Bundesaußenminister Johann Wadephul hatte erklärt, Rückführungen nach Syrien seien derzeit kaum zumutbar: Jetzt widersprach Friedrich Merz ihm öffentlich.
"Der Bürgerkrieg in Syrien ist beendet. Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland, und deswegen können wir auch mit Rückführungen beginnen", so der Kanzler bei einer Pressekonferenz in Schleswig-Holstein.
Für FOCUS-online-Chefkorrespondent Ulrich Reitz ein überfälliger Schritt: "Friedrich Merz musste das erledigen, weil auch die Unruhe in der Union viel zu groß geworden war." Doch mit dem Widerspruch gegen Wadephul sei das Problem nicht gelöst. "Die Zahlen sind riesengroß. Es müsste eine Abschiebe-Aktion geben, wie sie Deutschland in seiner Geschichte noch nicht gesehen hat", so Reitz.
Freiwillige Rückkehr? "Kaum der Rede wert"
Die Bundesregierung setzt auch auf freiwillige Ausreisen - bislang ohne Wirkung. "Wenige Tausend sind bisher freiwillig zurückgekehrt, trotz der Prämien, die gezahlt werden", sagt der FOCUS-online-Chefkorrespondent weiter. "Deutschland ist der Hotspot. Niemand hat mehr in Europa aufgenommen, und aus Deutschland wollen sie nicht wieder zurück."
Das liege auch an den vielen unterschiedlichen Schutzstatusformen, die eine Abschiebung extrem erschwerten. "Die Straftäter, um die es am Anfang ging, das sind vergleichsweise wenige. Aber die große Masse - das sind diejenigen, die immer noch einen Schutzstatus haben und dem deutschen Sozialstaat auf der Tasche liegen."
Rund 518.000 der etwa 960.000 in Deutschland lebenden Syrer beziehen laut Reitz Bürgergeld, nur 236.000 seien sozialversicherungspflichtig beschäftigt. "Diese Migration war humanitär begründet, aber unter Einwanderungsgesichtspunkten war es eine Migration in die Sozialsysteme."
Ukrainische Flüchtlinge verschärfen das Migrationsproblem
Während Deutschland noch mit den Folgen der Syrien-Migration ringt, baut sich laut Reitz bereits das nächste Problem auf. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe im Sommer erlaubt, dass Männer bis 22 Jahre ausreisen dürfen. Das würden viele ausnutzen, um sich dem Wehrdienst zu entziehen.
"Menschlich kann man das gut verstehen", sagt Reitz. Doch auch diese Flüchtlinge kämen zunächst in die deutschen Sozialsysteme: "Wir haben wachsende Lasten und ein wachsendes Flüchtlingsbewältigungsproblem."
Immerhin: Die ukrainischen Männer sind in der Regel gut ausgebildet und könnten dem Arbeitsmarkt in Deutschland auch helfen. Für Reitz ist die Lage dennoch eindeutig: "Wenn die Debatte der letzten Tage den Eindruck erweckt haben sollte, wir nähern uns mehr oder weniger dem Ende der Flüchtlingsfrage, dann muss man leider feststellen: dem ist nicht so."