TV-Kolumne „Markus Lanz“ - Gut zuhören, Herr Merz: Bei Lanz präsentiert Grünen-Chefin simples Anti-AfD-Mittel

Die Runde bei Markus Lanz starrt auf den Bildschirm. Die Bilder zeigen den AfD-Abgeordneten Stephan Brandner bei seiner Rede im Bundestag. Brandner wird dabei wieder mal seinem Image als rhetorischer Scharfmacher gerecht: Die Sozialdemokraten nennt er „Schrumpfgenossen“ und eine „Mischpoke“, Friedrich Merz einen „Wahlbetrüger“, und er klagt, ganz Deutschland sei „ruiniert“. 

Einen Ordnungsruf zur sprachlichen Mäßigung ignoriert Brandner. Die AfD ist der Meinung, ihr stünden nach dem Wahlergebnis wichtige Ämter zu. So habe etwa Alexander Gauland von der AfD statt Gregor Gysi das Recht auf den Vorsitz bei der konstituierenden Sitzung des Bundestags. Schließlich sei Gauland sieben Lebensjahre älter als Gysi. 

„Markus Lanz“: Grünen-Chefin wegen AfD-Pöbeleien besorgt

„Diese Verächtlichmachung, diese Verachtung gegenüber allem, was da ist“, kommentiert die Grüne-Vorsitzende Franziska Brantner das Verhalten der 152 Vertreter der AfD im Bundestag. „Die AfD bezeichnet eine demokratisch gewählte Mehrheit sogar als Kartell. Das ist besorgniserregend.“ 

Brantner stellt klar: „Die AfD hat das Recht, jemanden vorzuschlagen. Dieser Kandidat muss aber die Abgeordneten überzeugen. Die AfD hat es nicht verstanden, Mehrheiten zu gewinnen.“ Stattdessen spielt die AfD wieder mal die Opferkarte und kritisiert eine angebliche Parteienverschwörung. Systematisch, so argumentiert die AfD, würden die Abgeordneten der größten Oppositionsfraktion von wichtigen Positionen im Parlament ferngehalten. 

Journalist will die AfD einfach mal machen lassen

Deniz Yücel sitzt in der Runde. Der Journalist saß sieben Jahre in einem Gefängnis in Istanbul wegen seiner politischen Meinungsäußerungen. Er sagt, der große Fehler im Umgang mit der AfD sei, dass man sie ausschließe und nicht richtig mitmachen lasse. Man würde die AfD-Politiker schneiden, ignorieren und sie nicht grüßen. 

Das aber würde sie von Wahl zu Wahl größer machen. Das sei der falsche Weg. Yücel geht offenbar davon aus, dass der Nimbus der Partei für ihre Millionen von Wählern zerstört werde, wenn die Partei mal etwas leisten muss. Dann wäre der Lack wohl schnell ab und die Partei entzaubert sich selbst. 

Brantners Heilmittel gegen die AfD: Mehr Ehrlichkeit

Deniz Yücels anderer Denkweise ist ein Irrweg. Die AfD würde diese Ämter nutzen, um die deutsche Politik zu blockieren. Dann wird es mit dem Zustrom zur AfD nur noch schlimmer, weil der politischen Arbeit der Stillstand droht. Die Demokratie käme an die Grenze ihrer Funktionsfähigkeit. 

Die Grünen-Vorsitzende Brantner schlägt einen anderen Weg vor: „Es muss endlich aufhören, dass Politiker etwas erzählen, das man machen will, aber von dem sie schon wissen, dass man es nicht machen kann.“ Sie appelliert an die Ehrlichkeit von Politikern. 

Gemeint ist damit etwa Friedrich Merz, der - um sich zum Kanzler küren zu lassen - der SPD große Zugeständnisse macht. Die im Wahlkampf noch unantastbare Schuldenbremse ist plötzlich Geschichte und stattdessen werden mehr Milliarden ausgegeben als jemals zuvor. Von Merz` knallhartem Fünf-Punkte-Plan, um die deutschen Grenzen gegen unrechtmäßige Migration abzusichern, ist auch keine Rede mehr. Manche Unionsmitglieder reiben sich verwundert die Augen. 

Politiker sollten unangenehme Wahrheiten aussprechen

Das Rezept gegen die erstarkende AfD wäre eine glaubwürdige Politik aus der demokratischen Mitte heraus. Einfach mal tun, was man vorher gesagt hat. Bei der Gelegenheit könnte man auch gleich dem Volk mitteilen, dass die Wiederentdeckung der deutschen und europäischen Verteidigung am Ende auch in der Geldbörse der Bürger ankommt. Politiker müssen sich trauen, auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Das gehört zur Wahrhaftigkeit der Politik dazu. 

Journalist Michael Bröcker formuliert das bei Markus Lanz so: „Inhaltlich gute Politik ist besser, als der AfD Ämter zu geben.“ Da hat er gleich doppelt recht.