Putins Gleitbomben verwüsten Russlands Grenzregion: Interne Dokumente enthüllen verheerende Verluste
Wladimir Putin lässt der Ukraine mit heimtückischen Gleitbomben zusetzen. Doch: Die schweren Geschosse schlagen manchmal in Russland selbst ein. Es gibt neue Zahlen dazu.
Belgorod – Sie verursachen im Ukraine-Krieg besonders viel Zerstörung: Gleitbomben aus Russland. Mit diesen schweren Bomben mit einem Gewicht von 500 bis zu 3000 Kilogramm nehmen die russischen Streitkräfte nicht zuletzt die Millionenstadt Charkiw heimtückisch ins Visier.
Ukraine-Krieg: Russische Gleitbomben fallen über eigenem Staatsgebiet
Doch: Die gleitenden ungelenkten Bomben, die zum Beispiel keinen Infrarotsuchkopf und kein GPS haben, landen nicht nur in der Ukraine. Die Washington Post (WP) hat jetzt eine Karte veröffentlicht, die dokumentieren soll, wo und wie oft die mächtigen Gleitbomben auch in der russischen Grenzregion Belgorod eingeschlagen sind, die eigentlich für Ziele auf dem ukrainischen Festland vorgesehen waren.
Die WP beruft sich auf nicht präzisierte interne russische Dokumente. Demnach gingen mindestens 38 Gleitbomben FAB-250, FAB-500, FAB-1500 oder KAB-500 in der Oblast Belgorod runter. Doch nur vier der Bomben detonierten demnach. Und zwar alle in und rund um die Großstadt Belgorod (etwa 350.000 Einwohnerinnen und Einwohner).
Verluste in Russland: Gleitbombe tötete wohl mehrere Zivilisten in Belgorod
Weiter verweist die WP ferner auf Fotos sowie Videos in den sozialen Medien und Vergleiche mit Kartenmaterial. Die meisten der unvorhergesehenen Bomben fielen demnach im Bereich der Kleinstadt Graiworon, direkt an der Grenze zur ukrainischen Region Charkiw. Auch bei den Kleinstädten Rakitnoje und Waluiki, ebenfalls in der Oblast Belgorod gelegen, gingen mehrere freifallende Gleitbomben der Russen runter und gefährdeten das Leben ihrer Landsleute.
Dem Bericht zufolge wurden die meisten der nicht-detonierten Bomben durch russische Zivilisten gefunden: Von Förstern, Landwirten oder schlicht Nachbarn der Orte, wo die wuchtigen Waffen herunterkamen. Nicht auszudenken, wären diese Gleitbomben alle explodiert. Verheerend: Bei einem Einschlag einer mutmaßlich russischen Freifallbomben in Belgorod wurden kürzlich laut des Oppositionsmediums Astra sieben Zivilisten getötet. Moskau dementierte seinerzeit, dass es sich um eine eigene Bombe gehandelt hat und schob Kiew die angebliche Schuld für das Debakel zu.

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Luftangriffe auf die Ukraine: Putins Piloten klinken Bomben über Russland aus
Dass die russischen Gleitbomben in so großer Zahl in Russland statt in der Ukraine landen, hängt damit zusammen, dass die Kampfpiloten von Kreml-Autokrat Wladimir Putin die Bomben oft geschätzt 60 bis 70 Kilometer vor der Grenze noch über eigenem Staatsgebiet ausklinken, um nicht in den Radius der Luftabwehr der Ukrainer zu geraten, die diese aus dem Westen bekamen – vorrangig die präzisen Patriot-Flugabwehrsysteme. Denn: Die Patriots haben eine Reichweite von bis zu 160 Kilometern, um mögliche militärische Ziele in der Luft zu erfassen.
Zuletzt hatten nach und nach mehrere Nato-Mitglieder erklärt, dass die ukrainischen Streitkräfte ihre gelieferten Raketen auch gegen Angriffswaffen der Russen auf russischem Staatsgebiet einsetzen können. Zum Beispiel gegen Kampfjets, die mit Gleitbomben die nach Einwohnern zweitgrößte ukrainische Stadt Charkiw (1,5 Millionen) ins Visier nehmen. Deswegen liegt der Eindruck nahe, dass die russischen Piloten ihre Bomben noch viel tiefer innerhalb der Russischen Föderation entriegeln. Ruslan Leviev, Analyst bei der Denkfabrik Conflict Intelligence Team, erklärte Astra zudem, dass die in den Bomben verbaute, oft zivile Elektronik „deutlich unzuverlässiger“ sei als die übliche Militärtechnik.
Russlands Waffen im Ukraine-Krieg: Putin lässt mit Drei-Tonnen-Bomben angreifen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Putins Zirkel kürzlich vorgeworfen, dass russische Kampfflugzeuge in den vergangenen Wochen tausende Gleitbomben auf ukrainisches Staatsgebiet abgefeuert hätten. Videos bei X (vormals Twitter) zufolge waren zuletzt vermehrt auch die drei Tonnen schweren FAB-3000 (siehe Tweet oben) mit entsprechender Zerstörungskraft darunter, die in der Sowjetunion einst als ungelenkte Freifallbomben entwickelt wurden. Passend dazu: Im März hatte der Kreml Aufnahmen verbreiten lassen, die den damaligen russischen Verteidigungsminister Sergei Schoigu bei der Inspektion einer Rüstungsfabrik zeigten.
Zu sehen waren etliche mehrere Meter lange Bomben-Hüllen mit großem Durchmesser, die Militärblogger in den sozialen Netzwerken angesichts ihrer Größe den russischen FAB-3000-Bomben zuordneten. Bei der FAB-3000 soll der Sprengstoff laut des spanischen Nachrichtenportals infobae angeblich 1400 Kilogramm ausmachen – bei einem potenziellen Zerstörungsradius von 46 Metern. Wird eine FAB mit einem Verzögerungszünder aus großer Höhe abgeworfen, kann sie mehrere Meter in das Erdreich eindringen. Entsprechend groß dürften die Sorgen in russischen Grenzregionen sein, dass die Bomben wieder auf eigenem Staatsgebiet niedergehen. (pm)