Lage im Überschwemmungsgebiet: Bitteres Aus für Traditionsgärtnerei
Eigentlich wollten die Betreiber modernisieren. Doch dann kam alles ganz anders. Nun muss der Traditionsbetrieb schließen.
Schöngeising - Im Lauf des Genehmigungsverfahrens stellte sich heraus, dass die Schöngeisinger Gärtnerei nach neuen Berechnungen im Hochwassergebiet liegt. „Aus wasserwirtschaftlicher Sicht ist das Gelände aufgrund der Lage im Überschwemmungsgebiet der Amper nicht für eine erweiterte, gewerbliche Nutzung geeignet“. Dieser Satz aus dem Landratsamt beendet nach 80 Jahren eine gartenbauliche Tradition in Schöngeising – zuletzt betrieben von der Staudengärtnerei Strasser.
Alles muss raus
Schweren Herzens haben Andreas und Stephanie Strasser den wegen hoher Rabatte zumindest bei den Kunden beliebten „Alles-muss-raus-Verkauf“ gestartet. Von der „Fetten Henne“ bis zur Schubkarre, von den Dichternarzissen-Zwiebeln bis zum Düngersack – Ende November sollte das rund zwei Hektar große Gelände direkt an der B 471 geräumt sein.
„Vor zwei Jahren sind wir für Monate in ein tiefes Loch gefallen. Herzblut, Geld und viel Engagement, das wir seit der Übernahme vor elf Jahren in die Staudengärtnerei gesteckt haben, war mit einem Mal dahin“, erzählt Andreas Strasser. Mit einer harmlosen Anfrage beim Landratsamt, wie es denn mit dem Neubau eines Betriebsleiterwohnhauses auf dem weitläufigen Gelände aussehe, haben die Strassers den Stein tragischerweise selbst ins Rollen gebracht. Ziel der beiden diplomierten Gartenbau-Ingenieure war es, den Pachtvertrag in einen Kaufvertrag umzuwandeln und nicht nur den Arbeitssitz, sondern auch den Wohnsitz wieder nach Schöngeising zu verlegen, wo Andreas Strasser geboren ist. Trotz Außenbereich wäre ein zum Gartenbau-Betrieb gehörendes Haus – die Villa mit Schwimmbad des einstigen Besitzers Stainer existiert nicht mehr – als privilegiertes Bauvorhaben prinzipiell genehmigungsfähig gewesen.
Schon vor einer Neuberechnung und damit Ausweitung des Überschwemmungsgebietes an der Amper im Jahr 2022 war das Gelände der Gärtnerei als Hochwasserschutzgebiet für ein Hundertjähriges Hochwasser ausgewiesen. Beim Pfingsthochwasser im Jahr 1999 war auch tatsächlich der vordere Verkaufsbereich an der Straße für zwei Wochen einen Meter hoch überschwemmt.
Auch Anbau auf Freifläche verboten
„Einen Bestandsschutz gibt es nur für Gebäude und die vorhandenen Gewächshäuser, nicht aber für den Betrieb auf den Freiflächen“, erklärt Strasser. Der wäre mit allerhand Materialien wie Töpfen, Folien und Pflanztrögen verbunden gewesen, die bei einem Hochwasser davonschwimmen hätten können. Dabei geht es nicht nur darum, die Reten㈠tionsfläche, also das Stauvolumen durch neue Bauten nicht zu verringern, sondern auch darum, den Wasserabfluss nicht zu behindern.
Spätestens in einem Jahr ist der Festsetzungsbeschluss zu erwarten. Ein Neubau oder auch nur der Weiterbetrieb der bestehenden Gärtnerei wäre dann per Ausnahmegenehmigung allenfalls durch die Anlage eines hohen Walls rund um die Gärtnerei mit Schleusentoren möglich gewesen. Viel zu aufwändig und nicht finanzierbar. Interventionen bei den Behörden durch Schöngeisings Bürgermeister Thomas Totzauer, der den Betrieb mit einst zwölf Mitarbeitern gerne erhalten hätte, blieben erfolglos.
Wie eine kalte Enteignung
„Überspitzt formuliert könnte man von einer kalten Enteignung sprechen“, so Strasser. Mittlerweile hat sich das Ehepaar aber mit dem Ende seines Schöngeisinger Engagements abgefunden und den Spaß am Gärtnern wiedergefunden. „Wir haben eine tolle Zeit gehabt und viele Kunden mit schönen Pflanzen erfreuen dürfen.“ Die studierten Gärtner hatten sich auf biologisch und torffrei erzeugte, heimische Stauden und Gemüsepflanzen spezialisiert. Rund 3000 verschiedene Arten und Sorten waren im Angebot.
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Kraft und Geld, an anderer Stelle erneut eine Gärtnerei aufzubauen, will die Familie mit zwei kleinen Kindern derzeit nicht investieren. Stattdessen wollen die Strassers die Planung und Pflege von Gartenanlagen in der Region übernehmen und Kurse für gärtnerische Themen wie Staudenpflege, Obstbaumschnitt oder die Anlage von Hochbeeten anbieten.