert sein sollen, sagt Chatterjee. „Insofern ist sie, gerade was die wirtschaftliche Seite anbetrifft, ein wichtiger Teil des Assad-Regimes gewesen.“

Luxuriöses Leben - während das Volk hungert

Doch nicht nur war sie Teil des syrischen Unterdrückungsapparates. Berühmt ist sie auch für ihren luxuriösen Lebensstil. Hunderttausende Dollar soll sie etwa für hochwertige Möbel und Designer-Kleidung ausgegeben haben – alles, während das syrische Volk hungerte. 

Das Familienvermögen soll heute noch etwa zwei Milliarden Dollar betragen. Es gibt Berichte über mehrere Luxuswohnungen, die die Familie etwa in Moskau besitzen soll, dem Ort, an den die Assad-Familie zuletzt floh.

Sind Scheidungsgerüchte ein Versuch, das Image zu retten?

Die Gerüchte über ihre Scheidung könnten aus Sicht von Houssein al-Malla auch mit ihren eigenen Ambitionen zu tun haben, sich von dem Regime zu distanzieren, das sie jahrelang mitgetragen hat, sagt Houssein al-Malla. Zwar sei wirklich vollkommen unklar, wie viel an den Gerüchten dran sei. Allerdings könnte die Scheidung ein Versuch sein, Asma von den Verbrechen des Regimes zu distanzieren und ihre eigene Zukunft zu sichern.

„Wenn sie einen solchen Schritt gehen würde, ginge es wahrscheinlich weniger um persönliche Enttäuschung als vielmehr darum, ihre Relevanz in einem Syrien nach Assad zu bewahren“, sagt al-Malla.

Assad-Frau in Großbritannien mit Sanktionen belegt

Wie ihre Zukunft aussehen wird, ist jedoch ungewiss. Nicht nur wegen ihres kritischen Gesundheitszustands. Unklar ist auch, ob sie selbst als Staatsbürgerin die Möglichkeit hätte, nach Großbritannien einzureisen.

Seit 2012 ist sie dort mit Sanktionen belegt. Der britische Außenminister David Lammy sagte Anfang Dezember, dass sie in Großbritannien nicht willkommen sei. Er werde zudem „alles in meiner Macht Stehende“ tun, um sicherzustellen, dass kein Mitglied der Assad-Familie „einen Platz im Vereinigten Königreich findet“.

Von Tilman Schröter