Manipulationsvorwurf gegenüber Ampel – Lauterbach attackiert Merz: „So würde die AfD argumentieren“
Wasser auf die Mühlen der AfD? Friedrich Merz wirft der Ampel-Koalition Wahlrechtsmanipulation vor – und erntet dafür selbst Kritik.
Berlin – Das Wahlrecht sorgt für heftigen Streit in Berlin. Zu Beginn der Woche warf CDU-Chef Friedrich Merz der Ampel-Koalition erneut eine Manipulation beim Wahlrecht vor. Er kritisierte damit die geplante Änderung im Bundeswahlgesetz, nach der Sachsen-Anhalt mit sinkendem Bevölkerungsanteil einen Wahlkreis verlieren soll. In Bayern soll hingegen ein zusätzlicher Wahlkreis aus Teilen der bevölkerungsstarken Wahlkreise Augsburg-Land und Neu-Ulm und Ostallgäu entstehen. Über die Anpassung soll am 1. Februar abgestimmt werden.
Merz sprach von einem „großen Schaden“ für die deutsche Demokratie. Es handele sich um eine gezielte Maßnahme, die nur dazu führe, dass Claudia Roth (Grüne) „bei der nächsten Bundestagswahl in Augsburg Stadt ihren Wahlkreis behalten kann“. Seiner Ansicht nach erinnert die Änderung den strategischen Wahlkreisverschiebungen in den USA (Gerrymandering).
FDP und SPD nach Merz-Kritik empört über Vorwürfe der Wahlrechtsmanipulation
Die Anschuldigung antidemokratischer Wahlreformen an die Ampel-Koalition bringt Merz allerdings selbst Kritik ein. So sprach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf der Plattform X (früher Twitter) von ungeheuerlichen Vorwürfen: „So würde die AfD argumentieren.“
Auch externe Stimmen sehen in Merz Vorwürfen eine gefährliche Tendenz, die ihrerseits das Vertrauen in die Demokratie der Bundesrepublik schwächt. „Das Märchen von der angeblichen Wahlmanipulation schüren, um Grundvertrauen in die Demokratie zu untergraben. Absolut bizarr“, schrieb Journalistin Anna Brockschmidt auf X.
Ampel-Wahlreform: „So baut man keine Brandmauer zur AfD auf, man reißt sie ein“
Campact-Vorstand Christoph Bautz kritisierte ebenfalls auf X, dass Merz mit seinen Aussagen „Öl ins Feuer“ gieße und bezeichnete das Verhalten als „unverantwortlich“. „So baut man keine Brandmauer zur AfD auf, man reißt sie ein. Ein Schlag ins Gesicht der derzeit Hunderttausenden Stimmen gegen die AfD.“
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Lauterbach erklärte die geplante Reform als Reaktion auf veränderte Umstände und Ausgleich des Systems insgesamt. „Wir, die Ampel, haben nur die der Union helfenden ungerechten Überhangmandate abgeschafft. Jede Fraktion bekommt die Mandate, die den Prozenten der Wahl entsprechen“, so Lauterbach.
Stack-Zimmermann: Bisher profitiert Union von den vielen Sitzen im Parlament
Koalitionskollegin und Europawahl-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) bezeichnete Merz als „gefährlichen Demagogen, der unverantwortliche Vergleiche zieht und das Bundesverfassungsgericht ignoriert.“ Sie warnte davor, dass Merz „in Verantwortung“ kommt.
Außerdem veröffentlichte sie auf X ein Schaubild der prozentualen Veränderung der Sitzzahlen der einzelnen Fraktionen bei einer Verkleinerung des Parlaments von 736 auf 598 Sitze – ebenfalls eine von Merz viel kritisierte Reform. Die Darstellung zeigt laut Strack-Zimmermann, wie die Union bisher vom Wahlsystem profitiert – und somit auch, warum Friedrich Merz so scharf gegen die Änderung feuere. „Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.“