„Tut mir unendlich leid“: Raser tötete 18-Jährigen auf der Flucht vor der Polizei - Bittere Tränen vor Gericht

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Er wollte nicht ohne Führerschein von der Polizei erwischt werden - deshalb floh Erdem I. (22) vor einer Verkehrskontrolle und raste mit 144 km/h in Richtung Leonrodplatz. Dort tötete er mit seinem Auto einen 18-Jährigen. Jetzt muss sich der Raser vor Gericht verantworten - und legte unter Tränen ein Geständnis ab.

München - „Ich würde mein Leben dafür geben, das wieder rückgängig zu machen. Es tut mir unendlich leid, was passiert ist“, sagte Erdem I. vor dem Amtsgericht. Dort ist er wegen illegalen Straßenrennens, gefährlicher Körperverletzung sowie wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.

Die Vorwürfe räumte Erdem über seine Strafverteidigerin Daniela Gabler ein. Laut Staatsanwaltschaft hatte der 22-Jährige in der Unglücksnacht getrunken und gekifft. Auf der Flucht vor der Polizei verlor er die Kontrolle über seinen Wagen, der in die Tram-Haltestelle schleuderte. Tragisch: Dort hatte der 18-jährige Daniel N. auf dem Nachhauseweg von einem Festival gewartet und wurde regelrecht erschlagen.

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München: Raser floh vor Polizei und verursachte Crash am Leonrodplatz - 18-Jähriger stirbt

Einsatzkräfte sichern den demolierten Renault nach dem tödlichen Unfall am Leonrodplatz
Einsatzkräfte sichern den demolierten Renault nach dem tödlichen Unfall am Leonrodplatz © Thomas Gaulke

„Ich werde dir niemals verzeihen, was du getan hast. Wir alle werden dir niemals verzeihen, was du getan hast“, sagte Paul O. (Name geändert), der bei dem Unfall schwere Beinverletzungen erlitten hatte und nun als Zeuge gegen Erdem I. aussagte. Dessen Entschuldigung lehnte O. ab. Denn der Raser hatte an jenem Abend angeblich gesehen, dass die Ampel an der Kreuzung rot war - und fuhr Gutachten zufolge mit rund 96 km/h weiter. Danach kollidierte sein Renault mit einem VW, überschlug sich und schleuderte in die Passanten.

Vor dem Amtsgericht legte Erdem I. (22) mithilfe seiner Anwältin Daniela Gabler ein Geständnis ab
Vor dem Amtsgericht legte Erdem I. (22) mithilfe seiner Anwältin Daniela Gabler ein Geständnis ab © SIGI JANTZ

„Ich dachte mir, das geht nicht gut aus“, berichtete ein Polizist ebenfalls unter Tränen von diesen Sekunden. Er und seine Kollegin waren als erste am Trümmerfeld: „Man hat einfach das Gefühl, man hat nicht genug Arme, um jedem zu helfen.“ Beim Anblick von Daniel N. habe er gewusst, dass jede Hilfe zu spät komme.

Todesraser entschuldigt sich vor Gericht: „Ich würde mein Leben dafür geben, um es rückgängig zu machen“

Mehr als hundert Zuschauer verfolgten den hoch emotionalen Prozess, über dessen Ausgang erst am 28. Dezember entschieden wird. Vergessen wird den Tag keiner der Beteiligten. „Ich hoffe, dass du dich dein Leben lang schlecht fühlst“, sagte Paul O. zum Angeklagten. Unter hörbarem Schluchzen vieler Zuschauer fuhr der junge Mann mit fester Stimme fort: „Wir wissen beide, dass es allein deine Schuld ist, dass es passiert ist. Dass du es hättest verhindern können. Wir wissen beide, dass du ein Feigling bist.“

Daniel N. verlor sein Leben durch den Raser
Daniel N. verlor sein Leben durch den Raser © D. Pohl

Auch das gestand Erdem I. direkt ein: „Ich weiß, dass es sehr feige war, und ich weiß, dass ich es am meisten verdient gehabt hätte, an dem Tag zu sterben“, antwortete er. Dem 22-Jährigen drohen nun mehrere Jahre Haft. Maximal vier wären es am Amtsgericht, doch der Prozess endete mit einem Paukenschlag: die Richterin verwies den Fall am Nachmittag ans Landgericht, wo nun eine höhere Strafe droht. 

Ein ähnlicher Fall war 2019 in München erstmals als Mord gewertet und direkt am Landgericht verhandelt worden: Auf der Fürstenrieder Straße raste Victor B. damals auf der Flucht vor der Polizei zugekokst in eine Schüler-Gruppe und tötete einen 14-Jährigen. Er wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Bei Erdem I. ist das keine Option, weil er nicht wegen Mordes angeklagt ist. In seinem Fall geht es nun aber um grobe Fahrlässigkeit und die Frage, ob er eventuell sogar vorsätzlich gehandelt hatte. (mit Material von dpa)

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