Unterstützer nach Hausverbot für Betriebsrat: „Lasst ihn rein“

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Fackel der Solidarität: Gewerkschaftsvertreter fordern die Chefs der Firma Stöger auf, das Hausverbot gegen den Betriebsratsvorsitzenden zurückzunehmen. © Sabine Hermsdorf-hiss

Der Betriebsratsvorsitzende der Firma Stöger arbeitet nach einem Hausverbot in einem Wohnwagen. Für die Teilnehmer eine Kundgebung geht das zu weit.

Königsdorf - Gut 60 Unterstützer haben sich am Donnerstagnachmittag an der Solidaritätskundgebung vor der Firma Stöger Automation im Königsdorfer Gewerbegebiet beteiligt. Ihre Botschaft an die Geschäftsführung: „Lasst ihn rein.“ Mit „ihn“ meinten sie den Vorsitzenden des Betriebsrats, der wie berichtet wegen eines Hausverbots seit gut einer Woche in einem Wohnwagen arbeitet. Die Industriegewerkschaft (IG) Metall Weilheim und der Kreisverband des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) riefen zu der Kundgebung auf.

Arbeitsgericht soll über Hausverbot bei Stöger entscheiden

Vertreter von Gewerkschaften, der Linksjugend Oberland, Betriebsräte anderer regionaler Unternehmen sowie Bundestagsabeordneter Karl Bär (Grüne) und Landtagsabgeordneter Florian von Brunn (SPD) stellten sich zwischen Polizeiabsperrungen vor dem Betriebsgelände.

Mit dem Hausverbot sei die Geschäftsführung „über die rote Ampel gefahren“, sagte Karl Musiol von der IG Metall Weilheim. Man wolle deutlich machen: „So geht‘s nicht.“ Die Situation sei „absurd und skurril“, ein Betriebsratsvorsitzender brauche Zugang zu dem Unternehmen, in dem er gewählt wurde. Er warf dem Arbeitgeber vor, bewusst auszunutzen, dass es ein paar Wochen dauere, bis das Arbeitsgericht über den eingereichten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen das Hausverbot verhandle. „Bis dahin kann man durchdrücken, was man will“, mahnte Musiol. Aber: „Ihr verliert vor Gericht.“

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Redner bei Kundgebung sehen Demokratie gefährdet

Davon war auch Josef Brunner, IG Metall Bezirk Bayern, überzeugt. Er wies die Geschäftsführung darauf hin: „Wir haben noch keine Strafanzeige gestellt. Wenn das Mobbing nicht aufhört, werden wir die Sache nicht auf sich beruhen lassen.“ Der Betriebsratsvorsitzende, der ebenfalls an der Kundgebung teilnahm, „tut mir leid“, sagte Brunner. „Auf dich haben sie sich eingeschossen – stellvertretend für den gesamten Betriebsrat.“

Die Angelegenheit sei keine Privatsache zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden und der Geschäftsführung, betonte Erwin Helmer, Betriebsseelsorger in der Region. Es gehe um das Recht, Betriebsräte zu wählen. Dass das mit Füßen getreten werde, habe er nicht glauben können, ergänzte Florian von Brunn. „Wir sind hier in Deutschland und nicht in den USA bei Trump oder in Ungarn bei Orban“, so der SPD-Landtagsabgeordnete.

Hausverbot bei Stöger: Nicht alle Beschäftigten mit Kundgebung einverstanden

Die Versammlung wurde aus den Fenstern des Betriebsgebäudes und von etwa einem Dutzend Männern auf dem Parkplatz kritisch beäugt. Zudem filmten zwei Kameras das Geschehen. Karl Musiol nannte sie „Angstmaschinen“. Die Teilnahme an einer demokratischen Versammlung sei kein Kündigungsgrund. Quirin Brunner von der Jugendvertretung der IG Metall ließ ein Betriebsverfassungsgesetz über den Zaun reichen. „Ein Angriff auf einen von euch, ist ein Angriff auf jeden von euch“, rief er den Mitarbeitern zu.

Im Vorfeld hätten über 40 Beschäftigte unterschrieben, dass sie sich bei der Firma Stöger wohlfühlten und der Betriebsratsvorsitzende abgesetzt werden solle, berichteten die Mitarbeiter Martin Imhof und Jürgen Treske am Rande der Kundgebung. „Ich stehe hinter Stöger. Dieses Aufhetzen macht mir Angst“, sagte Imhof. Dass dort Stimmung gemacht werde, nannte Treske eine schwierige Situation. „Die Geschäftsführung hat sich stets sozial verhalten.“

Der Betriebsrat wurde vor zwei Jahren von etwa 90 Prozent der damals 130 Mitarbeitern gegründet. Dass nicht alle mit der Kundgebung einverstanden waren, zeigten auch Banner auf dem Firmengelände, auf denen „das Team“ unter anderem forderte: „Gemeinsam durch die Krise satt Populismus und Kleinkrieg.“ Wenn man das ernst nehmen würde, griff Bär den Verweis auf die Werte in einem Familienunternehmen auf, „würden wir hier nicht stehen, weil einzelne fertig gemacht werden“. Er rief dazu auf, zurück auf den normalen Verhandlungsweg zu kommen.

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