„Es wird einfach nie langweilig“: Helfen auf Bauernhöfen - drei Frauen für alle (Not-)Fälle

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Multitalente nicht nur im Stall: (v.l.) Katharina Krauter, Magdalena Gerg und Maria Lidl sind als neue Dorfhelferinnen in den Landkreisen Weilheim-Schongau und Bad Tölz-Wolfratshausen tätig. © Seliger

Kommt es zu einer Notlage, sind sie zur Stelle: die Dorfhelferinnen. Im Landkreis gab es bisher nur noch eine dieser patenten Frauen. Jetzt hat eine Penzbergerin ihre Ausbildung abgeschlossen – und mit ihr zwei ihrer Freundinnen. Sie helfen nicht nur auf Bauernhöfen, sondern auch in Privathaushalten.

Sie kümmern sich um die Kinder, wickeln das Baby, kochen, putzen, melken die Kühe oder versorgen alte Menschen: Das Aufgabengebiet von Dorfhelferinnen ist unheimlich vielseitig – und ebenso umfassend müssen die Fähigkeiten und Kenntnisse sein, die sie beherrschen müssen. Im Landkreis Weilheim-Schongau hatte es zuletzt nur noch eine einzige Dorfhelferin gegeben, die in Familien half, die sich in einer akuten Notlage befanden, wie Vize-Kreisbäuerin Maria Lidl aus Penzberg berichtet. Kürzlich hat nun Katharina Krauter ihre Ausbildung abgeschlossen. Die 22-jährige Schlehdorferin ist seitdem im Landkreis als zweite Dorfhelferin tätig. Mit ihr zusammen haben Lidls Tochter Maria und die Bichlerin Magdalena Gerg ihre Dorfhelferinnen-Ausbildung abgeschlossen. Die beiden 21-Jährigen werden überwiegend im Nachbarlandkreis Bad Tölz-Wolfratshausen tätig sein, wo es bisher mit neun Dorfhelferinnen bereits relativ viele gegeben habe, wie Lidl findet. Alle seien jedoch auch jenseits dieser beiden Landkreisgrenzen in der gesamten Region unterwegs.

Zweijährige Ausbildung

Um Dorfhelferin zu werden, müsse man zunächst eine zweijährige hauswirtschaftliche Ausbildung absolvieren, erzählen die drei jungen Frauen. Diese haben sie bei der Berufsfachschule für Ernährung und Versorgung der Caritas in München durchlaufen. Erst danach dürfe man die Fortbildung zur Dorfhelferin antreten, die mit einem Realschulabschluss weitere zwei Jahre dauere und an eigenen Schulen in Pfaffenhofen und Neuburg an der Donau stattfinde.

Die Kenntnisse, die die Drei hier erworben haben, sind vielseitig. Unter anderem haben sie einen Tierhaltungskurs absolviert, haben in einer Großküche gearbeitet und in einem Kindergarten. Sie haben eine Hebamme begleitet oder sind mit einem Pflegedienst mitgefahren. Außerdem haben sie psychologische Grundkenntnisse erworben, wie man mit Menschen in Krisensituationen umgeht.

Von Säuglingspflege bis Umgang mit Milchvieh

Jetzt wissen sie außerdem, wie man kleine Kindern betreut, kennen sich in der Säuglingspflege aus und haben Grundlagen in der Pflege erworben. Natürlich haben die Drei auch die grundlegenden Arbeiten auf einem landwirtschaftlichen Hof und den Umgang mit Milchvieh erlernt – aber das meiste davon wussten Katharina, Magdalena und Maria eh schon. Denn alle stammen aus einem landwirtschaftlichen Betrieb. Wenn auf einem Hof ein Notfall eintritt – etwa wegen Krankheit, Schwangerschaft oder Tod – können sich betroffene Familie an den Maschinenring wenden, erläutert Vize-Kreisbäuerin Lidl (siehe unten). Dieser vermittle die Einsätze von Dorfhelferinnen.

Sie befürchtet, dass es in der Region viele Bäuerinnen gebe, die mit dem Hof, kleinen Kindern, dem Gemüsegarten und der Betreuung der eigenen Eltern völlig überfordert sind. Eine Dorfhelferin zur Unterstützung werde aber leider oft erst geholt, wenn Burnout und Co. da sind. Aber nicht nur Landwirte könnten dieses Angebot in Anspruch nehmen, das meist über die Krankenkassen abgerechnet werde. Auch Privatpersonen können Dorfhelferinnen anfordern. „Viele wissen das aber gar nicht“, bedauert Lidl.

Große Wertschätzung für die Arbeit

Maria, Katharina und Magdalena haben ihre ersten Einsätze bereits hinter sich. Auch aktuell betreuen sie Familien. Sprechen dürfen sie darüber nicht. „Wir haben Schweigepflicht“, betont Magdalena. Denn eine Dorfhelferin lebe eng mit der von ihr betreuten Familie zusammen und bekomme dadurch viel private Einblicke. Zudem würden viele Familien nicht wollen, dass die Außenwelt erfährt, wenn die Mutter schwer erkrankt oder der Vater verstorben ist.

Wie lange eine Dorfhelferin bei einer Familie bleibe, sei je nach Situation unterschiedlich, erzählt die Penzbergerin Maria. Im Todesfall sei eine Maximaldauer von einem Jahr möglich. Auch ihre wöchentliche Stundenzeit in den Familien variiere stark. Mal muss eine Dorfhelferin schon morgens um 5 Uhr bei einer Familie im Stall helfen, mal unterstützt sie eine schwangere Landwirtin nur für einige Stunden am Tag und nimmt ihr etwa schwerere körperliche Arbeit ab. Und mal ist sie als Alltagsbegleiterinnen für Senioren tätig. Letzteres könne über die Pflegekasse abgerechnet werden, erklärt Lidl. Oft betreue eine Dorfhelferin mehrere Familien parallel.

„Es wird einfach nie langweilig“

Tochter Maria Lidl ist gerne als Dorfhelferin unterwegs. „Es wird einfach nie langweilig. Hier sind viele Berufe vereint“, findet die 21-Jährige. Sie und Magdalena haben sich für eine freiberufliche Tätigkeit entschieden, während Katharina bei der Katholischen Dorfhelferinnen und Betriebshelfer in Bayern GmbH (KDBH) fest angestellt ist.

Wenn sie neu zu einer Familie komme, was bei einer akuten Notlage wie einem Unfall sehr plötzlich passieren könne, brauche sie schon ein paar Tage, bis sie sich eingewöhnt habe, erzählt Maria. „Aber es ist eigentlich immer jemand da, der einem alles erklären kann.“ Als Dorfhelferin müsse man aber schon tatkräftig zupacken können, sagt Magdalena. Man müsse in der Lage sein, anstehende Arbeiten zu sehen und eigenständig aktiv zu werden. „Und man muss erkennen, welche der Arbeiten gerade am dringendsten ist“, ergänzt Katharina.

Alle drei möchten ihren Beruf nicht mehr missen

Für alle Drei war Dorfhelferin nicht ihr Traumberuf aus Kindertagen. Auch, wenn sie in dieser Zeit erstmals Dorfhelferinnen auf ihren elterlichen Höfen kennengelernt haben. Nach ihren ersten Wochen als Dorfhelferinnen möchten alle Drei ihren gewählten Beruf aber nicht mehr missen. „Die Wertschätzung ist groß“, sagt etwa Maria. Auch die Dankbarkeit der Familien über ihre Hilfe. Und Katharina findet es besonders schön, wenn sie zu Familien mit kleinen Kindern gerufen werde. Die freuten sich immer so, wenn sie jeden Tag wieder käme.

Die Einsätze von Dorfhelferinnen werden über die Maschinenringe vermittelt. Landwirte oder Privatpersonen, die wegen Krankheit, Geburt, Schwangerschaft oder Tod Unterstützung zuhause oder auf ihrem Hof benötigen, können sich entweder an den Maschinenring Wolfratshausen (Telefon 08171/421627) oder an den Maschinenring Oberland (Telefon 08861/93003955) wenden.

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