Erding verliebt sich in Paris

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Begeistert von der Atmosphäre im Stade de France: Simone und Vitus Heer. © Privat

Olympia-Touristen aus dem Landkreis schwärmen von der Stadt und den Sommerspielen.

Die einen fahren nach Paris, um Gold zu holen. Die anderen, um dort ein bisschen Geld zu lassen – zum Beispiel einen Tausender für zwei Leichtathletik-Abende. Beides hat sich offenbar gelohnt. Vom Schwaiger Ruderer Oliver Zeidler wissen wir das seit seinem Sieg am Samstag. Aber das bestätigen auch drei Olympia-Touristen, die wir befragt haben: Jochen Schweitzer ist zwar Deutscher Leichtathletik-Vizepräsident, reiste aber privat an und schaute sich nicht nur Leichtathletik-Wettkämpfe an. Simone Heer ist Mitglied im Alpenkranzl Erding und mit ihrem Mann Wolfgang Wabel (Vizepräsident des Internationalen Kletterverbandes) und Sohn Vitus vor Ort. Dominik Scharnagl und seine Freundin Theresa Röder haben vier Tage in der ersten Olympia-Woche genossen. Wie war’s? Wir fassen zusammen:

1000 Euro für Leichtathletik

Die Unterkunft: Jochen Schweitzer hat für fünf Übernachtungen in einem kleinen Hotel rund 1000 Euro gezahlt. Scharnagl und Röder haben für drei Nächte in einem Hotel, das ungefähr 20 Minuten von Paris weg war, rund 400 Euro hingelegt, „was sich im Nachhinein als ein Schnäppchen herausstellt, wenn wir die Preise sehen, die aktuell in Paris aufgerufen werden“, so der Finsinger. Zumal er auch relativ kurzfristig gebucht habe. Das Hotel sei sehr schön und gut gelegen, „also haben wir echt relativ Glück gehabt“. Familie Heer ist dienstlich hier, denn Wabel hat als Vizepräsident des Internationalen Kletterverbandes auch zu tun. Deshalb treffe sie das „teure Paris uns jetzt nicht so hart. Aber dass die Preise für ziemlich alles derzeit olympisch sind, bekommen wir schon auch mit“, so Simone Heer.

Vor dem beringten Louvre: Jochen Schweitzer.
Vor dem beringten Louvre: Jochen Schweitzer. © Privat

Das Drama der Malaika Mihambo

Ticketpreise:  Für die Achtelfinals, bei denen auch das deutsche Tischtennisteam siegreich war, legte Schweitzer 150 Euro auf den Tisch. Die Leichtathletik-Abends am heutigen Donnerstag und morgigen Freitag kosten zusammen rund 1000 Euro in Kategorie 3, erzählt der Lehrer aus Eichenkofen. Scharnagl und seine Freundin haben sich das All-Around-Finale der Männer im Turnen angeschaut und dafür die Tickets bereits im Oktober gesichert. Für insgesamt 600 Euro, „was meiner Meinung nach schon relativ viel ist“, so der Finsinger.

„Die Ticketstruktur vor Ort ist der Wahnsinn, weil sie teilweise unerschwinglich sind.“ Da geht es rauf bis über 1000 Euro, sagt der Fußballer des FC Finsing, der auch schon bei anderen Großevents beim Fußball, Basketball, Tennis, Baseball war und Preiskategorien zwischen 50 und 150 Euro gewohnt ist. Olympia sei da schon sehr teuer. .„Wenn man sich nicht im Vorfeld schon damit auseinandersetzt, was man sich alles in der Zeit anschauen will und kann, sind die Preise Wahnsinn und auch abschreckend für Leute, die sich Paris anschauen wollen und auch noch Flug oder Zug und Übernachtung mit einrechnen müssen.“

Die Wettbewerbe: Für die Familie Heer war der Besuch der ersten Kletterwettkämpfe, „die mega gut besucht waren“, eine angenehme Pflicht. „Und weil wir nur 300 Meter vom Stade de France entfernt wohnen, waren wir bei der Leichtathletik.“ Heer schwärmt von der „unglaublichen Stimmung, bei der die Zuschauer alle Athleten gleich anfeuern – da spürt man den wahren olympischen Gedanken. Super faire Zuschauer und tolle Leistungen der Sportler – ein Traum“.

Charmante Security

Besonders beeindruckt habe sie Speerwerfer Julian Weber mit seiner Bestweite und Malaika Mihambo, „die direkt 50 Meter vor uns gesprungen ist und gleich wieder ein echtes Drama geliefert hat. Da kriegst du Gänsehaut“, erzählt Heer. 

Scharnagl will gar kein Highlight herauspicken. Die ganze Stadt an sich sei das Highlight. „Egal wo du in Paris gerade bist, da hört man es eigentlich überall jubeln und irgendwie pfeifen oder auch Stille, weil sich die Athleten konzentrieren.“ Das habe er beim Bogenschießen erlebt, aber auch in der Turnhalle. „Toll ist die positive Stimmung und auch generell dieser Austausch mit Leuten etwa aus Brasilien oder Puerto Rico. Die ganze Welt kommt zusammen zu einem Sportereignis, das auch die ganze Welt begeistert.“

Und Schweitzer, der schon bei seinen fünften Spielen ist, fügt hinzu: „Das ist typisch Olympia. Die Atmosphäre ist genial. Man kommt schnell mit Leuten anderer Nationen ins Gespräch. Die Welt ist doch klein.“ Simone Heer räumt ein, „bislang eine eher neutrale Haltung“ zu Olympia gehabt zu haben. „Aber die Stimmung hier in der Stadt und in den Stadien saugt dich richtig rein. Man spürt überall, dass Olympia eben doch etwas ganz Besonderes ist. Wir sind deshalb mega happy, hier sein zu können.“

Der Faktor Paris: „Was wir hier erleben, ist der totale Hammer“, meint Heer. „Die Franzosen, denen immer Unfreundlichkeit gegenüber Touristen unterstellt wird, sind unglaublich freundlich und hilfsbereit. Das gilt auch für die überall präsenten Sicherheitskräfte, die fast schon charmant sind.“ 

Die sehr positive Grundstimmung hat auch Scharnagl ausgemacht. „Da ist nichts negativ, alle freuen sich auf die Spiele, jeder ist ein bisschen gehypt auch von dem Ganzen. Dadurch ist diese Grundstimmung im Land oder in der Stadt Paris sehr, sehr positiv. Das Beachvolleyballfeld vor dem Eiffelturm, aber auch die kleinen Restaurants, Patisserien, Baguetteläden, das ist ja dieses typische Paris, das man halt auch mitnimmt, obwohl es olympische Spiele sind.“

Und jetzt Olympia 2040 in Berlin? „Das wäre großartig“, meint Schweitzer. „Die Sportler und auch die Fans hätten es einmal wieder verdient, dass die Spiele auf deutschem Boden stattfinden. Wir können erfolgreiche und extremst nachhaltige Spiele organisieren, da die Sportstätten bereits vorhanden sind. Man muss die Bevölkerung besser informieren, was die Spiele für das Land bedeuten: Investitionen in die Infrastruktur, wirtschaftlich und auch im Bereich des Marketings.“

Paris-Fans: Dominik Scharnagl und Theresa Röder.
Paris-Fans: Dominik Scharnagl und Theresa Röder. © Privat

Fußballfan schwärmt vom Breitensport

Auch Scharnagl ist ein Befürworter für Olympia in Deutschland, stark beeinflusst von seinen Erlebnissen in Paris, wenn man vor Ort „auf einmal Fan von jeglicher Sportart ist: vom Leichtathletik übers Turnen, zum Reiten, Fechten, bis zum Schwimmen. Wir saßen in einem Café zusammen mit Amerikanern, Engländern und Franzosen, und jeder hat begeistert sein Team über den Fernseher supportet. So eine Stimmung würde ich mir auch für Deutschland wünschen.“ Aktuell sehe er die Chancen aber bei 50 Prozent. „Man hat ja in Hamburg gesehen, wie schnell etwas abgeschmettert werden kann.“ Positiv empfinde er den Einsatz, den Innenministerin Nancy Faeser nun gezeigt habe. „Meiner Meinung nach müssten grundsätzlich die Breitensportarten viel mehr gefördert werden. Ich bin selber Fußballer und weiß, dass wir in Deutschland sehr fußballverrückt sind, aber was ich nun in Paris erlebt habe, war eigentlich eine Motivation für jeden Sportler, sich auch mehrere Sportarten anzuschauen.“

Scharnagl wäre es egal, „welche Stadt in Deutschland Olympia bekommen würde. Ich glaube, nochmal für die Infrastruktur wäre das ein riesiger Boost. Und wir haben jetzt 16 Jahre lang Zeit, uns darauf vorzubereiten und unsere Athleten dementsprechend zu schulen.“

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