Risiko „sehr hoch“: Bundesheer in Österreich soll „kriegsfähig“ werden
Das Bundesheer Österreichs skizziert bedrohliche Zeiten. Ein Risikobericht zeigt vielzählige Konfliktherde. Die Verteidigung soll gestärkt werden.
Wien – Das vom Verteidigungsministerium Österreichs präsentierte Risikobild 2024 zeichnet ein düsteres Bild. Schon der Titel des 314-seitenlangen Dokuments, „Welt aus den Fugen“, gibt erste Eindrücke. Generalmajor Peter Vorhofer schätzte beim Vortrag das Risiko einer Konfrontation als „sehr hoch“ ein. „Das bedeutet, dass wir 2024 mit einer hohen Wahrscheinlichkeit hybride Kriegsführung erleben“, erklärte Vorhofer.
„Wir sind in einer Phase, wo es noch nicht Krieg, aber auch nicht mehr Frieden ist.“, so der Generalmajor. Er prognostizierte, dass militärische Konflikte eher zunehmen würden, „weil der Krieg als Dimension der Politik zurück ist“. Vorhofer forderte angesichts der seinen Aussagen nach anstehenden Bedrohungen, das österreichische Bundesheer „wieder kriegsfähig zu machen“. Die Unordnung würde Österreich noch mindestens zwanzig Jahre begleiten, so der Generalmajor.
Cyberangriffe, Zwang und Lieferkettenstörung: Die Hauptrisiken für Österreich
Vorhofer identifizierte in seinem Vortrag insgesamt acht hauptsächliche Risiken für Österreich. Unter anderem ging es um die Störung von Lieferketten durch Konflikte, aber auch die Auswirkungen von Migrationsbewegungen. Auch Cyberangriffe und Desinformationskampagnen seien anhand der Vielzahl an Wahlen dieses Jahr zu erwarten.
Der Generalmajor warnte zudem vor Versuchen externer Akteure, die „durch gezielte Angriffe und Zwangsausübung“ die europäische Integration schwächen wollen würden. Es ist insgesamt eine Bedrohungswahrnehmung, die sich auch in den Vorgesprächen zum Operationsplan Deutschland wiederfinden lässt.
Der verteidigungspolitische Direktor des Ministeriums, Arnold Kammel, sprach in diesem Zusammenhang auch die Europawahl an. Demnach habe die „europäische Handlungsschwäche“ zur Europawahl 2014 Putin zu ersten Aggressionsschritten gegen die Ukraine „eingeladen“ und man dürfe die jetzige Wahl nicht unterschätzen. Der Militärstratege Günter Hofbauer betonte mit Blick auf Russland: „2014 war spätestens der Zeitpunkt, wo wir in Europa hätten reagieren müssen“.
Nicht nur Ukraine-Krieg im Fokus: Österreichs Sicherheitsbericht über den „Ring of Fire“
Das Risikobild 2024 stellte den Jahresauftakt der österreichischen Sicherheitspolitik dar und soll in den nächsten zwölf bis 18 Monaten wegweisend für das österreichische Verteidigungsministerium sein. Der im Rahmen der Veranstaltung thematisierte „ring of fire“ (Ring des Feuers), so Generalmajor Vorhofer, bezeichne den geografischen Ring aus Konflikten und Herausforderungen, die Österreich beschäftigen.

Zu diesem Ring zähle laut Vorhofer neben dem Ukraine-Krieg unter anderem auch der Taiwan-Konflikt und der Nahe Osten. Günther Barnet, ein Beamter im Verteidigungsministerium, bezeichnete die Möglichkeit eines Flächenbrandes im Nahen Osten als entscheidend. Vor allem eine Destabilisierung vom Jordanien könne demnach mehr Türen für militärische Aktionen des Irans öffnen.
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Die Expertinnen Antonia Witt und Marie-Janine Calic schätzen auch die Regionen Afrika und Westbalkan eher negativ ein. Ein Krieg zwischen Bosnien, Serbien und dem Kosovo sei jedoch unwahrscheinlich, so Calic: „Wenn es hart auf hart geht“, würde der serbische Präsident Aleksandar Vucic auf Seiten der EU stehen.
Österreichische Verteidigungsministerin Tanner will Verteidigung stärken
„Wenn die Welt aus den Fugen geraten ist, dann sollten wir selber das nicht tun“, erklärte die österreichische Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Sie bekannte sich in ihrer Stellungnahme zu europäischer Zusammenarbeit und erwähnte ausdrücklich das aus der Opposition als Neutralitätsbruch kritisierte Luftverteidigungsprojekt namens „European Sky Shield“.
Wie viele europäische Länder verabschiedete auch Österreich ein milliardenschweres Paket zur Aufrüstung des Bundesheers. Tanner gab an, dass dies durch die Verankerungen im Gesetz auch übergreifend zwischen Legislaturperioden gesichert sei. Die Verteidigungsministerin sprach sich jedoch auch der Entscheidung gegen ein österreichisches Berufsheer bei der Volksbefragung 2013 aus, besonders jetzt, „wo andere Staaten daran denken, die Wehrpflicht wieder hervorzuheben“.
Die ÖVP-Politikerin plant jedoch auch mehr „geistige Landesverteidigung“ und möchte das Konzept der Landesverteidigung, aber auch das Risikobild, Schulen und Universitäten für die Verankerung in den Lernplänen zur Verfügung stellen. Grund sei die Sorge darüber, „wie wenig geschätzt insbesondere von der künftigen Generation wird, dass wir in einer Demokratie leben“. (lismah)