Am kommenden Donnerstag (9. Oktober) findet erneut ein Autogipfel im Kanzleramt statt. Schon jetzt ist bekannt, dass dort neue Subventionen für Elektroautos beschlossen werden sollen. Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) kündigte an, dass die Kfz-Steuerbefreiung für E-Mobile bis 2035 - das Jahr des Verbrenner-Verbots in der gesamten EU - verlängert werden soll. Parallel dazu genießen Fahrerinnen und Fahrer von E-Fahrzeugen weiter zahlreiche Steuervorteile, vor allem bei der Nutzung als Dienstwagen.
Autogipfel soll Elektroautos pushen
Insider aus Berlin gehen davon aus, dass auf dem Gipfel zusätzlich eine neue Kaufprämie oder ein anderes Zuschuss-Programm für E-Autos beschlossen wird. Tatsächlich fand sich das schon im Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Als Vorbild gilt ein "Social Leasing"-Programm für kleine E-Autos und Haushalte mit geringem Einkommen, wie es in Frankreich jetzt zum zweiten Mal aufgelegt wurde.
Doch während der Anteil reiner E-Autos an den Neuwagenverkäufen in Deutschland immerhin schon 20 Prozent beträgt, drückt die Autobauer und -händler ein anderes Problem: Die wachsende Zahl schwer verkäuflicher Stromer auf dem Gebrauchtwagenmarkt.
Wohin mit all den Leasing-Rückläufern?
Bei den Händlern schlagen jetzt tausende Leasing-Rückläufer auf, die durch den höheren Wertverlust eines E-Autos im Vergleich zu Verbrennern nur mit hohen Nachlässen zu verkaufen sind. Während für die Autobauer Kaufprämien nur bei Neuwagen attraktiv sind - auch deshalb, weil sie wie schon bei vorherigen Prämien wohl nur einen Teil der Förderung auch an die Käufer weitergeben würden - hoffen viele Autohändler auf ein wachsendes Interesse für Gebrauchtwagen-Leasing. Das wird tatsächlich immer beliebter. "Bereits 6,1 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten entscheiden sich bei der Anschaffung eines neuen Autos bewusst für ein Leasing-Modell. Das Wachstumspotenzial ist groß: Über ein Fünftel (21,6 Prozent) der Befragten plant, in den kommenden zwei Jahren ein Fahrzeug per Leasing zu erwerben", so das Ergebnis einer aktuellen Umfrage von Mobile.de. Allerdings dominieren beim Gebrauchtwagen-Leasing laut Mobile.de klar die SUV und Mittelklassewagen. Also gerade nicht die Kleinwagen, auf die das "Social Leasing" abzielt.
Autohändler-Verband sieht neue Kaufprämien skeptisch
Dazu kommt ein weiteres Problem: Neue Kaufprämien, sei es nun für neue oder gebrauchte Stromer, würden deren Wertverlust noch mehr beschleunigen. Vor dem Autogipfel hat sich der Verband der Automobilhändler Deutschlands (VAD) mit klaren Forderungen an die Bundesregierung gewandt. „Wir kennen die Kunden besser als jeder andere – und wir hören ihre Skepsis gegenüber der Elektromobilität jeden Tag in den Autohäusern“, so VAD-Präsident Burkhard Weller. Der Verband vertritt die Interessen einer Branche mit 6000 Autohändlern und mehr als 300.000 Beschäftigten. Zum einen fordert der VAD einen Verzicht auf das Verbrenner-Verbot: "Technologie darf nicht per Gesetz erzwungen werden. Die Beliebtheit von Plug-in-Hybriden zeigt, dass es mehrere Wege zum Klimaziel gibt", so der Verband. Zum anderen fordert der Verband neben weiteren Steuer-Vorteilen auch günstigere Preise an öffentlichen Ladesäulen. Neue Kaufprämien sieht der VAD dagegen kritisch: "Diese führen nur zu kurzfristigen Nachfrage-Spitzen, schaden dem Gebrauchtwagenmarkt und entwerten die Elektroautos in den Händen von Verbrauchern und Handel."
"Neue Kaufprämien entwerten die Autos"
Ohnehin spielen gebrauchte Stromer noch keine große Rolle auf dem Markt. Mit durchschnittlich über 10.900 Euro Verkaufspreis, rund 102.000 Kilometern Laufleistung und einem Alter von etwas mehr als neun Jahren bleibt der VW Golf die klare Nummer eins der in Deutschland verkauften Gebrauchtwagen, zeigen aktuelle Daten des Gebrauchtwagen-Portals "Carwow". Auf Rang zwei landet der VW Tiguan. Den dritten Platz belegt der Ford Focus, der im Schnitt für 8722 Euro gehandelt wird. Die weiteren Platzierungen zeigen mit Ausnahme des Model 3 von Tesla, dass E-Autos noch eine Ausnahme bei beliebten Gebrauchten sind:
- Skoda Octavia
- Opel Corsa
- Tesla Model 3
- BMW 5er
- Seat Leon
- VW Polo
- Opel Astra

Käufer suchen gebrauchte Kleinwagen
Das dürfte sich auch so schnell nicht ändern, denn attraktive Elektro-Kleinwagen wie den Renault 5, Hyundai Inster oder BYD Dolphin gibt es zum einen noch nicht lange und zum anderen noch nicht in großer Zahl. "Käuferinnen und Käufer von gebrauchten E-Autos suchen häufiger nach Angeboten in kleineren Fahrzeugsegmenten als Elektro-Neuwagen-Käufer. Doch gerade in diesem Bereich ist das Angebot noch knapper als im Neuwagenmarkt", so die Unternehmensberatung Uscale in einer aktuellen Auswertung des Gebrauchtwagenmarktes. "Der besondere Vorteil von E-Autos liegt in den meist niedrigeren Verbrauchs- und Werkstattkosten. Während Neuwagen-Käufer diesen Vorteil besonders wertschätzen, fokussieren Gebrauchtwagen-Käufer deutlich stärker auf den Fahrzeugpreis. Damit verliert ein wichtiges Verkaufsargument von E-Fahrzeugen an Bedeutung", heißt es bei Uscale weiter.
Es wird also noch einige Jahre dauern, bis mit wachsender Zahl von E-Autos ein "gesunder" Gebrauchtwagenmarkt entsteht, bei dem sich Angebot, Nachfrage und Restwerte stabilisieren. Falls auf dem kommenden Autogipfel der Markt mit neuen Subventionen weiter verzerrt wird, dürfte sich dieser Prozess noch weiter verzögern.
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