Gebrauchtwagen und Wertverlust: E-Auto gegen Diesel und Benziner - womit man mehr Geld verbrennt

Sie können sich keinen Neuwagen leisten? Damit sind Sie nicht allein. Die Nachfrage nach Gebrauchten wächst in Deutschland schneller als das Angebot. "Unter dem Strich liegen die Gebrauchtwagenbestände weiterhin um rund ein Viertel unter dem Vor-Corona-Nivea", heißt es im aktuellen Report von AutoScout24. So ist der Durchschnittspreis für einen Gebrauchten innerhalb der vergangenen sechs Monate bis zum März dieses Jahres um durchschnittlich 800 Euro gestiegen. Autohersteller und Händler erhoffen sich von der neuen Bundesregierung derweil für den Neuwagenmarkt deutliche Impulse, sprich Kaufanreize und Subventionen. Die sind auch schon angekündigt, allerdings ausschließlich für den Kauf von Elektroautos (BEV).

Gebrauchtwagen boomen, E-Autos werden günstiger

Denn die angeblich überlegene Technik, die die EU durch ihr Verbrenner-Verbot 2035 bald alternativlos machen will, hat derzeit noch mit erheblichen Wertverlusten zu kämpfen. Sogar elektrischen Luxus gibt es mittlerweile zum Schnäppchenpreis - dank des hohen Wertverlustes von Modellen wie dem Mercedes EQS oder Porsche Taycan.

Doch wie lange wird das so bleiben? Schließlich steigt sowohl bei den Neu- als auch den Gebrauchtwagen die Zahl der Angebote rasant, sodass sich der Markt eigentlich normalisieren sollte. "Die Restwerte von Elektroautos und Verbrennern nähern sich bei der Betrachtung in Euro einander an. Teilweise liegen die Restwerte je nach Modell und Klasse in Euro fast gleichauf. In einigen Fällen unterbieten die BEV-Restwerte sogar die der Verbrenner", sagt Michael Gerstner von Bähr & Fess Forcasts. Die Experten veröffentlichen jedes Jahr zusammen mit FOCUS online die "Restwertriesen".

Gerstner erklärt weiter: "Die Umschreibungen gebrauchter Elektrofahrzeuge wachsen bei Privatkunden, allerdings auf sehr verhaltenem Niveau. Die niedrigen Restwerte entstehen wegen der großen Anzahl an elektrischen Leasingrückläufern bei den Händlern, die einer geringen Nachfrage gegenüberstehen. Durch die schnelle technische Entwicklung sind gebrauchte Stromer zudem schnell veraltet, was sie zusätzlich unattraktiv macht."

Kaufprämien: Gefahr für die Restwerte

Verschärft werden könnte das Problem, falls die Bundesregierung wie angekündigt die E-Mobilität massiv fördert. "Wenn es wie beim letzten Mal passiert, könnten hohe Förderprämien bei Kauf eines neuen E-Autos zu massiven Restwertverlusten führen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass eine Prämie ähnlich schädigende Auswirkungen auf den Restwert hat wie ein hoher Rabatt. Zudem treffen die sehr häufig geleasten Fahrzeuge aktuell bei Rückgabe auf einen Markt mit vergleichsweise geringer Nachfrage", so Gerstner.

Tesla: Hoher Wertverlust, aber wachsende Nachfrage

Während Tesla zuletzt auch wegen der umstrittenen Regierungs-Rolle von Elon Musk unter US-Präsident Trump gerade an der Börse und auch beim Markenimage in Ungnade fiel, bleiben die Stromer von Elon Musk als Gebrauchtwagen heiß begehrt. Dabei zeigen aktuelle Daten von AutoScout24 eine spannende Entwicklung:

  • Die Durchschnittspreise sinken drastisch, beim Tesla Model S etwa im ersten Quartal 2025 um 15 Prozent im Vergleich zu 2024. Auch Model 3 und Y wurden erheblich billiger, wobei das auch an den berüchtigt erratischen Preissenkungen von Tesla liegt. "Der rasante Wertverfall einiger Tesla-Fahrzeuge wurde von Tesla selbst durch die extremen Listenpreisreduzierungen verursacht", macht Restwert-Experte Michael Gerstner klar.
  • Die Nachfrage steigt dagegen stark an - und sie ist viel höher als bei allen Konkurrenten. So gibt es laut AutoScout24 bei Tesla je nach Modell zwischen 460 und 740 Kaufanfragen pro Inserat - bei Stromern von BMW, Mercedes oder VW sind es erheblich weniger (etwa 270 beim BMW i3, sogar nur 170 beim neueren i4 und magere 120 Anfragen für einen VW ID.3).
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Tesla Gebrauchtwagenpreise: Es geht nach unten Autoscout24

China-Autos: Wertverlust noch hoch

Bei Tesla sind die Probleme also zumindest teilweise hausgemacht und natürlich wird auch die Konkurrenz immer stärker. Doch immerhin haben sich die Amerikaner als Marke fest etabliert. Genau das ist den chinesischen Autoherstellern noch nicht gelungen.

Bislang gibt es nur zwei China-Marken, die bereits eine größere Rolle auf dem Neuwagenmarkt und damit zeitversetzt auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt spielen: MG (mit 21.000 Neuzulassungen in 2024) und, wenn auch erst seit einigen Monaten und nach einer langen Durststrecke, BYD. Nach den ersten vier Monaten 2025 hat BYD mit 2791 Neuzulassungen schon fast das Ergebnis des gesamtes Vorjahres erreicht.

Auf dem Gebrauchtwagenmarkt erzielt man für einen BYD oder MG weniger als für einen Hyundai oder Skoda, was unterm Strich für alle Antriebsarten gilt - bei MG zum Beispiel sind neben E-Fahrzeugen auch Hybrid-Benziner im Angebot.

Gebrauchte Elektroautos - darauf müssen Sie achten

Grundsätzlich gilt bei gebrauchten Stromern dasselbe wie bei Benzinern oder Diesel-PKW: Ein lückenloses Wartungsheft, ein sorgfältiger Check aller Funktionen und Assistenzsysteme sowie ein Blick auf mögliche Roststellen sind Pflicht. Grundsätzlich sind E-Autos wartungsarm und die Batterien halten entgegen früheren Befürchtungen mindestens genauso lang wie ein gut gepflegter Verbrennungsmotor. Allerdings ist das Restrisiko bei Ablauf der Garantie noch vorhanden - und ein nötiger Tausch der Batterie meist ein finanzieller Totalschaden. Darauf sollten Sie achten:

  • Die meisten Hersteller von Elektroautos bieten weltweit für ihre Akkupakete eine Garantie von acht Jahren oder mehr als 160.000 Kilometern an, da in den USA eine entsprechende offizielle Vorgabe existiert. Kommt es in dieser Zeit zu Problemen, wird der Akku bei fast allen auf Kosten des Autoherstellers ausgetauscht.
  • Die Hersteller sichern in den ersten Jahren eine entsprechende Mindestkapazität zu. Auch bei intensiver Nutzung sollte die Akkukapazität nach sechs bis acht Jahren nicht unter 70 bis 80 Prozent gerutscht sein.
  • Die Batteriekapazität kann man bei Spezialisten für Fahrzeugelektronik mit einem vergleichsweise einfachen Test messen - und darauf sollte man beim Gebrauchtwagenkauf bestehen. Kommt bei diesem Test heraus, dass die Akkukapazität unter den Vorgaben liegt, ist es zumeist ein Garantiefall oder im vorgeschrittenen Alter des Fahrzeugs ein Kulanzthema.
  • Einen Gewährleistungs- oder Garantieanspruch gibt es jedoch nur dann, wenn das Fahrzeug ordnungsgemäß gewartet wurde und – besonders wichtig bei einem modernen Fahrzeug – auch alle Updates bekommen hat. Unsachgemäße Behandlungen der Elektromotoren wie zum Beispiel durch Tuning oder das Montieren einer Anhängekupplung, wenn diese nicht freigegeben war, machen die Durchsetzung etwaiger Ansprüche nahezu unmöglich.
  • Mit einem entsprechenden Zertifikat  lässt sich die Kapazität exakt messen und das Risiko minimieren, dass nach dem Kauf ein mehrere tausend Euro kostender oder gar unrentabler Wechsel ansteht. Ein Batterietest kostet zwischen 100 bis 250 Euro – je nachdem, ob es sich um einen Kurztest in der Spezialwerkstatt handelt oder um einen mehrtätigen Test, bei dem ein Gerät an die On-Board-Diagnose (OBD) des Autos angesteckt wird, um mehrere Ladungs- und Entladungsvorgänge zu erfassen.

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