Migration: Dobrindt verteidigt Grenzkontrollen – Seehofer attackiert Merkel

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

In die Diskussion rund um die Grenzkontrollen mischen sich Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel und ihr ehemaliger Innenminister Horst Seehofer ein.

Berlin – Die neue schwarz-rote Koalition setzt im Kampf gegen illegale Migration neben anderen Maßnahmen auch auf verstärkte Grenzkontrollen. Doch die Kontrollen der deutschen Außengrenzen sind politisch umstritten. Nun hat sich die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Debatte eingeschaltet und sich klar gegen die Maßnahmen der neuen Bundesregierung ausgesprochen.

„Ich glaube nicht, dass wir die illegale Migration an der deutsch-österreichischen oder deutsch-polnischen Grenze abschließend bekämpfen können“, sagte Merkel auf einer Veranstaltung der Tageszeitung Südwest Presse in Neu-Ulm. „Ich habe mich immer für europäische Lösungen eingesetzt“, erklärte Merkel und riet zu einem verstärkten Fokus auf den Schutz der EU-Außengrenzen. Alleingänge einzelner Staaten könnten Europa die Freizügigkeit und Schengen kosten, warnte sie. Sonst könnten wir erleben, „dass uns Europa kaputt gemacht wird“.

Debatte um Grenzkontrollen: Merkel attackiert Bundesregierung, Seehofer verteidigt Maßnahmen

Der ehemalige Bundesinnenminister Horst Seehofer hingegen kritisierte in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit dem Bayerischen Rundfunk die ehemalige Kanzlerin. Merkel machte er darin für das Erstarken der AfD verantwortlich. Vor allem ihr Migrationskurs sei schuld: „Auch wenn sie es heute noch nicht so sieht wie ich, das war ein großer Fehler“, sagte Seehofer.

Waren sich politisch nicht immer einig: die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (links) und ihr damaliger Innenminister Horst Seehofer (rechts). (Archivbild).
Waren sich politisch nicht immer einig: die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (links) und ihr damaliger Innenminister Horst Seehofer (rechts). (Archivbild). © bildgehege/Imago

Und weiter: „Seit der fatalen Fehlentscheidung von Angela Merkel 2015, die Grenzen aufzumachen oder durchlässig zu machen, haben wir das Aufwachsen der AfD. Sie sind dann in alle Parlamente eingezogen.“ Merkel selbst wies in der Vergangenheit die Anschuldigung, sie sei für die Verdoppelung der Wählerstimmen der AfD verantwortlich zu machen, von sich. Seehofer nannte diese Haltung im BR „bissel schräg“.

Verstärkte Grenzkontrollen: Seehofer greift Merkel an – und hofft auf Dobrindt und Merz

Das Problem sei vor allem die Haltung von Merkel gewesen, die Zurückweisungen an der Grenze von Asylbewerbern nicht wollte. „Das war damals ihre Meinung und die vertritt sie ja heute noch. Da können Sie Innenminister sein, so lange Sie wollen: Wenn der Kanzler diese Grundlage nicht mitträgt, können Sie nichts machen“, sagte Seehofer weiter. Während Merkels letzter Amtsperiode war Seehofer von 2018 bis 2021 ihr Bundesinnenminister.

Bei Neu-Bundeskanzler Friedrich Merz und dessen Innenminister Alexander Dobrindt sei dies nun aber „machbar“. Er habe große Hoffnung „im Herzen, dass die neue Regierung unter Friedrich Merz eine gute Politik macht, von der Wirtschaftspolitik bis zur Sozialpolitik, die dazu führt, dass die Leute sagen: ‚Wir haben Vertrauen zu denen, die AfD brauchen wir nicht mehr.‘“, führte Seehofer aus.

Migrationsdebatte: Seehofer lobt Dobrindt und Merz für neue Maßnahmen

Die von Dobrindt eingeführten und durch Merz und der SPD mitgetragenen Grenzkontrollen nennt Seehofer „eine Überbrückungsmaßnahme, bis die Außengrenzen in der Europäischen Union kontrolliert werden und dort entschieden wird, wer einreisen darf.“

Dobrindt selbst verteidigte am Donnerstag die Grenzkontrollen. Auch im Norden an der Grenze zu Dänemark seien sie sinnvoll – obwohl dort keine wichtige Migrationsroute nach Deutschland liegt. Es sei bekannt, dass das Migrationsgeschehen von kriminellen Banden gesteuert werde, sagte Dobrindt auf eine entsprechende Frage eines Journalisten.

Debatte um Grenzkontrollen: Dobrindt verteidigt neue Maßnahmen an deutschen Außengrenzen

Wenn die Bundesregierung die Kontrollen nur an einzelnen Grenzabschnitten verstärke, würden diese Banden darauf reagieren und an anderer Stelle Menschen an die Grenzen bringen, sagte Dobrindt. Es gehe um das Signal: „Es gibt keinen einfachen Ausweichmechanismus an dieser Stelle.“

Der aktuelle Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (rechts) mit seinem Vorgänger Horst Seehofer (Archivbild).
Der aktuelle Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (rechts) mit seinem Vorgänger Horst Seehofer (Archivbild). © Alexander Pohl/Imago

Die stärkeren Kontrollen führen aus Sicht des dänischen Einwanderungs- und Integrationsministers Kaare Dybvad Bek nicht zu Problemen im Grenzverkehr. Viele Deutsche arbeiteten in Süddänemark und umgekehrt auch Dänen in Deutschland, sagte er nach einem Treffen mit Dobrindt in Berlin. Ihn hätten keine Bedenken wegen der neuen Maßnahmen erreicht. „Aus unserer Perspektive kann Deutschland auf diese Art die Migrationsströme kontrollieren.“

Der Sozialdemokrat Bek und Dobrindt betonten ihre Gemeinsamkeiten. Die dänischen Sozialdemokraten verfolgen seit Jahren eine strikte Migrationspolitik. Dies habe zu einer geringeren Polarisierung im Land geführt, lobte Dobrindt. Der neue Innenminister hatte wenige Stunden nach seinem Amtsantritt Anfang Mai eine Intensivierung der Grenzkontrollen verfügt. Gleichzeitig ordnete er an, dass auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. (fmü/dpa)

Auch interessant

Kommentare