„Das ist ein Wahnsinn in dem Land“: Wie Bürokratie die Verwaltung ächzen lässt

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Das Peitinger Rathaus aus der Luft. © Hans-Helmut Herold

Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband hat die Jahresrechnungen der Gemeinde Peiting für die Jahre 2017 bis 2022 unter die Lupe genommen und dabei einiges beanstandet. Der Prüfbericht sorgte im Gemeinderat für eine längere Diskussion und Kritik an der zunehmenden Bürokratie.

Peiting – Es war eine lange Liste, die Kämmerin Dörthe Schneider abzuarbeiten hatte. Punkt für Punkt ging sie in der jüngsten Gemeinderatsitzung durch, was der Bayerische Kommunale Prüfungsverband bei der überörtlichen Prüfung der Jahresrechnungen 2017 bis 2022 an Unregelmäßigkeiten und Versäumnissen zu Tage gefördert hatte.

Da waren die fehlenden Nachkalkulationen der Schmutz- und Regenwassergebühren, die die Prüfer bemängelten, und die auch bei den Wassergebühren nicht vorgenommen worden waren. Ein Versäumnis, das man künftig wegen des hohen Personalbedarfs mithilfe eines externen Partners angehen werde, so die Kämmerin.

Es ging um den Umgang mit Buchungen, Verfügungsberechtigungen für gemeindliche Konten, die Versicherungsverträge des Fuhrparks oder dass Gewerbesteuerveranlagungen nicht zeitnah vorgenommen worden waren. Auch die Verrechnung von Bauhofleistungen wurden im Prüfbericht moniert. Künftig soll es eine Kosten- und Leistungsrechnung geben, kündigte Schneider an, wofür allerdings erst einmal das Vermögen bewertet, Maschinenstundensätze ermittelt und ein Anlagenachweis erstellt werden müssten.

Auch das Gewerbegebiet an der Bergwerkstraße hatten die Prüfer unter die Lupe genommen bzw. den Umgang mit den finanziellen Aufwendungen für die Ausgleichsflächen. Weil die nicht korrekt abgerechnet worden waren, müsse man nachbessern, erklärte Geschäftsleiter Stefan Kort. Für die Grundstückskäufer bedeute das, dass man gezwungen sei, einen weiteren Betrag von ihnen einzufordern. „Wir können da nicht drauf verzichten.“ Weil manche Aufwendungen auf diesem Weg nicht mehr refinanzierbar sind, soll geprüft werden, ob hierfür die Kassenversicherung der Gemeinde herangezogen werden kann.

Verlangt hatte die Gemeinde dagegen die Erschließungsbeiträge für das Baugebiet an der Dekan-Schmölz-Straße in Birkland, allerdings reichlich spät, wie die Prüfer monierten. Weil die Maßnahme über 25 Jahre stückchenweise verwirklicht worden sei und erst im Juli 2023 die Bescheide ergingen, sei nicht auszuschließen, dass die Beiträge für den Bauabschnitt 1 zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt waren. „Wir sollten künftig darauf achten, eine Maßnahme nicht mehr auf einen so langen Zeitraum zu stückeln“, zog Kort die Lehren daraus.

Nicht nur der Geschäftsleiter nahm den Bericht des Prüfungsverbands zum Anlass, um die „überbordende Bürokratie“ zu kritisieren, die das Arbeiten für die Verwaltung immer komplexer mache. „Nichts wird abgeschafft, immer kommt alles obendrauf.“

Die Konsequenz sei, wenn man alles wie angemahnt umsetze, dass die Gebühren wegen des zusätzlichen Personalaufwands steigen werden, blickte Herbert Salzmann (SPD) voraus. „Irgendjemand muss das ja machen.“ Am Ende werde es zwar rechtlich richtig, aber finanziell schwieriger für die Kommune.

„Nichts wird abgeschafft, immer kommt alles obendrauf.“ 

„Das ist ein klassisches Beispiel für die Bürokratie, über die alle derzeit reden“, pflichtete auch Bürgermeister Peter Ostenrieder bei. Diese sei ein „Wahnsinn in dem Land“, worunter nicht nur die Kommunen, sondern auch die Unternehmen ächzen. Dass immer mehr Vollzeitstellen benötigt werden, um die immer weiter steigenden Anforderungen umzusetzen, „das kann auf Dauer nicht gut gehen“.

Doch was passiere, wenn man dem Amtsschimmel, der da wiehere, einfach nicht folge, wollte Michael Deibler (CSU) wissen. Davon riet Kort ab. Die Sanktionsmöglichkeiten gegenüber der Gemeinde seien in einem solchen Fall vielfältig. „Wir sind an Recht und Gesetz gebunden.“

Nur einer konnte dem Prüfbericht etwas Positives abgewinnen. Dieser zeige auch auf, dass sich die Steuer- und Finanzkraft der Gemeinde in den letzten Jahren deutlich verbessert habe, wies Norbert Merk (CSU) hin.

Einstimmig nahm der Gemeinderat am Ende die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

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