Krise der E-Autos: Haben Verbrenner eine Zukunft? Wenn, dann nur mit E-Fuels

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Ob Deutschland und die EU ihre Klimaziele bis 2045 und 2050 erreichen, entscheidet sich auch in der Autoindustrie. Während die E-Auto-Branche in der Krise steckt, empfehlen sich neuartige Kraftstoffe.

Berlin/Rom – Ende 2019 beschlossen die Vertreter der EU-Länder im Europäischen Rat, dass die Europäische Union bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden soll. Vermehrte Extremwetter-Szenarien auf dem ganzen Kontinent zeigen, wie wichtig die Einhaltung der EU-Klimaziele ist. Untermauert wird dies einmal mehr durch das Sturmtief „Anett“ (intern. „Boris“), das in den vergangenen Tagen über Mittel- und Osteuropa hinwegzog und nun Italien erreicht hat: Es zeigt, wie teuer vernachlässigter Umweltschutz die EU-Länder zu stehen kommen könnte.

Um die EU-weiten Klimaziele bis 2050 zu erreichen, muss jedoch gehandelt werden. So sind die EU-Länder angehalten, ihre Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken. Zur europäischen Klimastrategie gehört auch, dass Fahrzeuge mit klassischen Verbrennermotoren ab 2035 nur noch für zugelassen werden, wenn sie emissionsfrei fahren. Eine Notwendigkeit im Kampf gegen den Klimawandel, die als Politikum aktuell jedoch mehr und mehr angefochten wird. Doch wie steht es um die alternativen Kraftstoffe?

E-Fuels könnten durch die Krise der E-Auto-Industrie nun deutlich an Bedeutung gewinnen

Grundsätzlich galt die Elektromobilität in Fachkreisen lange als größte Hoffnung, Verbrennermotoren künftig flächendeckend abzulösen. Doch die deutsche Elektromobilität steckt in der Krise. So steht das Audi-Werk in Brüssel wegen einer zu schwachen Nachfrageentwicklung ihres dort produzierten Elektro-SUV vom Typ Q8 e-tron vor der Schließung. Und auch Volkswagen steht vor einem Umbruch: Anfang des Monats kündigte der Wolfsburger Autobauer an, den Sparkurs der Kernmarke VW weiter zu verschärfen – auch die Beschäftigungssicherung scheint erstmals seit 30 Jahren auf wackligen Beinen zu stehen.

Lange galt die E-Auto-Branche als Rettungsanker beim Erreichen der Klimaziele bis 2045, bzw. 2050. Nun jedoch steckt sie in der Krise. Neue Hoffnung geben sogenannte E-Fuels.
Eine Elektroauto-Ladestation (Symbolbild) © IMAGO / Westend61

Hinzu kommt, dass das einst klar scheinende Aus von Verbrennermotoren vielfach von verschiedenen politischen Seiten immer stärker angefochten wird. Der neue designierte Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz (CDU), sprach sich so etwa am Dienstag (17. September) in der ARD-Sendung Farbe Bekennen mit absoluter Klarheit gegen das Verbrennerverbot aus. Auf die Frage, ob er den Verbrennungsmotor als Antriebsmittel zulassen würde, sagte CDU/CSU-Kanzlerkandidat: „Die Antwort ist klar und eindeutig: ja“.

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni fordert gar eine gänzliche Zurücknahme des Verbots und bezeichnet es im Frühjahr (28. April 2024) als „Selbstmord“, wie unter anderem das italienische Medium Quattroruote damals berichtete. Betreffend der EU-Klimaziele kommt das einer Hiobsbotschaft gleich. ADAC-Technikpräsident Karsten Schulze sagt: „Millionen Verbrenner sind auf deutschen Straßen unterwegs und haben noch eine lange Lebensdauer vor sich. Wenn die Klimaschutzziele im Verkehr erreicht werden sollen, braucht es eine Lösung für diesen Bestand.“ Könnte der Umstieg auf synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, die Rettung sein?

Aktuell stockt die Infrastruktur der E-Fuel-Produktion noch gewaltig

Dass es E-Fuels braucht, um klassische Verbrennermotoren ohne fossile Brennstoffe zu betreiben, ist schon seit Langem kein Geheimnis mehr. Dennoch aber stockt es bei der EU-Infrastruktur betreffend der Produktion der zukunftsträchtigen Kraftstoffe aktuell noch gewaltig. Zwar trieb unter anderem der Stuttgarter Autobauer Porsche im südargentinischen Patagonien den Bau einer Anlage an, die ab Mitte 2025 erste E-Fuels herstellen soll. 

Dafür sei allerdings noch eine fehlende Komponente notwendig, wie die Wirtschaftswoche nun mitteilte. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Direct-Air-Capture-Anlage (DAC), mit der künftig Kohlenstoff aus der Umgebungsluft extrahiert und eingesaugt werden soll. CO2 ist neben dem per Elektrolyse hergestelltem Wasserstoff und grünem Strom nämlich eine der essenziellen Komponenten für die Herstellung von E-Benzin, einer Kohlenwasserstoffverbindung.

E-Fuel-Herstellern weltweit fehlt es gegenwärtig noch an Investitions- und Planungssicherheit

Neben der Produktionsstätte in Patagonien gibt es aktuell noch einige weitere geplante Herstellungszentren von E-Fuels weltweit. Efuel-alliance.eu zufolge liegen 16 von ihnen in Europa, darunter fünf in Deutschland. Ansonsten sollen sich die Produktionsstätten in Europa auf England, Frankreich, Spanien und Skandinavien – ausgenommen Finnland, dafür aber Island – verteilen. Andere weltweite Herstellungszentren sind in Australien, den USA und in Saudi-Arabien angekündigt.

Hierzu fehlen aktuell aber noch Investitions- und Planungssicherheiten der Hersteller, sodass die industrielle Produktion von E-Fuels weiterhin in den Startlöchern warten muss. Zudem ist die Produktion der zukunftsträchtigen Kraftstoffe aktuell noch so kostenintensiv, dass ihre Nutzung auf dem breiten Markt zum gegebenen Zeitpunkt noch allzu fern scheint. Einen Beitrag könnte efuel-alliance.eu etwa der Abbau bürokratischer Hürden leisten, um den Ausbau der E-Fuel-Produktionsstätten zu beschleunigen.

Denn ohne Zweifel lässt sich sagen: Synthetische Kraftstoffe bieten ein enormes Potenzial, um auf dem Weg der EU-weiten Klimaneutralität bis 2050 und dem nationalen Ziel Deutschlands, bis 2045 klimaneutral zu werden, ein Stück näher zu kommen. So kann etwa Wasserstoff sowie alle auf Wasserstoff basierenden E-Fuels prinzipiell in beliebiger Menge hergestellt werden. Dazu ist ihr Verbrennungsprozess im Vergleich mit herkömmlichem Benzin oder Diesel recht sauber. Ein weiterer großer Vorteil ist: E-Fuels sind auch in Benzin- oder Diesel-Verbrennern einsetzbar, wie Messungen des ADAC inzwischen belegen. (fh)

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