Ein Anreiz zum Kauf eines neuen Elektroautos steht ab dem kommenden Jahr auf der Kippe: Die Befreiung von der Kfz-Steuer. Von Jahresbeginn an neu zugelassene E-Autos könnten nicht mehr von dieser Entlastung profitieren. In der Bundesregierung gibt es noch keine Entscheidung über eine Verlängerung.
Die Auto-Lobby, darunter auch der Verband VDA, fordert, dass alle E-Auto-Besitzer auch weiterhin steuerfrei fahren. Allerdings steigt die Zahl der E-Autos bei aktuell fast 20 Prozent an den Neuzulassungen stark an, so dass die Steuerlücke zur Finanzierung von Straßen und Infrastruktur jedes Jahr größer wird. Dazu kommen weitere Steuerausfälle, da E-Fahrzeuge zum Beispiel bei der Dienstwagenbesteuerung privilegiert sind.
E-Auto-Fahrer steuern nichts zu Infrastruktur und Netzausbau bei
Auch der Aufbau der Ladeinfrastruktur nebst des nötigen Netzhausbaus versursacht erhebliche Kosten. Während E-Auto-Besitzer dazu nichts beisteuern, wird für Fahrerinnen und Fahrer von Benzin- und Dieselfahrzeugen durch die CO2-Steuer das Autofahren jedes Jahr teurer.
Ein Sprecher von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) sagte, die Verlängerung der befristeten Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge bis 2035 sei im Koalitionsvertrag vereinbart. „Die Umsetzung wird aktuell geprüft.“ Bei dem von der Bundesregierung angekündigten „Autodialog“ sollten weitere Maßnahmen zur Stärkung der Automobilindustrie beraten werden. Klingbeil hatte im Bundestag konkrete Entscheidungen angekündigt.
Der Autogipfel soll laut Regierungskreisen am 9. Oktober stattfinden. Teilnehmen sollen demnach mehrere Minister, die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Autoindustrie, die großen Produzenten und Zulieferer sowie Vertreter der Arbeitnehmerseite.
Verkehrsministerium will Kfz-Steuerbefreiung "grundsätzlich verlängern"
Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums sagte, das Ressort halte grundsätzlich eine Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für notwendig, weil damit ein Anreiz für private Käufer geschaffen werde. Federführend sei aber das Bundesfinanzministerium.
Das bedeutet, potenzielle E-Auto-Kunden haben aktuell keine Klarheit, wie es weitergeht – also ob ein ab 2026 neu zugelassenes E-Auto von der Kfz-Steuer befreit ist und ob dies dann bis 2035 gilt.
Was aktuell gilt
Werden reine E-Autos bis zum 31. Dezember 2025 zugelassen, müssen sie ab der Erstzulassung keine Kfz-Steuern zahlen - befristet ist dies bis zum 31. Dezember 2030. Die Regelung gibt es laut ADAC seit Mai 2011. Halter reiner E-Autos müssen ab Erstzulassung bis zu zehn Jahre lang keine Kfz-Steuern zahlen - da diese Steuerbefreiung bis zum 31. Dezember 2030 befristet ist, können Käufer von E-Autos den kompletten 10-Jahres-Zeitraum mittlerweile aber nicht mehr ausnutzen. Wechselt das E-Auto die Halterin oder den Halter, so wird laut ADAC die Steuerbefreiung weitergegeben.
CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, mit verschiedenen Maßnahme die E-Mobilität zu fördern - dazu zählt auch, die Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos bis zum Jahr 2035 zu verlängern.
Autoindustrie fordert Planungssicherheit
VDA-Präsidentin Müller sagte: „Läuft die Kfz-Steuerbefreiung am Ende des Jahres aus, würden vollelektrische Fahrzeuge sogar höher besteuert als Plug-in-Hybride – ein Widerspruch, den die Koalition dringend auflösen muss, um Verunsicherung und Kaufzurückhaltung zu vermeiden.“ Die Verbraucher und Unternehmen bräuchten umgehend Planungssicherheit.
Falls die Steuerbefreiung wegfiele, wäre das für den deutschen Autohandel „ein Schlag ins Kontor“ sagt der Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Thomas Peckruhn. Schon jetzt bemerke man bei den Privatkunden eine hohe Zurückhaltung, ohne den Steuervorteil würde es noch schwieriger, zumal ja auch die vor der Wahl versprochene Senkung der Stromsteuer nicht gekommen sei. Solche Impulse brauche es für die Kunden aber.
Laut ADAC wird nach der aktuellen Regelung ab dem elften Jahr nach Erstzulassung oder spätestens ab dem 1. Januar 2031 beziehungsweise bei Neuzulassung ab 2026 die Kfz-Steuer für E-Autos bis 3,5 Tonnen nach dem zulässigen Gesamtgewicht berechnet. Pro angefangene 200 Kilogramm beträgt laut ADAC die jährliche Kfz-Steuer dann bis zu einem Gesamtgewicht von 2000 Kilogramm 5,625 Euro, bis 3000 Kilogramm 6,01 Euro und bis 3500 Kilogramm 6,39 Euro. „Günstiger als bei vergleichbaren Verbrenner-Modellen bleibt es dennoch.“ Ein Beispiel: Das zulässige Gesamtgewicht betrage beim Elektroauto BMW i3 der ersten Generation (Marktstart 2013) 1630 Kilo, die Steuer belaufe sich deshalb auf mindestens 50 Euro.
Fünfjahresplan: 15 Millionen E-Autos bis 2030
Das immer noch aktuelle politische Ziel, dass bis 2030 in Deutschland 15 Millionen vollelektrische Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein sollen, scheint in weiter Ferne zu sein. Anfang 2025 lag der Bestand reiner E-Autos nach Daten des Kraftfahrt-Bundesamts bei rund 1,65 Millionen Autos - bei insgesamt 49,3 Millionen Pkw.
Welche Folgen Änderungen in der Förderung haben
Dass die Käufer von Elektroautos empfindlich auf Änderungen bei der Förderung reagieren, belegt ein Blick in die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamts. Dort zeigen sich beim Anteil der Elektroautos an den Neuzulassungen einige teils sehr starke Ausschläge: Jeweils im Dezember 2023, 2022 und 2021 sowie im August 2022 schossen die Anteile nach oben - nur um direkt danach abzustürzen und für einige Zeit zu schwächeln.
Diese Ausschläge fallen dabei genau mit dem Ende der Prämie im Dezember 2023, der Beschränkung auf Privatkäufer ab September 2023, der Kürzung Ende 2022 und der langen Unsicherheit zur Verlängerung der Prämie Ende 2021 zusammen. Es liegt also nahe, dass es diesmal ähnlich kommen könnte. Dabei hatte sich zuletzt nach den starken Schwankungen wieder ein recht stabiler Aufwärtstrend herausgebildet. Es zeigt sich also, dass die E-Mobilität ohne Subventionen offenbar nicht am Markt erfolgreich ist - zumindest nicht in dem Maße, in dem es die Vorgaben der Politik erfordern.
Österreich hat Steuergerechtigkeit hergestellt
Im Nachbarland Österreich wurden die Kfz-Steuerprivilegien der Elektroauto-Besitzer bereits beendet. Bisher waren in der Alpenrepublik genau wie in Deutschland Elektrofahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit, fuhren also quasi „schwarz“, ohne dass ihre Besitzer für die (Ab)nutzung der Straßen oder den öffentlichen Ausbau der Ladeinfrastruktur bezahlen mussten. Seit April 2025 wird eine jährliche Steuer fällig. Verbrenner werden in Österreich nach Motorleistung und CO2-Ausstoß besteuert. Da man E-Autos schlecht nach CO2-Ausstoß besteuern kann, da dieser stark vom aktuellen Strommix zum Zeitpunkt des Ladevorgangs abhängt, haben sich die Österreicher für eine ziemlich komplizierte Besteuerung nach Fahrzeuggewicht und Leistung entschlossen.
Anbei einige Beispiele, was die Besitzerinnen und Besitzer von Stromern bei unseren Nachbarn jährlich entrichten (Daten von Krone.at und Heute.at):
- VW ID.3 Pro : 514 Euro / Jahr
- BMW i4 : 530 Euro
- Tesla Model Y : 950 Euro
- Skoda Enyaq : 480 Euro
- Hyundai Inster : 108 Euro
- BMW i3 : 170 Euro
- Audi e-tron 55 : 1142 Euro
- Dacia Spring : 66 Euro
- BYD Seal : 813 Euro
- Tesla Model 3 : 732 Euro
Deutschland könnte Hunderte Millionen einnehmen
Es zeigt sich, dass kleine und leichte E-Fahrzeuge mit geringer Leistung nur wenig besteuert werden, während schwere SUVs in Verbindung mit hoher Motorleistung mehr zahlen müssen - ganz ähnlich, wie in Deutschland Verbrenner mit viel PS und hohem Verbrauch deutlich stärker zur Kasse gebeten werden als sparsame Kleinwagen. In Österreich gibt es (Stand Januar 2025) rund 204.000 E-Autos, in Deutschland dagegen schon 1,65 Millionen - zum Jahresende dürften es mehr als zwei Millionen sein. Deutschland würde also mit der Ausweitung der Kfz-Steuer auf Stromer mehrere Hundert Millionen Euro jährlich einnehmen. Dieses Geld könnte dann in den Ausbau der Ladeinfrastruktur fließen.
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