Friedhof, Trauerfeier und Proteste: Das müssen Sie zur Nawalny-Beerdigung in Moskau wissen
Der Kremlkritiker Alexei Nawalny wird am Freitag beigesetzt. Wie wird die Beerdigung ablaufen? Drohen Übergriffe von Putins Behörden? Alle Infos in der Übersicht.
Moskau – Der verstorbene russische Oppositionelle Alexej Nawalny wird am Freitag (1. März) im Südosten Moskaus beigesetzt. Doch mehr als ein Moment stiller Trauer dürfte Nawalnys Beerdigung wohl kaum werden, eher ein hochpolitisches Ereignis. Die wichtigsten Fragen und Antworten im kompaten Überblick.
Wie wird Alexej Nawalnys Beerdigung ablaufen?
Am Freitag soll zunächst um 14.00 Uhr Ortszeit (12.00 Uhr MEZ) ein Gottesdienst für Nawalny in der Kirche der Ikone der Gottesmutter im Moskauer Stadtteil Marjino stattfinden, wie seine Sprecherin Kira Jarmysch auf dem Kurznachrichtendienst X mitteilte. Laut russischen Medienberichten hatte der Oppositionelle bis 2017 in dem Viertel gewohnt.
Auf welchem Moskauer Friedhof wird Nawalny beigesetzt?
Anschließend solle Nawalny gegen 16.00 Ortszeit auf dem Borisowski-Friedhof im Südosten Moskaus beigesetzt werden. Laut Angaben der Sprecherin Jarmysch liegt der Friedhof mindestens eine halbe Stunde mit der U-Bahn vom Zentrum Moskaus entfernt.

Wer nimmt an Nawalnys Beerdigung teil?
Vorab war nicht klar, wer zu der Trauerfeier und der Beerdigung kommen wird. Viele Anhänger und Vertraute des verstorbenen Nawalny sind ebenfalls Oppositionelle; teilweise halten sie sich im Ausland auf.
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Drohen Repressionen durch Putins Behörden?
Die Witwe des Kremlkritikers, Julija Nawalnaja, äußerte sich im Vorfeld zudem besorgt über mögliche Gewalt und Festnahmen bei der Zeremonie. Sie wisse noch nicht, ob die Beerdigung „friedlich verlaufen oder ob die Polizei diejenigen verhaften wird, die gekommen sind, um sich von meinem Mann zu verabschieden“, sagte sie am Mittwoch (28. Februar) bei einer Rede im EU-Parlament in Straßburg. Nawalnys Team rief dennoch zur Teilnahme an dem Termin auf.
Sollte Nawalny ursprünglich auf dem Gefängnisgelände einer arktischen Strafkolonie begraben werden?
Laut Nawalnys Team hatten die Behörden der arktischen Region, in der Nawalny in einer Strafkolonie starb, tatsächlich damit gedroht, ihn auf dem Gefängnisgelände zu begraben. Damit habe man erreichen wollen, dass seine Mutter einer Beerdigung im Familienkreis zustimmt. Der Kreml hat bestritten, an derartigen Vorgängen beteiligt gewesen zu sein.
Welche Hürden gab es im Vorfeld der Zeremonie? Hat Putin ein früheres Begräbnis verhindert?
Eigentlich wollte Nawalnys Team den Toten bereits am Donnerstag (29. Februar) beisetzen. Laut einem von Nawalnys engsten Vertrauten, Iwan Schdanow, konnte in Moskau für dieses Datum jedoch kein Beerdigungsinstitut gefunden werden. Schdanow behauptete, dass dies mit der „Rede zur Lage der Nation“ zusammenhänge, die Putin an diesem Tag hielt. Im selben, auf den Social-Media-Kanälen des Nawalny-Teams veröffentlichen, Video beschuldigte Schdanow zudem die Behörden, sich einzumischen.
Man habe erreichen wollen, dass es nur eine „ruhige, familiäre Beerdigung“ geben werde. Sollte ein größerer Veranstaltungsort für eine öffentliche Gedenkfeier gebucht werden, habe der Kreml gedroht, „alles zu stören“. Immerhin sei man sich Russlands Regierung „darüber im Klaren, dass sich niemand für Putin und seine Rede am Tag des Abschieds von Alexej interessieren wird“, schrieb Schdanow in den sozialen Medien.
Außerdem steht laut Jarmysch bis Donnerstagnachmittag noch immer kein Leichenwagen für die Zeremonie zur Verfügung, wie sie auf der Plattform X mitteilte. Bestattungsfirmen seien von Unbekannten bedroht worden. Das Team sei sich jedoch sicher, dass man rechtzeitig eine Lösung finden werde.
Woran ist Alexej Nawalny gestorben?
Gemäß offizieller Angaben verstarb Alexei Nawalny am 16. Februar im Alter von lediglich 47 Jahren in einem Straflager nördlich des Polarkreises. Der scharfe Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin hatte bereits im Jahr 2020 einen Giftanschlag überstanden und war aufgrund ständiger Einzelhaft im Lager physisch stark geschwächt. Aufgrund dieser Umstände sind seine Unterstützer und zahlreiche internationale Beobachter der Meinung, dass die Bezeichnung „natürliche“ Todesursache, wie es auf dem Totenschein angegeben werden soll, nicht angemessen ist. Der ukrainische Militärgeheimdienst HUR geht allerdings von einem Blutgerinnsel als Ursache von Nawalnys Tod aus. Spekulationen kursierten zuvor auch über eine Beteiligung des KGB.
Welche Bedeutung hatte Alexei Nawalny für Russland und den Kampf gegen Wladimir Putin?
Nawalny war Russlands wichtigster Oppositioneller und schärfster Gegner Putins. Immer wieder stieß er politische Debatten an und setze sich, auch nach seiner Verhaftung, für die Demokratie ein. Im September 2011 gründete der ehemalige Rechtsanwalt schließlich die inzwischen weltweit bekannte Anti-Korruptionsstiftung, um die Veruntreuung von öffentlichen Geldern aufzudecken. Im Lauf des letzten Jahrzehnts wurde er dann zur Speerspitze der russischen Opposition.
Jarmysch erinnerte am Donnerstag in einem Video an die Verdienste Nawalnys. Veröffentlicht wurde es auf dem X-Account von Nawalnys Witwe, Julia Nawalnaja. Nawalny sei nicht vor Gefahren zurückgeschreckt, sei immer „ehrlich und mutig“ gewesen und habe „die Wahrheit gesagt, auf diesem Kanal und generell, hat sein Wort gehalten“. Sein Verlust sei „nicht nur für die Menschen, die ihn persönlich kannten und nicht nur für abstraktes Russland oder die Welt“ schmerzlich, denn er habe den Menschen Hoffnung gegeben.
Welche Kritik gibt es an Alexei Nawalny? War er für den Ukraine-Krieg?
Trotz dieser Verdienste gab es auch immer wieder Kritik an Russlands bekanntestem Oppositionellen. Vor allem frühere Äußerungen standen oft im Widerspruch zum Bild eines Vorkämpfers für die liberale Demokratie. Jade McGlynn, eine auf russische Politik spezialisierte Forscherin am King‘s College London, erklärte Euronews, Nawalny habe kontroversen Ansichten über Muslime im Kaukasus, Georgier und zentralasiatische Migranten in Russland gehabt. Auch die Annexion der Krim im Jahre 2014 hatte er zunächst verteidigt. Später hatte er den Ukraine-Krieg jedoch verurteilt. (tpn)