TVöD-Beschäftigte warten weiter auf die vereinbarte Gehaltserhöhung. Woran es hakt – und warum die VKA auch die Gewerkschaften in der Pflicht sieht.
München – Was Erleichterung für rund 2,6 Millionen TVöD-Beschäftigte bringen sollte, ist zum nervenzehrenden Geduldsspiel geworden: Bereits im April 2025 einigten sich die Tarifparteien auf eine stufenweise Entgelterhöhung. In den Geldbeuteln der Betroffenen ist von der vereinbarten Gehaltserhöhung bislang jedoch nichts angekommen. Auch der bundesweit einheitliche Auszahlungstermin lässt auf sich warten. Nun soll das Geld rückwirkend bis zum 1. April ausgezahlt werden.
TVöD-Beschäftigte sind gefrustet; Gewerkschaften sprechen von einer unzumutbaren Verzögerung und verweisen auf die Verantwortung der Arbeitgeberseite. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sieht die Pflicht wiederum bei beiden Tarifparteien – „Arbeitgeber wie Gewerkschaften gleichermaßen“, meint Hauptgeschäftsführer Niklas Benrath gegenüber IPPEN.MEDIA und führt aus: „Eine zügigere Umsetzung wäre aus Sicht der VKA durchaus möglich gewesen.“
TVöD-Gehaltserhöhung lässt auf sich warten – „auf dem Rücken der Beschäftigten“
Der am 6. April in Potsdam vereinbarte Tarifabschluss ist das Ergebnis intensiver Verhandlungen zwischen der VKA, dem Bund sowie den Gewerkschaften verdi und dbb beamtenbund. Darauf folgten Redaktionsverhandlungen, die die Einigung in verbindliche Tariftexte überführen. Erst dann ist die Zahlbarmachung rechtssicher. Laut VKA lief die Mitgliederbefragung der Gewerkschaften bis zum 14. Mai, die Redaktionsverhandlungen starteten am 19. Juni und durchliefen mehrere Runden.
Nach Darstellung der VKA haben zusätzliche, über die Tarifeinigung hinausgehende Forderungen der Gewerkschaften den Redaktionsprozess verlängert. Genannt werden unter anderem die rückwirkende Übernahme von Auszubildenden zum 1. Januar 2025 sowie die Ausweitung des Verpflegungskostenzuschusses. Die stellvertretende verdi-Landesbezirksleiterin Hanna Binder sagte dem Staatsanzeiger: „Die Prozentzahlen der Einigung vom April 2025 waren nie strittig, insofern hätte die Auszahlung schon lange vorbereitet und eigentlich auch im Mai oder Juni schon angewiesen werden können.“
Weiter kritisierte Binder: „Dieses beispiellos lange Verfahren auf dem Rücken der Beschäftigten belastet die Sozialpartnerschaft im öffentlichen Dienst ohne Not.“ Die VKA hält dagegen: „Es ist unzutreffend, die Verantwortung für den Prozess seit der Tarifeinigung vom 6. April ausschließlich auf der Arbeitgeberseite zu verorten“, so VKA-Hauptgeschäftsführer Benrath im Interview. Die Kritik von der verdi-Landesbezirksleiterin lasse ihm zufolge die „prozessualen Abläufe bei Tarifverhandlungen und die Rolle, die die Gewerkschaften selbst in diesem Prozess spielen, vollständig außer Acht“.
Verhandlungen haben laut VKA über zwei Monate in Anspruch genommen
Die VKA gibt das Zahlbarmachungsrundschreiben – eine formale Freigabe zur Auszahlung – heraus, sobald die Redaktionsverhandlungen abgeschlossen sind. Benrath erklärt IPPEN.MEDIA: „Erst bei vollständiger Einigkeit über sämtliche Tariftexte zwischen den Tarifvertragsparteien kann die Zahlbarmachung erfolgen.“ Vorher fehle die Rechtsgrundlage. „Bei der diesjährigen Tarifeinigung war es auf Wunsch der Gewerkschaften erst nach deren Mitgliederbefragung möglich, die Redaktionsverhandlungen zu beginnen.“ Insgesamt haben diese weit über zwei Monate in Anspruch genommen.
Wann die Auszahlung für die TVöD-Beschäftigten erfolgt, können weder die VKA noch die Gewerkschaften beantworten. Benrath verweist darauf, dass rund 10.000 kommunale Arbeitgeber die Erhöhung eigenständig in ihren Lohnsystemen umsetzen. Deshalb variiere der Zeitpunkt von Arbeitgeber zu Arbeitgeber. „Die VKA kann als Spitzenverband hierzu keine pauschalen Aussagen treffen.“ Verdi rechne laut dem Staatsanzeiger mit Oktober beziehungsweise dem vierten Quartal.
Wen betrifft der Tarifabschluss?
Der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst betrifft nicht nur TVöD-Beschäftigte, sondern dient in der Regel auch als Orientierung für Besoldungs- und Versorgungsanpassungen. Die konkrete Umsetzung erfolgt per Gesetz oder Verordnung. Zu den Versorgungsempfängern zählen laut Statistischem Bundesamt pensionierte Beamte, Richter, Berufssoldaten, Hinterbliebene, ehemalige Bedienstete im Zweiten Weltkrieg und Arbeitnehmer mit Beamtenversorgung.
Rückwirkende Auszahlung: VKA appelliert an Geduld von TVöD-Beschäftigten
Auch die Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS) übt scharfe Kritik: „Ob Beamte, Versorgungsempfänger oder Tarifbeschäftigte – die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach erzielter Einigung derart lang warten zu lassen, zeigt die fehlende Wertschätzung!“ Der öffentliche Dienst funktioniere nur durch seine TVöD-Beschäftigten und Beamten. „Diesen die Wertschätzung zukommen zu lassen, die sie verdienen, sollte oberste Priorität eines jeden Arbeitgebers und Dienstherrn sein.“
Vorstandsmitglied und Hauptgeschäftsführer Benrath könne im Namen der VKA versichern, dass alle in den Tarifverhandlungen vereinbarten Regelungen vollständig und rückwirkend bis April umgesetzt werden. „Die kommunalen Arbeitgeber stehen uneingeschränkt zu den getroffenen Vereinbarungen. Die Beschäftigten können darauf vertrauen, dass sowohl die Gehaltsanpassungen als auch alle weiteren tarifvertraglichen Verbesserungen ordnungsgemäß abgerechnet werden.“
Gleichzeitig appelliert Benrath an die Geduld der TVöD-Beschäftigten während der Umsetzungsphase. „Die zeitlichen Unterschiede bei der Auszahlung resultieren ausschließlich aus den erforderlichen administrativen Prozessen und schmälern in keiner Weise die Verbindlichkeit der getroffenen Vereinbarungen.“ (Quellen: VKA, Staatsanzeiger, GdS, Statistisches Bundesamt) (cln)