„Vorbild an Menschlichkeit“: Blaulichtfamilie verabschiedet Polizeichef in Pension
„Ein Vollblutpolizist“, ein „Mensch, der große Spuren hinterlässt“: Die Blaulichtfamilie hat Wolfratshausens Polizeichef Andreas Czerweny in den Ruhestand verabschiedet.
Münsing/Wolfratshausen – Nach knapp 40 Dienstjahren, davon gut acht als Chef der Polizeiinspektion Wolfratshausen, hängt Erster Hauptkommissar Andreas Czerweny seine Uniform Ende dieses Monats in den Schrank (wir berichteten). Ab 1. Mai trägt der 61-Jährige den Titel Pensionist. Im Pallaufhof in Münsing vollzog Polizeipräsident Frank Hellwig am Freitagvormittag den offiziellen Amtswechsel. Den designierten neuen Leiter der Dienststelle in der Loisachstadt, der aus dem Nachbarlandkreis Garmisch-Partenkirchen kommt, konnte Hellwig noch nicht vorstellen. Denn die Klagefrist für abgelehnte Bewerber läuft erst an diesem Samstag ab.
Stellvertreter Möckel öffnet das Nähkästchen
„Du bist ein absoluter Vollblutpolizist“, attestierte Czerwenys Stellvertreter, Hauptkommissar Alexander Möckl, seinem unmittelbaren Vorgesetzten. Der gebürtige Tölzer habe sich stets zu „1000 Prozent“ für die Bayerische Polizei, für seine Kolleginnen und Kollegen sowie die Bürgerinnen und Bürger eingesetzt. Möckl öffnete am Freitag das Nähkästchen und verriet der versammelten gut 200-köpfigen Blaulichtfamilie, dass der 61-Jährige „eine Rennfahrerlizenz besitzt“. Er kenne Kollegen, so Möckl grinsend, die sich nach der ersten Einsatzfahrt mit Czerweny hinterm Lenkrad „anschließend mal schnell ins Gebüsch geflüchtet haben“. Unappetitliche Details ersparte Möckl der Festgemeinde.
Suizide verhindert, Täter zur Aufgabe überredet
Polizeipräsident Hellwig sprach von einem „Glückstag für die Bayerische Polizei“, als Czerweny, gelernter Einzelhandelskaufmann für Sportartikel, 1985 die Entscheidung traf, seine Ausbildung zum Polizeibeamten anzutreten. „Sie sind ein echter Teamplayer“, konstatierte Hellwig, der nicht unerwähnt ließ, dass der Bald-Ruheständler 28 Jahre Mitglied einer Verhandlungsgruppe war. Dank seiner Empathie, seines rhetorisches Geschicks und seines psychologischen Fachwissens habe Czerweny Suizide verhindert und Täter zur Aufgabe überredet. „Sie sind das personifizierte Idealbild eines Polizisten“, bilanzierte Hellwig im Beisein von Landrat Josef Niedermaier, Wolfratshausens Vize-Bürgermeister Günther Eibl sowie den Bürgermeistern Michael Grasl (Münsing), Moritz Sappl (Eurasburg), Hubert Oberhauser (Egling) und Ickings Rathauschefin Verena Reithmann. Er, Hellwig, schätze an Czerweny, dass er in der langen Dienstzeit „Mensch geblieben ist – ein Mensch, der große Spuren hinterlässt“.
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Viel Vergnügen mit Ihrem neuen Mitarbeiter daheim.
Nach Klängen des Flötentrios des Bayerischen Polizeiorchesters musste Niedermaier schmunzeln. Ein Stück, „ruhig und besonnen“, genau wie für den als Energiebündel bekannten Czerweny gemacht, meinte er ironisch. Der ehemalige Tölzer Bürgermeister und der Polizeichef sind im selben Jahr geboren, „wir sind miteinander aufgewachsen“. Er könne sich noch gut erinnern, „dass Du mir bei Sport Krätz ein Torwarttrikot verkauft hast“. Czerweny sei „ein Vorbild an Menschlichkeit und Kollegialität“, so der Landrat: „Andi, Du wirst uns fehlen!“

„Sie waren viel mehr als der Leiter einer Polizeidienststelle“, sagte Eibl. Das Ausscheiden aus dem aktiven Dienst „ist für Wolfratshausen ein großer menschlicher Verlust“, so der Vize-Bürgermeister. Für die Stadt sei der Beamte „ein Glücksfall“ gewesen. Czerweny habe sich nicht im Gewerbegebiet hinter seinem Schreibtisch verschanzt, sondern sei immer präsent gewesen – auf dem Christkindlmarkt, am Patronatstag der Gebirgsschützen und bei den Protestkundgebungen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, an denen sich bis zu 1500 Männer und Frauen beteiligten. Eibls Fazit: „Sie und Ihr Team haben einen super Job gemacht, Sie haben die Stadt in den vergangenen gut acht Jahren mitgeprägt.“
Ich wünsche Dir Zeit für Dich, für Deine Familie und Freunde und Zeit für all das, was in der Vergangenheit zu kurz gekommen ist.
Auch die Personalratsvorsitzende des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Erste Hauptkommissarin Birgit Manghofer, zollte dem 61-Jährigen größten Respekt. Sie habe stets die „offene, direkte, ehrliche und positive Art“ ihres Kollegen geschätzt. „Ich wünsche Dir Zeit für Dich, für Deine Familie und Freunde und Zeit für all das, was in der Vergangenheit zu kurz gekommen ist.“
Die Polizei „war mein zweites Zuhause“, sagte Czerweny. Er blicke auf eine „wunderschöne Berufszeit“ zurück. Explizit dankte er seiner Ehefrau Barbara, die ihm stets den Rücken freigehalten habe, sowie seinen Söhnen Max und Franz. Es sei ihm wohl bewusst, dass ein Polizeibeamter, der nach einem 18-Stunden-Einsatz ermattet nach Hause kommt, „keine Bereicherung für ein harmonisches Familienleben ist“.
Großes Dankeschön an die Profis und die „stillen Helfer“
Auf kurzen Dienstwegen, bilanzierte der 61-Jährige mit Blick in Richtung Landrat und Rathauschefs, sei viel erreicht worden. Seine Bilanz: „Wir haben Gaudi gehabt, aber mussten auch grausige Tragödien erleben.“ Ausdrücklich bedankte sich Czerweny bei der Sicherheitswacht sowie den „Profis“ von Freiwilliger Feuerwehr, BRK, Bergwacht, THW und allen anderen Rettungsorganisationen für die gute Zusammenarbeit. Er vergaß nicht die „stillen Helfer“, darunter Caritas-Mitarbeiterin Ines Lobenstein: „Ihnen hat ein Mensch sein Leben zu verdanken“, erinnerte Czerweny an den Fall einer psychisch kranken Obdachlosen, die in Wolfratshausen gestrandet war. Durch das Zusammenspiel von Behörden und Lobenstein konnte für die Frau wie berichtet schließlich ein stationärer Behandlungsplatz gefunden werden.
Um 10.55 Uhr erhoben sich die Festgäste von ihren Stühlen und verabschiedeten Czerweny mit kräftigem Applaus in den nächsten Lebensabschnitt. Den Schlusspunkt setzte das Flötentrio: „Gott mit dir, du Land der Bayern.“