CDU-Mann Voigt geht ins Duell mit AfD-Extremist Höcke: Politologe sieht „Dilemma“ – Söder urteilt klar

  1. Startseite
  2. Politik

KommentareDrucken

Mit Björn Höcke tritt erstmals ein AfD-Politiker im TV-Duell an. Wird ein Rechtsradikaler so salonfähig gemacht? Die Meinungen gehen auseinander.

Berlin – Björn Höckes erstes TV-Duell am Donnerstagabend (11. April, 20.15 Uhr) im Privatsender Welt polarisiert. Vor der Landtagswahl in Thüringen tritt der rechtsradikale AfD-Mann Höcke gegen den CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt an. Eine Sorge lautet: Mit der Einladung Höckes bekommt ein Mann vom äußersten rechten Rand eine Bühne, auf der er seine Parolen weiter salonfähig machen kann. Ein Politikwissenschaftler unterstreicht diese Gefahr. Trotzdem hält er die Auseinandersetzung für notwendig.

CDU-Mann Voigt geht ins TV-Duell mit Höcke: Experte sieht „Dilemma“ – aber auch Chance

„Höcke steht für völkisches und identitäres Denken. Das ist ebenso falsch wie widerlich. Demnach sollte man so jemandem eigentlich keine Bühne bieten“, sagte Oliver Lembcke, Politologie-Professor an der Ruhr-Universität Bochum, IPPEN.MEDIA. Einfach zu beurteilen ist die Situation Lembcke zufolge jedoch nicht. „Es gilt aber auch: Wer – wie die CDU – im Parteienwettstreit eine Chance haben will, muss die Möglichkeit haben, den politischen Gegner herauszufordern“, betonte der Wissenschaftler: „Es ist also ein Dilemma: Auf der einen Seite der Grundsatz, ‚mit Faschisten spricht man nicht’; auf der anderen Seite muss die CDU die Chance bekommen, die AfD argumentativ anzugreifen.“

Am Donnerstag wird es im Privatsender Welt TV zum Duell zwischen den thüringischen Landespolitikern Marion Voigt (CDU) und Björn Höcke (AfD) kommen. Ein Rechtsextremer im TV-Duell – ein Tabubruch?
Am Donnerstag wird es im Privatsender Welt TV zum Duell zwischen den thüringischen Landespolitikern Marion Voigt (CDU) und Björn Höcke (AfD) kommen. Ein Rechtsextremer im TV-Duell – ein Tabubruch? © IMAGO / HMB-Media/ Funke Foto Services

Anlass für das Fernsehduell war eine Diskussion zwischen dem Thüringer CDU-Chef Voigt und Höcke auf X (früher Twitter) vom Januar, in der sich beide über Europa-Themen stritten. Sie kamen zum Schluss, die Debatte auch vor Kameras austragen zu können. Anders als etwa Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), schloss Voigt ein TV-Duell gegen Höcke nicht aus. Für dessen Generalsekretär, Christian Herrgott bedeutet Voigts Teilnahme keinen Tabubruch.

TV-Duell mit Höcke: CSU-Chef Söder verteidigt Voigts Entscheidung

„AfD-Politiker sitzen jede Woche in politischen Talkshows. Zudem haben sie in den sozialen Netzwerken doch längst ihre Bühne, wo sie unwidersprochen ihre Parolen verbreiten“, sagte Herrgott vor dem Duell gegenüber IPPEN.MEDIA. „Höcke ist der heimliche Anführer seiner Partei. Es ist doch eine wichtige Aufgabe der demokratischen Mitte, zu zeigen, dass die angebliche Alternative ein enormes Risiko für unser Land ist.“

Die CDU will Höcke durch seine eigenen Positionen entlarven. „Die Höcke-AfD ist ein Feind der Zukunft. Sie malt alles schwärzer, als es ist und versteift sich darauf, Probleme nur zu beschreiben. Sie hat keine funktionierenden Lösungen. Höcke ist der Chancentod für Thüringen, der Investoren und Fachkräfte abschreckt“, betonte CDU-Politiker Herrgott.

Überraschend klare Rückendeckung bekommt Voigt von ganz oben aus der Schwesterpartei CSU. „Ich finde es wichtig, die AfD zu stellen“, sagte Parteichef Markus Söder unserer Redaktion. Das Format des direkten Duells sei richtig. Gerade in den neuen Ländern, wo die AfD die stärkste Konkurrenz sei, müsse man „zeigen, was sie nicht kann“. Söder erklärte zudem, er selbst habe „kein Problem, sich mit der AfD zur Diskussion zu treffen, wenn es so notwendig wäre. Ich hätte auch vor der Landtagswahl keine Angst davor gehabt.“ Hätte der Bayerische Rundfunk entschieden, das große Kandidaten-Duell im Herbst 2023 mit der AfD statt mit den Grünen zu machen (die Umfragen waren knapp), „dann hätte ich mich auch dahin gestellt“.

Höckes große Bühne: Welt will „einordnen“ und Aussagen auf Wahrheit prüfen

Von einem Tabubruch will auch Welt-Chefredakteur Jan Philipp Burgard im Gespräch mit unserer Redaktion nicht reden. „Wir haben sorgfältig abgewogen, ob wir dieses TV-Duell ausrichten sollen. Die AfD zu ignorieren, hat bisher nichts gebracht. Das Duell ermöglicht den Zuschauern zu erfahren, was es bedeuten würde, wenn Rechtsextremisten Regierungsverantwortung bekommen würden.“

Burgard und der Sender Welt wollen sich akribisch auf die Debatte vorbereiten. „Wir sehen das Duell als Boxring der Demokratie. Meine Co-Moderatorin Tatjana Ohm und ich werden kritisch fragen und, falls nötig, die Aussagen einordnen. Außerdem arbeitet im Hintergrund ein Fact-Checking-Team, das s  alle Aussagen prüfen und gegebenenfalls am nächsten Tag veröffentlichen wird.“

Vorarbeit sei auch Voigts beste Chance, als Gewinner aus dem Duell zu gehen, prophezeit Politikwissenschaftler Lembcke. Der CDU-Politiker müsse „durch gute Vorbereitung neue Antworten auf die schwierigen Regierungsverhältnisse in Thüringen“ geben. Er müsse den Menschen glaubhaft erklären, was es bringt, ihm ihre Stimme zu geben und nicht eine realitätsferne Deutschlandkoalition bewerben.

Duell gegen Höcke und AfD: „Kann auch massiv schiefgehen“

„Wenn Voigt es schafft, die politische Machtfrage konkret zu beantworten und hohle Phrasen und leere Versprechungen der AfD zu entlarven, dann kann er seine Chance nutzen. Das schließt eine überzeugende Reaktion auf die Herausforderung ein, gemeinsame politische Schnittmengen mit der AfD zu haben“, sagte Lembcke IPPEN.MEDIA.

Zu euphorisch will sich der Forscher angesichts Höckes Fähigkeiten jedoch nicht geben. „Natürlich kann das Duell aber auch massiv schiefgehen. Höcke ist sehr clever darin, die jeweilige Arena und seine Gegenüber einzuschätzen und maximal für sich zu nutzen.”

Auch interessant

Kommentare