Roche hat am Donnerstag im Penzberger Werk ein neu entwickeltes Laborgerät vorgestellt, das nach Ansicht des Unternehmens das Potenzial für eine „Revolution in der Labordiagnostik“ hat. Der vollautomatische Massenspektrometer ist laut Roche sehr sensitiv und schnell. Bisher war die Technologie zu komplex für die Routinediagnostik.
Der vollautomatische Massenspektrometer gehört laut Roche zu den großen Innovationen des Unternehmens in der Diagnostika-Sparte. Als solche stellte Daniela Kahlert, Geschäftsführerin von Roche Diagnostics Deutschland, die Maschine am Donnerstag vor. Zehn Jahre war daran gearbeitet worden. Entwickelt wurde das System großteils in Penzberg und München, wo Roche Experten zusammenzog, die wie in einem Start-up arbeiteten. Weltweit waren 500 Experten beteiligt, etwa zwei Drittel davon aus Penzberg. Seit heuer ist die Maschine auf dem Markt. Die weltweit erste steht laut Kahlert im Universitätsklinikum Charité in Berlin. Ein Prozess, der bisher sehr lange dauert, sei nun automatisiert, erklärte Kahlert. Außerdem könne die neue Anlage deutlich genauer bestimmte Konzentrationen im Blut messen.
Prozesse bilang zu komplex für Routinediagnostik
Die Maschine sieht unspektakulär aus. Sie ist etwa vier Meter lang und 1,50 Meter hoch. Tobias Franz stellte sie am Donnerstag im Penzberger Werk vor. Er ist „International Business Leader Mass Spec Roche Penzberg“, also globaler Marketingleiter für den Massenspektrometer. Die mit einem Barcode versehenen Proben werden in das Gerät gestellt, wo sie gereinigt und aufbereitet werden, bevor sie in den Massenspektrometer kommen. Die Rohdaten, die dort entstehen, wertet eine selbst entwickelte Software aus. Am Ende steht ein Ergebnis, das der Arzt für seine Therapieentscheidung verwenden kann.
Die Massenspektrometrie ist nicht neu. Diese Technologie, bei der die Masse von Molekülen gemessen wird, sei über 100 Jahre alt. Sie sei der Goldstandard in der Diagnostik, so Tobias Franz. Allerding werde sie in der Routinediagnostik nicht verwendet, weil die Prozesse extrem komplex seien und dafür sehr viel Personal mit viel Knowhow gebraucht werde. Dies soll nun das von Roche entwickelte vollautomatische Laborgerät ändern.
Smarties in der Allianz-Arena
Was die Massenspektrometrie leistet, erklärte der FC-Bayern-Fan anhand der Allianz-Arena. Würde man das Stadion mit blauen Smarties füllen, und läge darunter nur ein rotes Smartie, diese Technologie würde ihn finden.
Als Beispiel, wie die Massenspektrometrie in der Diagnostik verwendet wird, nannte er eine Brustkrebspatientin. Bei bestimmten Formen bekomme sie Medikamente, die den Estradiol-Spiegel senken sollen. Dies werde ständig kontrolliert. Mit der heutigen Technologie habe man aber eine hohe Nachweisgrenze. Es dauere sehr lange, bis der Arzt erkennt, dass das Estradiol wieder im Blut und die Therapie fehlgeschlagen ist – was für die Patienten zu spät sein kann. Mit dem Massenspektrometer, erklärte er, könne man viel geringere Konzentrationen an Estradiol nachweisen und rechtzeitig die Therapie wechseln
Ein anderes Beispiel betrifft die Behandlung mit Antibiotika. Werde es überdosiert, könne es toxisch sein. Deshalb, so Franz, tendiere der Arzt zu einer niedrigen Dosis, was aber die Gefahr birgt, dass die Bakterien nicht gestoppt werden und multiresistente Bakterien entstehen. Mithilfe des Massenspektrometers könne die Dosis sehr schnell angepasst werden, so Kahlert. „Das ist ein riesiger Fortschritt.“
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Arzt erhält schneller ein Ergebnis
Verwendet werden kann das Laborgerät bei der Diagnose vieler Krankheiten, wenn dafür ein Test entwickelt wurde, selbst beim Drogenscreening. Laut Franz werden die ersten 40 Tests heuer auf den Markt kommen, weitere 20 sind in der Entwicklung. Die Geräte selbst will Roche an große Krankenhäuser, Unikliniken und Laborketten verkaufen, die ihre Proben wiederum von Hausärzten und kleineren Krankenhäusern erhalten. Ziel für heuer ist ihm zufolge, weltweit 50 Geräte zu verkaufen, zehn davon in Deutschland, wo es schon drei Zusagen gebe.
Umsatz, Investitionen, Mitarbeiter
Roche in Deutschland hat im Geschäftsjahr 2024 einen Gesamtumsatz von 8,5 Milliarden Euro und ein Umsatzwachstum von 2,6 Prozent im Vergleich zu 2023 erzielt. Das teilte Roche am Donnerstag bei einem Mediengespräch in Mannheim mit. Mit 18 256 Mitarbeitern in Deutschland gehöre man zu den Unternehmen, die „trotz eines herausfordernden Marktumfelds“ gewachsen sind. Laut Roche wuchs der Umsatz der Diagnostik-Sparte um rund ein Prozent auf 812 Millionen Euro. In der Pharma-Sparte sank der Umsatz um 0,7 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro, was mit einem starken Preisdruck und Parallelimporten begründet wurde.
Von den Gesamtinvestionen in Höhe von 653 Millionen Euro flossen vergangenes Jahr 394 Millionen Euro nach Penzberg. Das berichtete Werkleiter Paul Wiggermann am Donnerstag in Penzberg. In den vergangenen fünf Jahren summierten sich die Investitionen ins Penzberger Werk ihm zufolge auf 1,53 Milliarden Euro. Dies sei ein tolles Zeichen des Konzerns für die Region, sagte er. Eine laufende Großinvestition ist das Diagnostika-Produktionszentrum, das 2027 in Betrieb gehen soll. Ende dieses Jahr soll die neue Waldrestholzverbrennungsanlage fertiggestellt sein. Beide entstehen auf dem Gelände der Nord㈠erweiterung. Weitere Pläne dort seien noch nicht spruchreif.
Die Mitarbeiterzahl in Penzberg blieb im vergangenen Jahr in etwa stabil. Ende 2024 betrug sie rund 7700. Erhöht wird die Zahl der Auszubildenden auf 120 neue Azubis im Jahr. In zwei Jahren werden es dann insgesamt 360 in Penzberg sein. Deutschlandweit, hieß es, betrage das Durchschnittsalter der Mitarbeiter, die aus 112 Nationen kommen, 42,4 Jahre. 48 Prozent seien Frauen, davon 34 Prozent in Führungspositionen.