Massive Probleme in Russland: Warum Putins Wirtschaft der Kollaps droht

Während Russland bisher mit der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vom Kreml verordneten Kriegswirtschaft gut zurecht kam, mehren sich nun die Anzeichen, dass Russland eine schwere wirtschaftliche Krise drohen könnte. Ökonomen haben in einem Bericht des russischen Magazins "The Insider" vier Schlüsselindustrien ausgemacht, die einbrechen. Eine Krise dort könnte Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft Russlands haben und auch zu deutlichen Problemen für die russischen Verbraucher führen. 

Außerhalb der Verteidigung schrumpft die russische Wirtschaft rasant

So leiden alle vier Industrien unter massiv gestiegenen Zinsen in Russland und einer stark einbrechenden Nachfrage vonseiten der Verbraucher. Wie die Analysten bei "The Insider" schreiben, könnten die Probleme schon bald zu stagnierenden Löhnen und steigender Arbeitslosigkeit führen. Selbst in den wohl bereits geschönten Zahlen der staatlichen Statistikbehörde Rosstat erwarten die Experten nur ein Wachstum von 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In den Jahren davor wuchs die russische Wirtschaft noch mit 2,2 und 5,9 Prozent. Doch das Mini-Wachstum beschränkt sich derweil nur auf die Verteidigungsindustrie. Ohne die massive Waffenproduktion dürfte Putins Wirtschaft sogar um 0,5 Prozent geschrumpft sein. 

Lada und Co verkaufen sich weniger: Russische Auto-Industrie bricht ein

Besonders bemerkbar hat sich der Rückgang in der einst stolzen russischen Autoindustrie gemacht. Nachdem westliche Produzenten den russischen Markt nach der russischen Vollinvasion komplett verlassen haben, wuchsen die russischen Unternehmen zunächst stark. 

Nachdem westliche Produzenten den russischen Markt nach der russischen Vollinvasion komplett verlassen haben, wuchs der Absatz von Fahrzeugen zunächst an. Auch in den ersten beiden Monaten diesen Jahres gab es ein kräftiges Wachstum beim Absatz von PKW. Gleichzeitig sank der Absatz von LKW um 20 Prozent, von Bussen gar um 42 Prozent. Insgesamt ging der Absatz im Januar um 8,3 und im Februar um 7,5 Prozent zurück. Käufer klagen aber immer wieder über Qualitätsmängel der russischen Autos

Der Vorstandsvorsitzende des Lada-Mutterkonzerns "Awtowaz" beklagte für den März einen "dramatischen" Marktrückgang. Experten erwarten einen Rückgang des Gesamtmarktes um bis zu 22 Prozent - allein in diesem Jahr. Die Russen scheinen sich den Analysten nach hohe Zinsen der russischen Banken nicht mehr leisten wollen. Die Händler sitzen jetzt schon auf 700.000 unverkauften Fahrzeugen. Bei Lastwagen gehen die Absatzzahlen sogar um bis zu 70 Prozent zurück - mit dramatischen Auswirkungen auf Zulieferindustrien und Händler.

Maschinenbausektor schrumpft weiter

Auch im zivilen russischen Maschinenbausektor wird sich die Lage 2025 verschärfen. In dem Sektor, der unter anderem Werkzeughersteller, Produzenten von Güterwagen und landwirtschaftlichen Maschinen beinhaltet, ist die Produktion rückläufig. Die hohen Zinssätze der Zentralbank, die Ende 2024 in Kraft treten, bremsen die Nachfrage, insbesondere nach Leasing und neuen Maschinen. 

Die Hersteller sehen sich niedriger Gewinne, steigender Kosten und unzureichender staatlicher Unterstützung gegenüber. Analysten prognostizieren einen Rückgang des Sektors um 3 bis 5 Prozent, wobei 2025 das schlechteste Jahr für den Absatz seit 2022 werden könnte, was auf eine weit verbreitete wirtschaftliche Anspannung hindeutet.

Russlands Bauindustrie schrumpft vor allem wegen mangelnder Nachfrage.
Russlands Bauindustrie schrumpft vor allem wegen mangelnder Nachfrage. IMAGO / ITAR-TASS

Flaute auf dem Bau bringt Hersteller an die Grenzen

Auch die Hersteller von Baumaschinen und Baumaterialien in Russland werden im Jahr 2025 aufgrund des ungünstigen Wirtschaftsklimas erhebliche Rückgänge verzeichnen. Hohe Hypothekenzinsen und reduzierte subventionierte Kredite im Jahr 2024 haben den Wohnungsbau unerschwinglich gemacht, was den Bau zum Stillstand bringt und die Nachfrage nach Straßenbaumaschinen und -materialien verringert. 

Alla Elizarova von Rosspetsmash verweist gegenüber "The Insider" auf den Rückgang der Infrastrukturprojekte, während Experten einen Rückgang der Produktion von Baumaterialien um 3 bis 5 Prozent voraussagen. Wenn die hohen Zinssätze anhalten, könnte der Beginn neuer Projekte um bis zu ein Drittel zurückgehen, was bis 2027 zu weniger fertiggestellten Gebäuden führen würde. 

Stahlbranche leidet unter Baukrise und Exportrückgängen

Auch der russischen Eisenindustrie steht ein schwieriges Jahr bevor. Die Bauindustrie, die der größte Abnehmer von Stahl sind, nimmt erheblich weniger ab. Das 2022 von der EU verhängte Verbot russischer Stahleinfuhren zwang zu einer Verlagerung auf die asiatischen Märkte, aber die schwächere Nachfrage dort führte zu einem wiederum zu einem Rückgang der Exporte um 8 Prozent im Jahr 2024. Anfang 2025 ging die Stahlproduktion noch weiter zurück. Hoch verschuldete Unternehmen wie das Tscheljabinsker Metallurgische Kombinat sind gefährdet - auch wenn Putins Kriegswirtschaft die Unternehmen kaum in die Pleite schlittern lassen wird. Ausgedehnte Wartungsstillstände, die in Russland öfter vorkommen, signalisieren anhaltende Spannungen und trübe Aussichten auf eine Erholung.

Werbung für einen Einsatz als Soldat in der Ukraine: Die russische Kriegswirtschaft könnte bald kollabieren.
Werbung für einen Einsatz als Soldat in der Ukraine: Die russische Kriegswirtschaft könnte bald kollabieren. Ulf Mauder/dpa

Experten: Kriegswirtschaft, Demografie und Ölpreisverfall könnten russische Wirtschaft ruinieren

Wie die Analysten gegenüber dem russischen Magazin feststellen, gibt es zwar nicht überall Probleme in der russischen Wirtschaft. Doch besonders die vier Schlüsselbranchen stehen symptomatisch für die sich verschärfenden Probleme der russischen Wirtschaft. Im vierten Jahr der russischen Vollinvasion und im elften Jahr des Angriffskrieges gegen die Ukraine leiden vor allem die Branchen, die weniger von der Verteidigungsindustrie profitieren. Besonders die Probleme im Maschinenbau deuten auf größere Probleme in anderen Branchen hin. 

Die russische Wirtschaft ist zwar trotz anfänglicher Probleme durch Sanktionen und andere Beschränkungen zunächst stark gewachsen. Doch die starke Orientierung der russischen Wirtschaft auf den Verteidigungssektor könnte auch zu einem Boomerang-Effekt führen. Denn zum einen, ist nicht klar, ob und wie Russland seine derzeitige Kriegswirtschaft weiter finanzieren oder gar ausbauen kann. Auch wenn die USA ausgerechnet gegen Russland keine Zölle verhängt haben, so ist zuletzt der für Russlands Staatsfinanzen extrem wichtige Ölpreis erstmals seit 2020 wieder unter die Marke von 60 US-Dollar gefallen. Wenn das so bleibt, könnte Russland mittelfristig das Geld ausgehen. Und zum anderen haben alle Branchen auch weiter mit hohen Zinsen und massiven Arbeitskräftemangel zu kämpfen. Dabei spielt auch die sich immer weiter verschärfende demografische Krise in Russland eine bedeutenden Rolle. Eine Krise die Diktator Wladimir Putin durch den Angriff auf die Ukraine noch verschärft hat.