„Renteneintritt mit 70, keine Diskussion“ – CEO fordert Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik

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Deutschlands Wirtschaft wächst zu langsam. Der CEO der Linhardt-Group stellt Forderungen an die Politik. Und schlägt die Rente mit 70 vor.

Augsburg – „Macht die Politik nichts, ist es uns eigentlich am liebsten.“ So drückte es Johannes Schick, CEO des Aluminium- und Kunststoff-Spezialisten Linhardt, auf dem Bayerischen Wirtschaftstag in Augsburg aus, der am 12. Juli stattgefunden hatte. Angesichts der zunehmenden Bürokratisierung sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene könne davon jedoch keine Rede sein. „Ich sage Ihnen auch, warum: Wir brauchen unternehmerische Freiheit.“ Diese Freiheit habe die Politik der Wirtschaft innerhalb der letzten Jahre genommen.

Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik – Linhardt-CEO krisitiert Dokumentationspflichten

In einem umfangreichen Statement im Rahmen des Wirtschaftstags ging der Linhardt-CEO darüber ins Detail, was die Wirtschaft aktuell lähmt und wo die Politik ansetzen müsste, um eine Kehrtwende – übrigens das Motto des Gipfels – zu bewirken. In der Augsburger Messe kritisierte Schick unter anderem die Berichts- und Dokumentationspflichten, die die EU-Gesetzgebung für die Unternehmen der Bundesrepublik mit sich zögen.

Anja Marks-Schilfahrt, Volker Ullrich (MdB), Eva Weber, Klaus Holetschek (MdL), Johannes Schick, Thomas Malenke (v.l.n.r.)
Anja Marks-Schilfahrt, Volker Ullrich (MdB), Eva Weber, Klaus Holetschek (MdL), Johannes Schick, Thomas Malenke (v.l.n.r.) © Ippen Media

„Ich muss mich mit meinen Kollegen leider damit beschäftigen, all diese Berichte zusammenzutragen, vorher die ganzen Daten zu erheben, um dann genau zu sagen: Das sind die Dinge, die wir tun.“ Dabei zweifelte Schick an, dass die Bankiers, die diese enormen Mengen an Berichten auswerten müssen, diese überhaupt lesen geschweige denn verstehen würden. „Und am Ende des Tages dürfen wir dann fragen, ob wir einen Kredit kriegen.“

Linhardt expandiert nach Indien – und findet dort Begeisterung, die Deutschland fehlt

In Indien sei das anders. Zur Erklärung: Die Linhardt Group hatte erst im April 2024 bekannt gegeben, nach Indien expandieren zu wollen. Seit Juni beschäftigt Linhardt dort 502 zusätzliche Mitarbeiter. „Wir erleben in Indien eine junge Demokratie“, erklärte der CEO. „Eine Demokratie mit einem Altersdurchschnitt von unter 30. Wen Sie in die Augen der Inder und Inderinnen schauen, dann lernen Sie und sehen Sie ganz genau die Begeisterung, die uns in Deutschland abhandengekommen ist.“ Unter anderem stellt Linhardt Aluminiumtuben und -röhrchen sowie Zigarrenhülsen und Kunststofftuben her.

Die indischen Arbeitnehmer dagegen würden mit Freude arbeiten – Wanderungsarbeiter legen angeblich Tausende von Kilometern an Strecke zurück, um einen vernünftigen Job zu finden. Das heiße jedoch nicht, dass Linhardt sich stärker in Richtung Indien orientieren werde. „Ich möchte hier schon klarstellen, dass wir nicht nach Indien gehen, um Deutschland zu verlassen. Überhaupt nicht. Im Gegenteil, wir stehen zu unserer Heimat.“

Linhardt-CEO fordert Rente mit 70 – und will keine Diskussion

Schick nannte auf dem Bayerischen Wirtschaftstag vier Maßnahmen, die eine Kehrtwende in der deutschen Wirtschaftspolitik erwirken würden. Genau wie Ifo-Präsident Clemens Fuest, der vor dem Linhardt-CEO auf der Bühne gestanden hatte, sprach sich Schick für einen Bürokratieabbau aus. „Es muss in den Kommunen ankommen, es muss im Landratsamt ankommen, es muss wirklich bei den Städten und Gemeinden ankommen“, forderte er. Nur so könnte die Politik die Blockaden senken.

Älterer Mann an einer automatischen Holzsäge.
„Renteneintritt mit 70, keine Diskussion“ – Linhardt-CEO fordert Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik © IMAGO / Westend61

Zweitens sprach er das Renteneintrittsalter an. „Wir brauchen gemäß unserer allgemeinen deutlich gestiegenen Lebenserwartung jetzt einfach den Renteneintritt mit 70. Ende, Feierabend. Keine Diskussion.“ Das Renteneintrittsalter ist seit jeher ein empfindlicher Streitpunkt der wirtschaftspolitischen Debatte. Erst Anfang Juli 2024 hatte sich die Ampel auf ein Paper zum Haushalt 2025 geeinigt, in dem von einem neuen „Regime der Altersbeschäftigung“ die Rede war. Darin sind Anreize für Rentner, die weiter einer Beschäftigung nachgehen, wenn sie bereits das Renteneintrittsalter erreicht haben, vorgesehen.

„Steuern bitte runter“ – Kehrtwende in der Wirtschaft müsse auch die Arbeitskosten senken

„Damit möchte ich nicht sagen: 70 für alle, die auch im Schichtbetrieb gearbeitet haben“, schränkte Schick seine Forderung ein. Da müsse man differenzieren. Für beispielsweise Büroarbeiter sei dies aber ein machbarer Schritt. „Das brauchen wir, und zwar schnell.“ Drittens bemerkte Schick beinahe schon nebenbei: „Steuern bitte runter.“ In Deutschland gäbe es Arbeitskosten von etwa 41 Euro, damit liege die Bundesrepublik 30 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Damit dürfte er sich auf Daten des Statistischen Bundesamts bezogen haben, das im April 2024 konkret von 41,30 Euro pro geleisteter Arbeitsstunde gesprochen hatte.

Und zuletzt forderte der Linhardt-CEO ein Maßhalten, was Forderungen von Gewerkschaften angehe. „Unsere Lohnkosten sind in den letzten drei Jahren um 25 Prozent gestiegen. Wir haben sie gern bezahlt, aber jetzt ist Schluss.“

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